Tante Molli bügelt ’n Bettbezug
auf dem neuen Bügelbrettbezug.
Fertig ist schon der Sonntagsanzug,
den Huck tragen soll zum Trauerzug.
Schon zieht jemand an dem Glockenzug.
Er gibt doch Tom Sawyer den Vorzug.
Mit ihm gerät er oft in Verzug.
Dieser trägt seinen Alltagsanzug.
Heut sagt man dazu Jogginganzug.
Spiel’n in der Scheune mit ’m Flaschenzug
oder machen auch mal ’n Klimmzug.
Machen Feuer unterm Rauchabzug.
Sie beobachten den Vogelzug
und springen dann auf den Güterzug.
Es war Nachmittag – der Fünfuhrzug.
Und mit jedem neuen Atemzug
spüren sie den kühlenden Windzug,
der sich noch verstärkt beim Gegenzug.
Dieses ist nur ein kleiner Auszug!
*
Ich ruhe auf dem weichen Moose.
Auf meinem T-Shirt ist ’ne Rose.
Es ist modern und aus Viskose.
Ich hab’s mir bekleckert mit Soße,
trage es auch über der Hose.
Dicht neben mir steht eine Dose
mit Keksen, ganz ohne Laktose.
Meine Nachbarin, die Frau Klose,
hätte auch gerne eine Rose.
Doch das ist eine andere Chose.
Die Verbindung zu Heinz ist lose.
Er fährt zur See. Er ist Matrose.
Ich denk’ mal, sie hat ’ne Neurose.
Die Diskussionen sind endlose,
ufern oft aus ins Bodenlose,
noch dazu sind es meist sinnlose.
Kann doch eingehen ’ne Symbiose,
daraus ableiten ’ne Prognose,
Nicht erstarren wie in Narkose.
Vermisst Karl, der war Virtuose.
*
Warum hat der Hase
diese Mümmelnase?
Warum die Rotznase
so eine Trotzphase?
Verwechsle nicht Phase
mit der Werkstofffase.
Hast am Fuß ’ne Blase
vom Tanz in Ekstase.
In meiner Oase
steht die neue Vase.
Der Franzl gibt ’ne Cha(n)ce
denen auf dem Rase’.
*
Mein alter Lehrer in Mathe
Der trank so gern Kaffee latte
Und es wurde ihm nicht über,
Oft zu triezen seine Schüler.
So sagte er zu Karl-Otto:
„Wissen ist wirklich kein Lotto.“
Er fing sich ’ne Fünf, ’ne satte.
Sein Lieblingsfach war nicht Mathe.
Auch Katharina mocht’ er nicht.
Sie war nicht wirklich drauf erpicht,
Fähigkeiten, die sie hatte,
So zu verschwenden mit Mathe.
Doch in der Klausur, gar nicht dumm,
Da schaute er nicht weiter rum,
Denn unser Lehrer – er hatte
Für sein Glück den Kaffee latte.
*
Früher wusste, man was man hatte.
Man trank einen Kaffee mit viel Milch.
Heute heißt das Ding Kaffee latte.
Man trinkt ihn nicht mehr aus ’ner Tasse.
Obenauf ziert aufgeschäumte Milch
Das Getränk in der Suppentasse.
*
Meine Jeans – chic, am Knie zerfetzt.
Oma dachte, bin gestürzt.
Wollte seh’n, ob ich verletzt
und dann meine Jeans flicken.
Früher ging man nicht so zerlumpt.
Zu besonderen Anlässen
hat man sich auch was gepumpt.
Sie versteht nicht, wie wir ticken.
Vieles wurde selbst gemacht
und deshalb auch sehr geschont.
Keiner wollte Einheitstracht.
Alle waren am Stricken.
*
Beobachtet wird das Geschehen!
Hinter der Gardine wird alles gesehen.
Die Hose, die ist viel zu eng.
Das sieht man hier doch noch sehr streng.
Außerdem ist es ’ne gelbe.
Es ist doch immer dasselbe –
Die Jugend heutzutage ...
Da stellt man sich die Frage.
Hat sie überhaupt Respekt?
Das ist mir doch sehr suspekt.
*
Auf den ersten Blick ist sie ganz nett,
doch diese Stadt trägt ein Korsett.
Fühl’ mich eingeschnürt – es ist zu eng.
Die Nachbarn sind einfach zu streng.
Was geht die denn mein Leben an?
Wissen nicht, wer ich bin und was ich kann.
Hinter der Gardine jeder giert.
Neuigkeiten werden registriert:
Wenn ich mal Frau Prof. nicht grüßte
oder gar ’nen Jungen küsste.
Das ist kein Spiel. Das ist unheimlich
und auch unendlich peinlich.
Was fang ich mit solchen Leuten an?
Tut mir leid, das Netz ist überspannt.
Kein Träumen in alten Gassen.
Hab’ ganz schnell die Stadt verlassen.
*
Mich trieb es fort
hinaus in die Welt
große Pläne
die Kleinstadt zu eng
Glück klopfte an
ließ es gerne ein
ins traute Heim
doch –
Heimat ist dort
wo man
als Kind glücklich war
*
Heimat –
Manch einer bleibt immer dort.
Viele zieht’s für immer fort.
Heimat –
Entweder ist sie ständig parat
oder Du schaffst im Geist den Spagat.
Eins ist sicher – Du vergisst sie nie!
*
Ich liebe schicke Klamotten
und habe ein paar Marotten.
Ich trage gerne einen Hut.
Dazu gehört ’ne Portion Mut.
Das hab’ ich früh schon bewiesen.
Alle kriegten im Ort Krisen
als ich knallgelbe Hosen trug,
was ja richtige Wellen schlug,
denn sie waren auch noch ganz eng.
In der Kleinstadt ist’s Leben streng.
Oje, auf der Hochzeitsfeier
hört’ ich den Schrei: „Ohne Schleier!“
Mein’n Kopf zierte ein weißer Hut.
So ging die Tradition kaputt!
Meine Kleider – bunt, etwas schrill.
Seh’, wie manche leiden, ganz still.
Ganz versteckt in grauen Sachen.
Bloß nicht auffall’n, nicht laut lachen.
Brav, bieder, ein bisschen feige.
Selbstbewusstsein – Fehlanzeige.
*
Deine Klamotten – Grau in Grau,
ein Leben lang der gleiche Schnitt.
Achtung, komm nur nicht aus dem Tritt!
Farbe? Heißt das Revolution?
Schneid ihn nicht ab, den alten Zopf!
Das heißt: Veränderung im Kopf!
Nachbarn und Kollegen schauen,
müsstest die Farbe erklären.
Das würde die Lage erschweren.
Bleib unauffällig in dem Grau!
*
Passt Steinbock eigentlich zu Waage?
Das ist die entscheidende Frage.
Ein Steinbock ist wie ’n Schotte geizig.
Läuft sicher auch zu Fuß durch Leipzig,
um das Geld zu sparen. Bloß wofür?
Du lebst nur einmal! Ich helfe Dir.
Ich liebe Glamour auf den Feiern.
Doch draußen lauern schon die Geier.
Vor den Geschöpfen bewahrst Du mich.
Wir ergänzen uns. Was für ein Glück!
*
auf der Couch liegend
vor Dich hin schnarchend
hörst Du mir zu
alles mitbekommend
aus allen Wolken fallend
wenn’s so weit ist
auf die andre Seite rollend
am Ende noch schmollend
die Schuld trag ich?
ist der Termin verpasst
und Du total vergnatzt
gibst keine Ruh
*
Wir schau’n uns an.
Du bist
wie ich –
noch verschlafen.
Du bist
mein Spiegelbild.
*
Der Schatten an der Wand
Woher stammt er?
Sieh’ ihn Dir an!
Es ist doch mein Gewand.
Die Sonne malt mich schwarz.
Jede Bewegung
Macht sie perfekt mit.
Alles in rabenschwarz.
Egal wo ich hingeh’
Mal folgt er mir.
Mal geht er vor.
Ganz so wie ich mich dreh.
*
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