Boger pointiert:
»Die Inklusionspädagogin denkt Selbstbestimmung zuvorderst ex negativo: Sie achtet darauf, wann es zu Eingriffen in die persönliche Sphäre kommt, bei denen die Integrität der Person gefährdet ist. Sie überhöht Selbstbestimmung aber nicht zu einem Kernbegriff, da dieser nur den Menschen nutzt, die am lautesten selbstbestimmt und selbstgewählt danach schreien können. Vielmehr gilt es, der Vulnerabilität jener Menschen nachzuspüren, die nicht einmal autonom genug sind, Autonomie zu beanspruchen. Eine solidarische Forderung nach Selbstbestimmung ist so betrachtet immer eine Forderung nach dem Selbstbestimmungsrecht des entmündigten Anderen, was die Geste ironischerweise zu einer Form paternalistischer Fürsprache macht« (Boger 2019b, 110).
Boger macht an dieser Stelle die Ambivalenzen pädagogisch verantwortlichen Handelns deutlich. Pädagogisch verantwortliches Handeln heißt damit im Hinblick auf die Ermöglichung von Selbstbestimmung, das Spannungsverhältnis zwischen Angewiesensein und Selbstbestimmung anzuerkennen und vor diesem Hintergrund im Sinne Klauß (2019) dafür zu einzutreten, dass jedem Menschen unter Berücksichtigung seiner je individuellen Bedarfe die Chancen auf Selbstbestimmung verbessert werden müssen, indem entsprechende individuelle, interaktionale, gesellschaftliche und strukturelle Bedingungen reflektiert und angepasst werden (vgl. Klauß 2019).
38Im Jahr 2009 führten diese zunehmenden Diskurse zu einer umfassenden Auseinandersetzung mit Menschenbildern in der (Medizin-)Ethik im Rahmen der Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin.
39Die Vielzahl der aufgezählten Eigenschaften des homo oeconomicus können unter anderem bei Kepeller (2008), Nell (2006) und Manstetten (2006) nachgelesen werden.
40Das Menschenbild des GG lässt sich sowohl in Übereinstimmung mit einer Vorstellung vom humanistischen Menschenbild lesen, gleichzeitig steht es aber auch in enger Verbindung zu Menschenbilddarstellungen der Medizin und Wirtschaft, welche eher in einer Abgrenzung zum humanistischen Menschenbild verstanden werden müssen.
41Tom Hoffmann ist ein Kollege aus dem Leipziger QuaBIS-Projekt: http://quabis.info/hoffmann.php(07.04.2020).
42Die Aussage ist ein Originalzitat aus einem bislang unveröffentlichten Text von Tom Hoffmann mit dem Titel »Ein inklusives Menschenbild«, welches er uns zur Zitation freigegeben hat. Es soll zukünftig im Rahmen eines Buches über Inklusion veröffentlicht werden.
43Tierethik, Umweltethik, Forschungsethik, Medizinethik
44Dies ist der Fall bei Eltern mit balancierter Translokation, bei Frauen, die schon mehrfach Tod- oder Fehlgeburten hatten. Ebenso können es aber auch monogene Erkrankungen sein.
45Eine sehr umfassende und aktuelle Darstellung der PID und der mit ihr verbundenen Rechtsfragen unternimmt Landwehr (2017).
46Die somatische Therapie kann auf der Stufe 2 des Eskalationsmodells verhaftet werden, der ein vertretbares und in der Regel beherrschbares Risiko unterstellt wird. Gentherapeutische Eingriffe in die Keimbahn hingegen werden auf der Stufe 3 als derzeit ethisch und medizinisch als nicht verantwortbar eingeschätzt.
47Eine kurze Einführung zu diesen Kernthemen kann bei Sturma (2015) nachgelesen werden.
48Die Auswahl der Aussagen von Menschen mit zugeschrieben Behinderungserfahrungen beruht auf einer Thematisierung dieser Fragen im Rahmen der Qualifizierung von Bildungs- und Inklusionsreferent*innen in Leipzig (QuaBIS). Sie bilden damit z. T. spontane Assoziationen zu den Kernthemen wieder. Außerdem beinhalten sie auf Aussagen, von Menschen mit Behinderungserfahrungen, die im Internet eigene Blogs betreiben.
49Singer ging es in seinen Ausführungen vor allen Dingen darum, sich für die Schutzwürdigkeit von Tieren einzusetzen.
50»Der Fötus, das schwerst geistig behinderte Kind, selbst das neugeborene Kind – sie alle sind unbestreitbar Mitglieder der Spezies Homo sapiens, aber niemand von ihnen besitzt ein Selbstbewusstsein oder hat einen Sinn für die Zukunft oder die Fähigkeit mit anderen Beziehungen zu knüpfen« (Singer 2015, 119).
51Die Independent-Living-Bewegung startete in den 1960er Jahren in den USA und wurde von Menschen mit Behinderungserfahrungen initiiert, die nicht länger in Großeinrichtungen leben wollten und sich gegen ihre Bevormundung und Ausgrenzung eingesetzt haben (vgl. Fornefeld 2009).
52Für Kant bedeutet Selbstbestimmung – Selbstgesetzgebung, die nicht durch eigene Gefühle bestimmt, sondern allein auf Vernunftsentscheidungen beruhen. »Das Grundkonzept dieser ›autonomen Ethik‹ […] beruht auf einer einseitigen Bevorzugung des Geistes gegenüber dem Körper« (Conradi 2011, o.S.).
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.