Wir haben nun gesehen, daß ein Naturforscher sich für völlig berechtigt halten könnte, die Menschenrassen als distincte Species einzuordnen; denn er hat gefunden, daß sie in zahlreichen Charakteren des Baues und der Constitution, von denen einige von großer Bedeutung sind, von einander verschieden sind. Auch sind diese Verschiedenheiten in sehr langen Zeiträumen nahezu constant geblieben. Unser Zoolog wird auch in einem gewissen Grade von dem enormen Verbreitungsverhältnisse des Menschen beeinflußt worden sein, welches in der Classe der Säugethiere eine große Anomalie sein würde, wenn das menschliche Geschlecht als eine einzige Species angesehen werden sollte. Er wird von der Verbreitung der verschiedenen sogenannten Rassen überrascht gewesen sein, welche mit der anderer, zweifellos distincter Species von Säugethieren übereinstimmt. Endlich dürfte er betonen, daß die wechselseitige Fruchtbarkeit aller Rassen noch nicht vollständig bewiesen ist, und daß sie, selbst wenn sie bewiesen wäre, noch keinen absoluten Beweis ihrer specifischen Identität darbieten würde.
Fußnote
354History of India. 1841. Vol. I, p. 323. Der Pater Ripa macht genau dieselbe Bemerkung in Bezug auf die Chinesen.
355Eine ungeheure Zahl von Maßangaben von Weißen, Schwarzen und Indianern sind mitgetheilt in den »Investigations in the Military and Anthropolog. Statistics of American Soldiers«, by B. A. Gould . 1869, p. 298-358, über die Capacität der Lungen, ebend. p. 471, s. auch die zahlreichen und werthvollen Tabellen von Dr. Weisbach nach den Beobachtungen des Dr. Scherzer und Dr. Schwarz in der Reise der Novara, Anthropolog. Theil. 1867.
356s. z. B. Marshall 's Bericht über das Gehirn eines Buschmann-Weibes Philos. Transact. 1864, p. 519.
357 Wallace , The Malay Archipelago. Vol. II. 1869, p. 178.
358In Bezug auf die Abbildungen in den berühmten ägyptischen Höhlen von Abu-Simbel bemerkt Pouchet (The Plurality of the Human Races. Transl. 1864, p. 50), daß er die Repräsentanten der zwölf oder noch mehr Nationen, welche einige Autoren darin wiedererkennen zu können meinen, auch nicht entfernt wiedererkennbar finden könne. Selbst einige der am schärfsten markierten Rassen können nicht mit jenem Grade der Einstimmigkeit identificiert werden, welcher nach dem, was über diesen Gegenstand geschrieben worden ist, zu erwarten gewesen wäre. So führen Messrs. Nott and Gliddon (Types of Mankind, p. 148) an, daß Rameses II. oder der Große stolze europäische Gesichtszüge habe, während Knox , ein anderer überzeugter Anhänger der Meinung von der specifischen Verschiedenheit der Menschenrassen (Races of Man, 1850, p. 201) bei der Schilderung des jungen Memnon (wie mir Mr. Birch sagt, ein und dieselbe Person mit Rameses II.) in der entschiedensten Weise behauptet, daß er in seinen Merkmalen mit den Juden in Antwerpen identisch sei. Als ich ferner im British Museum mit zwei competenten Richtern, Beamten der Anstalt, die Statue des Amunoph III. betrachtete, stimmten wir darin überein, daß seine Gesichtszüge eine stark ausgesprochene Negerform haben. Die Herren Nott und Gliddon dagegen (a. a. O. p. 416, Fig. 53) beschreiben ihn als »einen Mischling, aber ohne Beimischung von Negerblut«.
359Citiert von Nott and Gliddon , Types of Mankind. 1854, p. 439. Sie führen auch noch weitere bestätigende Belege an; doch meint C. Vogt , daß der Gegenstand noch weiterer Untersuchung bedürfe.
360Diversity of Origin of the Human Races, in Christian Examiner, July, 1850.
361Transact. Roy. Soc. Edinburgh. Vol. XXII. 1861, p. 567.
362On the Phenomena of Hybridity in the genus Homo. Engl. transl. 1864.
363s. den interessanten Brief von T. A. Murray in der Anthropolog. Review. Apr. 1868, p. LIII. In diesem Briefe wird die Angabe des Grafen Strzelecki widerlegt, daß australische Frauen, welche mit einem weißen Manne Kinder gehabt haben, später mit ihrer eigenen Rasse unfruchtbar wären. A. de Quatrefages hat gleichfalls zahlreiche Belege dafür gesammelt (Revue des Cours scientifiques. Mars 1869, p. 239), daß Australier und Europäer bei einer Kreuzung nicht unfruchtbar sind.
364An Examination of Prof. Agassiz's Sketch of the Natural Provinces of the Animal World. Charleston, 1855, p. 44.
365Dr. Rohlfs schreibt mir, daß er die aus Arabern, Berbern und Negern hervorgegangenen Mischlingsrassen der Sahara außerordentlich fruchtbar gefunden habe. Auf der andern Seite theilt mir aber Mr. Winwood Reade mit, daß die Neger an der Goldküste, trotzdem sie Weiße und Mulatten sehr bewundern, doch den Grundsatz haben, Mulatten sollten nicht unter einander heirathen, da die Kinder nur gering an Zahl und kränklich wären. Wie Mr. Reade bemerkt, verdient diese Annahme Beachtung, da Weiße schon seit vierhundert Jahren die Goldküste besucht und sich dort niedergelassen haben, so daß die Eingeborenen hinreichend Zeit gehabt haben, sich durch Erfahrung hierüber zu unterrichten.
366Military and Anthropolog. Statistics of American Soldiers by B. A. Gould 1869, p. 319.
367Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. II, p. 126. Ich möchte hier den Leser daran erinnern, daß die Unfruchtbarkeit der Arten bei ihrer Kreuzung keine speciell erlangte Eigenschaft, sondern wie die Unfähigkeit gewisser Bäume auf einander gepfropft zu werden, Folge anderer erlangter Verschiedenheiten ist. Die Natur dieser Verschiedenheiten ist unbekannt; sie stehen aber in einer specielleren Weise mit dem Reproductionssystem und viel weniger mit der äußeren Structur oder mit den gewöhnlichen Verschiedenheiten der Constitution in Beziehung. Ein für die Unfruchtbarkeit gekreuzter Species bedeutungsvolles Element liegt allem Anscheine nach darin, daß die eine oder beide seit langer Zeit an fest stehende Lebensbedingungen gewöhnt waren; denn wir wissen, daß veränderte Lebensbedingungen einen speciellen Einfluß auf das Reproductionssystem äußern; auch haben wir, wie vorhin bemerkt, zu der Annahme guten Grund, daß die fluctuierenden Zustände der Domestication jene Unfruchtbarkeit zu eliminieren streben, welche bei Species im Naturzustande ihrer Kreuzung so allgemein folgt. Es ist an anderen Orten von mir gezeigt worden (Variiren der Thiere und Pflanzen u. s. w. 2. Aufl. Bd. II, p. 212, und Entstehung der Arten. 7. Aufl. p. 334), daß die Unfruchtbarkeit gekreuzter Arten nicht durch natürliche Zuchtwahl erlangt worden ist. Man sieht ja ein, daß es, wenn zwei Formen bereits sehr unfruchtbar geworden sind, kaum möglich ist, daß ihre Unfruchtbarkeit durch die Erhaltung oder das Überleben der immer mehr und mehr unfruchtbaren Individuen vermehrt werden könnte; denn in dem Maße, wie die Unfruchtbarkeit zunimmt, werden immer weniger und weniger Nachkommen erzeugt werden, welche die Art fortpflanzen könnten, und endlich werden nur in großen Zwischenräumen einzelne Individuen hervorgebracht werden. Es giebt aber selbst einen noch höheren Grad von Unfruchtbarkeit als diesen. Sowohl Gärtner als Kölreuter haben nachgewiesen, daß bei Pflanzengattungen, welche zahlreiche Species umfassen, sich eine Reihe bilden läßt von Arten, welche bei ihrer Kreuzung immer weniger und weniger Samen erzeugen, aber doch vom Pollen der andern Arten afficiert werden, da ihr Keim zu schwellen beginnt. Hier ist es offenbar unmöglich, die sterileren Individuen, welche bereits aufgehört haben, Samen zu producieren, zur Nachzucht zu wählen, so daß also der Gipfel der Unfruchtbarkeit, wo nur der Keim afficiert wird, nicht durch Zuchtwahl erreicht worden sein kann. Dieser höchste Grad und zweifelsohne auch die andern Grade der Unfruchtbarkeit sind Folgezustände, welche mit gewissen unbekannten Verschiedenheiten in der Constitution des Reproductionssystems der gekreuzten Arten zusammenhängen.
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