Für meine Eltern
Lars M. Vollmering, Jahrgang 1975, ist gelernter Journalist und hat u. a. fast 20 Jahre lang für die RTL-Mediengruppe als Reporter und Redakteur gearbeitet.
Mitarbeit: Malte Truxius
Abbildungsnachweis
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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1. Auflage
Werkstatt aktuell, Band 1
Copyright © 2020 Verlag Die Werkstatt GmbH,
Siekerwall 21, 33602 Bielefeld
www.werkstatt-verlag.de
Alle Rechte vorbehalten
Satz und Gestaltung: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH, Göttingen
ISBN 978-3-7307-0524-7
Vorwort Vorwort Joachim Löw schaut nachdenklich, bestürzt. Auf einer außergewöhnlichen Pressekonferenz des Deutschen Fußball-Bundes hat er soeben erklärt, wie es ihm mit dem alles beherrschenden Thema Corona geht. »Wir stellen fest«, sagt der Bundestrainer via Videoschalte, »was wirklich zählt.« Im Angesicht der Krise nimmt Löw in seiner Rede zuvorderst die gesamte Gesellschaft in den Blick. Aber natürlich auch seinen Sport, den Fußball, der dieser Tage nicht mehr der ist, als den wir ihn kannten. Dies hier ist eine erste Bestandsaufnahme. Sie zeigt, wie das Virus den Fußball bereits verändert hat und – während Sie diese Zeilen lesen – weiter verändern wird. Das Buch zeichnet Momente der dynamischen, teils skurrilen Entwicklungen im Frühjahr 2020 detailliert und mit den Stimmen der Protagonisten nach – aufgrund der sich ständig ändernden Situation natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Lars M. Vollmering, im April 2020 Redaktionsschluss für dieses Buch war der 6. Mai 2020.
Grätsche von hinten
Wie die Fußballwelt von einem Virus hart getroffen wird
Die fatale Ausbreitung
Der Mythos um das »Spiel Null«: Bergamo vs Valencia
Der Fall eins
Hannovers Timo Hübers erzielt ein Tor, bekannter macht ihn Corona
Die Geisterspielwoche
Gladbach vs Köln, Paris vs BVB – und vorm Stadion feiern die Fans
Der Shutdown
Endlich legt sich der deutsche Fußball still
Angst vor der Pleite
Die meisten Klubs der ersten Fußballbundesliga zittern
Corona, Fußball und die Medien
Wie die Pandemie die Berichterstattung verändert und die Abosender taumeln
Big Business
Von Wettanbietern, Sponsoring und einem Fehlversuch des FC Liverpool
Die Hilfswelle
Mutmacher im Fußball
Not macht erfinderisch
Von Cybertraining über eSport-Push zu WUMMS und FUMS
20 aus 20
Welche Geschichten rund um Corona und Fußball uns sonst noch bewegt, aufgeregt und inspiriert haben
Der Fall Kalou
Wie ein Facebook-Video den Wiedereinstieg gefährdet
Alles auf Anfang
Der Neustart der Bundesliga
Joachim Löw schaut nachdenklich, bestürzt. Auf einer außergewöhnlichen Pressekonferenz des Deutschen Fußball-Bundes hat er soeben erklärt, wie es ihm mit dem alles beherrschenden Thema Corona geht. »Wir stellen fest«, sagt der Bundestrainer via Videoschalte, »was wirklich zählt.«
Im Angesicht der Krise nimmt Löw in seiner Rede zuvorderst die gesamte Gesellschaft in den Blick. Aber natürlich auch seinen Sport, den Fußball, der dieser Tage nicht mehr der ist, als den wir ihn kannten.
Dies hier ist eine erste Bestandsaufnahme. Sie zeigt, wie das Virus den Fußball bereits verändert hat und – während Sie diese Zeilen lesen – weiter verändern wird. Das Buch zeichnet Momente der dynamischen, teils skurrilen Entwicklungen im Frühjahr 2020 detailliert und mit den Stimmen der Protagonisten nach – aufgrund der sich ständig ändernden Situation natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Lars M. Vollmering, im April 2020
Redaktionsschluss für dieses Buch war der 6. Mai 2020.
Grätsche von hinten
Wie die Fußballwelt von einem Virus hart getroffen wird
»Die ganze Bundesliga, die DFL und der DFB müssen zusammenstehen«, sagt Karl-Heinz Rummenigge. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München spricht mit ernster Miene. Seine Kleidung ist durchnässt vom Regenguss, der kurz zuvor auf ihn niedergegangen ist. Hand in Hand mit Dietmar Hopp steht er am Mittelkreis der Hoffenheimer PreZero Arena unter offenem Himmel. Ganz Fußball-Deutschland soll diesen Schulterschluss der Solidarität sehen und die unmissverständliche Botschaft erhalten: So geht es nicht weiter. Es ist Samstag, der 29. Februar 2020.
Gerade eben ist das Bundesligaspiel der TSG 1899 Hoffenheim gegen den FC Bayern zu Ende gegangen. 6:0 hat der Deutsche Meister gesiegt, doch das Ergebnis ist nebensächlich. Im Fokus stehen an diesem Nachmittag Schmähplakate gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp, die während des Spiels im Bayern-Fanblock zu sehen sind. Schiedsrichter Christian Dingert hat die Partie deswegen mehrfach unterbrechen müssen. Im letzten Teil des Spiels treten die Kicker beider Mannschaften in einen in der deutschen Ligageschichte beispiellosen Streik: Sie kicken sich den Ball im Mittelkreis mehr oder weniger lustlos zu.
Sichtlich erschüttert steht Dietmar Hopp nach Spielende auf dem Rasen des Stadions mit Rummenigge. Sie nehmen sich in den Arm. Später sprechen die Klubverantwortlichen von einem Eklat, der »nicht entschuldbar« sei. Die Plakaturheber aus der Ultraszene, fordert Rummenigge, müssten »zur Rechenschaft gezogen« werden. Es ist die Rede vom »hässlichen Gesicht«, das der Fußball an diesem Tag gezeigt habe.
29. Februar 2020, PreZero Arena, Hoffenheim: Schulterschluss in Hoffenheim – Bayern-Präsident Karl-Heinz Rummenigge reicht dem von Bayern-Fans geschmähten Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp am Mittelkreis die Hand.
imago images/HMB-Media
Es ist dies aber auch jener Moment, in dem zumindest in Fußball-Deutschland kurz wieder Normalität eintritt. Der sogenannte Hopp-Skandal, der sich an der von den Ultras scharf kritisierten Wiedereinführung von Kollektivstrafen im deutschen Fußball entzündet hat, verdrängt für einen kurzen Moment nämlich ein anderes Thema, das sich seit Jahresbeginn in der öffentlichen Wahrnehmung eingenistet hat: In China hat ein unbekanntes Virus erhebliche Infektionszahlen und sogar Todesfälle nach sich gezogen: Corona.
Die meisten Deutschen empfinden das Virus, das schnell auch als Covid-19 bekannt wird, zunächst als allenfalls abstrakte Bedrohung. Und doch: Bilder von ersten Hamsterkäufen und leergekauften Klopapierregalen machen die Runde. Während manche Experten erste Empfehlungen für Hygieneverbesserungen geben, warnen andere vor »Panikmache«: ein tödliches Virus, das sich weltweit ausbreiten werde – für viele klingt das mehr nach Hollywood als nach Hoffenheim. Ein Stoff für Aluhutträger und Apokalyptiker. In den sozialen Medien wird die »Witz-Maschinerie« basierend auf den Themen »Hopp« und »Corona« angeschmissen. Twitter-Schandmaul und Moderator Micky Beisenherz, als Macher von »MML« einer der bekanntesten Fußball-Podcaster Deutschlands, steht mit seinem Tweet stellvertretend für die damalige Stimmung: »Dietmar Hopp hat Corona erfunden, damit diese Fangesänge aufhören.« Podcast-Kollege Tommi Schmitt (»Gemischtes Hack«) teilt seinen knapp 120.000 Followern mit, dass er »keine Lust mehr auf Corona, Hopp« habe. Vielmehr sei es doch Zeit, jetzt lieber über die anstehende Fußball-EM zu diskutieren. Nur zwei Beispiele für den zu Beginn eher verharmlosenden Umgang mit Corona in Deutschland, das von der Weltgesundheitsbehörde (WHO) am 11. März offiziell zur Pandemie erklärt wird.
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