Nicole Kruska - Die Korinther

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Wo der Himmel aufhörte und die Wellen anfingen, war für Danaës kurzsichtige Augen nicht erkennbar. Dafür malte sie in ihrer Fantasie die lebhaftesten Bilder, genährt durch die alten Erzählungen von fremdartigen Wesen, die es mit den Menschen mehr oder weniger gut meinten. Vor ihr lag das Reich des Meeresgottes und seiner Untertanen. Schon lange waren die zumeist grausigen Sagen um ihn und die anderen Götter in Danaës Ohren nicht mehr als Geschichten. Zum ersten Mal sah sie etwas anderes in Poseidon als eine zornig dreinblickende Statue aus Bronze oder Marmor: Das Gesicht von Lydias hatte er angenommen, lebendig, aber mit kalten, hasserfüllten Augen.
"Wie du willst, Vater", sagte Danaë mit leiser, zitternder Stimme. «Hassen, das kann ich auch.»
Als der Apostel Paulos in ihre Stadt kommt, sind die Töpferin Kynthia und ihr Ehemann Nikos die ersten Korinther, denen er begegnet.
Kynthia, ihr Bruder Phaistos und dessen junge Verlobte Danaë schließen sich der wachsenden Gemeinschaft um Paulos an. Doch Danaë findet bald Anlass zum Zweifel, dass der neue Gott hält, was der Apostel und seine Mitarbeiter versprechen. Und Phaistos trifft im Namen des Christos eine Entscheidung, an der die Familie zu zerbrechen droht.
Mehr Infos zu diesem historischen Roman und zur Autorin finden Sie unter https://www.nicsbooks.de/.

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Nicole Kruska

DIE KORINTHER

Historischer Roman

Dieses Buch als EBook ISBN 9783943362619 Die Deutsche Bibliothek - фото 1

Dieses Buch als E-Book: ISBN 978-3-943362-61-9

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte ­bibliografische Daten sind im Internet über www.d-nb.deabrufbar.

Lektorat: Arwed Vogel (Freies Literaturprojekt München)

Umschlaggestaltung: spoon design, Olaf Johannson

Umschlagillustration: „Earthtone Pottery“ von Anita Carden

Satz und Herstellung: Edition Wortschatz, ­Sauerbruchstraße 16, 27478 Cuxhaven

© 2020 Nicole Kruska

Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise,

nur mit Genehmigung der Autorin

www.edition-wortschatz.de

Nicole Kruska

DIE KORINTHER

Historischer Roman

Für Viviane und Marlene Inhalt Kapitel I 9 Kapitel II 24 Kapitel III 36 Kapitel - фото 2

Für Viviane und Marlene

Inhalt

Kapitel I 9

Kapitel II 24

Kapitel III 36

Kapitel IV 52

Kapitel V 62

Kapitel VI 68

Kapitel VI 83

Kapitel VII 115

Kapitel VIII 130

Kapitel IX 146

Kapitel X 151

Kapitel XI 159

Kapitel XII 172

Kapitel XIII 190

Kapitel XIV 221

Kapitel XV 233

Kapitel XVI 272

Kapitel XVII 288

Kapitel XVIII 308

Kapitel IX 335

O du, den unser größter

Regent uns zugesagt:

komm zu uns, werter Tröster,

und mach uns unverzagt.

Gib uns in dieser schlaffen

und glaubensarmen Zeit

die scharf geschliff‘nen Waffen

der ersten Christenheit.

aus dem Lied „O komm, du Geist der Wahrheit“

von Karl Johann Philipp Spitta (1833)

Einige Hinweise zur Aussprache der Personen- und Ortsnamen

Wichtig: Diese Seite richtet sich ausschließlich an Leserinnen und Leser, die es tatsächlich interessiert, wie meine Figuren die griechischen Namen ausgesprochen hätten. Alle anderen bitte ich, sich von diesen Regeln das Lesevergnügen nicht trüben zu lassen, die Seite einfach zu überspringen und die Namen so zu lesen, wie es ihnen in den Sinn kommt.

Iesoús spricht sich fast wie gewohnt Jesus, nur mit scharfem s und Betonung auf der letzten Silbe. Christos hat keinen k-Laut am Anfang, sondern wird mit einem ch wie in Dach am Anfang gesprochen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, dem lateinischen Namen des Apostels Paulus die griechische Endung -os zu geben, weil das genau so auf allen Inschriften, die ich in Griechenland gesehen habe, zu lesen ist. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Paulos es gestört hat, so genannt zu werden. Dasselbe gilt für Timotheos, den wir aus der Bibel als Timotheus kennen, wobei das tatsächlich ein griechischer Name ist und somit das o „richtiger“ als das u.

Das Griechische hat ähnlich wie das Englische ein „Ti-Äitsch“. Th – wie in Kynthia, Timotheos und Kórinthos – wird also korrekterweise etwa wie im englischen Thursday ausgesprochen. Ein großer Teil meiner Leserschaft wird mit der alten Schreibweise für Fremdworte aus dem Griechischen wie Delfin oder Foto groß geworden sein. Für diejenigen, die nur die neuen Rechtschreibregeln gelernt haben: ph = f, und deshalb Phaistos = „Faistos“. Die Aussprache von Danaë scheint sich vom Alt- zum Neugriechischen verändert zu haben: Die Betonung liegt auf der zweiten Silbe, also Da‘naē. Früher klang das ë wohl wie ein langes e, heute tendiert es eher zum i. Ich habe mir angewöhnt, meine Figur Da’nai zu nennen.

Die Akzente auf Ortsnamen wie Kórinthos und Léchaion haben nichts mit griechischer Grammatik zu tun. Sie sollen lediglich darauf hinweisen, dass die Betonung auf einer anderen Silbe liegt als auf der, die wir vom Deutschen her intuitiv wählen würden.

Man könnte die korrekte griechische Akzentuierung im Text noch genauer kennzeichnen. Aber als ich damit anfing, stellte ich fest, dass das den Lesefluss einfach zu sehr stören und deshalb womöglich den meisten die Freude an der Geschichte rauben würde. Daher bitte ich diejenigen, die es gerne noch genauer wüssten, um Nachsicht, und wünsche nun euch und Ihnen allen eine schöne und spannende Reise ins Korinth des ersten Jahrhunderts nach Christi Geburt!

Nicole Kruska

I

Kynthia

Kynthia wartete. Noch immer stand Nikos mit zehn anderen Männern bis zu den Waden in der Töpferschlammgrube und schaufelte feuchten Lehm in einen großen, mit einem Leinentuch ausgelegten Korb. Gleich würde er den Korb zu den anderen auf den Wagen stellen, in dessen Schatten Kynthia am Boden saß. Es machte ihr nichts aus zu warten. Sie genoss es, von hier oben aus den Hügeln auf die große Stadt hinunterzublicken, in der sie aufgewachsen war. Einige Gebäude dort unten waren deutlich zu erkennen. Nicht mehr lange und die Abendsonne würde den mächtigen Tempel des Apollon in ihre Strahlen tauchen und in seiner ganzen farbigen Pracht erleuchten lassen. Und wenig später würde der Aphroditetempel ganz oben auf dem Akrokórinthos, dem die Stadt überragenden mächtigen Fels, von Hunderten von Fackeln erleuchtet werden.

Einmal hatte Kynthia mit Nikos auf einer kleinen Bühne mitten auf der Agorá1 ein Theaterstück gesehen, zwei zum Leben erwachte Statuen von Apollon und Aphrodite im Wortgefecht: Wer hatte den besseren Platz, wer lag den Menschen mehr am Herzen? Kräftig geschminkt und in farbenprächtige, knappe Gewänder gehüllt, hatten sich die beiden gegenübergestanden und der Gott des Lichts, der Heilung und der Künste hatte so etwas gesagt wie:

„Ich, Apollon, bin den Menschen wichtiger als du. An mich denken sie viel öfter, nicht nur wenn sie meinen prächtigen Tempel sehen hier mitten in der Stadt, sondern beim Anblick jedes Kunstwerks, beim Klang jeder Melodie, die in den Straßen und Häusern ertönt!“

„Aber meinen Tempel da oben auf dem Felsen“, hatte die Göttin gestenreich geantwortet, „sieht man schon, bevor man überhaupt durch eines der Stadttore eingetreten ist. Und wer den Blick auf den Akrokórinthos richtet, wird an mich erinnert und an die Liebe. Und an nichts denken die Menschen lieber!“

„So, das reicht für heute!“

Nikos‘ Stimme riss Kynthia aus ihrer Erinnerung. Gemeinsam mit dem jungen Sklaven, den er sich für diesen Tag ausgeliehen hatte, hob er den vollen Korb auf den Wagen und wischte sich den Schweiß von der Stirn, während der Junge ihre Schaufeln holte. Dann griff er nach dem vollen Wasserschlauch, den Kynthia mit Brunnenwasser gefüllt und für ihn mitgebracht hatte. Als Nikos seinen Durst gestillt hatte, reichte er den Schlauch an den Sklaven weiter. Kynthia stand auf und betrachtete den Wagen, dessen Räder auf beiden Seiten tief in den lehmigen Boden gesunken waren.

„Hoffentlich hält der Karren das Gewicht aus“, murmelte sie. Nikos zuckte die Schultern und grinste breit. Kynthia war nach der Arbeit in der Töpferwerkstatt zur Tongrube hinaufgewandert, um ihren Mann nach Hause zu begleiten. Nikos war größer als die meisten anderen Männer und sein lockiges schwarzes Haar war noch ebenso so dicht wie bei ihrer Hochzeit vor neun Jahren. Die ebenmäßig schönen Züge einer Marmorstatue waren ihm nicht eigen: Die Nase war ein kleines bisschen zu groß und der volle Mund wirkte ein wenig schief. Aber wenn er, wie jetzt, gut gelaunt war, lachte das ganze Gesicht. Besonders in Momenten wie diesem fand Kynthia ihren Mann schön: wenn ihm, der sich inzwischen eher zu den Händlern zählte als zu den Handwerkern, die Freude an der körperlichen Anstrengung ins Gesicht geschrieben stand, wenn der Schweiß seine über straffe Muskeln gespannte Haut zum Glänzen brachte und die Haare sich in Stirn und Nacken kräuselten.

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