Pramod M. Shah Resistenzentwicklung und ihre klinische Relevanz Pramod M. Shah Antibiotika gehören zu den erfolgreichsten Therapeutika. Mit einer antimikrobiellen Therapie kann es gelingen, eine vorliegende Infektionskrankheit auszuheilen. Die Grundvoraussetzung hierfür ist, dass der Erreger gegen das eingesetzte Antibiotikum empfindlich ist. Zwei Fähigkeiten der Mikroben können den Therapieerfolg negativ beeinflussen. Zum einen hatten viele Erreger evolutionär die Möglichkeit, im Kontakt mit den in der Natur vorkommenden antimikrobiellen Substanzen Resistenz-Mechanismen gegen diese zu entwickeln (natürliche Resistenz). Beispielsweise fand man Spuren von Tetracyclin in Knochen von Mumien aus dem Sudan, tausende Jahre bevor Tetracycline zur Therapie entwickelt worden waren 1 . Zum anderen stellte man sehr bald bei Bakterienarten, die primär als empfindlich gegen Penicillin eingestuft worden waren, eine stetige Zunahme von Resistenzen fest (erworbene Resistenz), welche zu klinischem Versagen führten ( Tab. 1 ). Tab. 1 Penicillinresistenz bei Staphylococcus aureus in Erlangen (persönliche Mitteilung Siegfried Heinrich). Jahr % resistent 1948 3 1949/50 24 1954/56 58 1963 78 1967 54 1972/73 49
Zahnärztliche Chirurgie Zahnärztliche Chirurgie
2 Odontogene Infektionen
Julia Heider, Bilal Al-Nawas
3 Prinzipien der Antibiotikaprophylaxe in der zahnärztlichen Chirurgie
Bilal Al-Nawas, Frank Halling
4 Einsatz lokaler Antibiotika in der zahnärztlichen Chirurgie
Lena Katharina Müller, Bilal Al-Nawas
5 Systemische Antibiotikagabe zur Therapie der periimplantären Mukositis und der Periimplantitis
Amira Begić, Karina Obreja, Frank Schwarz
Parodontologie
6 Adjuvante systemische Antibiotikagabe bei subgingivaler Instrumentierung im Rahmen der systematischen Parodontitistherapie
S3-Leitlinie (Kurzversion)
Yvonne Jockel-Schneider, Bernadette Pretzl, Benjamin Ehmke, Ulrich Schlagenhauf
7 Therapie von Parodontitis der Stadien I, II und III
Aktuelle Leitlinien der EFP und DG PARO
Peter Eickholz, Bettina Dannewitz
8 Medikamententräger für die topische subgingivale Applikation von Antiseptika und Antibiotika
Peter Eickholz, Bettina Dannewitz
9 Systemische Antibiotika in der parodontalen Therapie
Peter Eickholz, Ti-Sun Kim, Bettina Dannewitz
10 Adjuvante systemische Antibiotikagabe bei subgingivaler Instrumentierung
Fallbericht: Parodontitis, generalisiert Stadium III, Grad C
Bettina Dannewitz, Isabel Simon, Peter Eickholz
Endodontie
11 ESE Position Statement: Antibiotika in der Endodontie
Juan José Segura-Egea, F. Kate Gould, Bilge Hakan Şen, Peter Jonasson, Elisabetta Cotti, Annalisa Mazzoni, Hakkı Sunay, Leo Tjäderhane, Paul M. H. Dummer
12 Antibiotika in der Behandlung dentaler Traumata
Michael Hülsmann, Steffi Baxter
13 Ledermix und Co: Antibiotikahaltige Spüllösungen und medikamentöse Einlagen in der Endodontie
Michael Hülsmann, Annette Roth, Edgar Schäfer
14 Antibiotika in der regenerativen Endodontie
Matthias Widbiller, Kerstin Galler
15 Antibiotika bei akutem apikalem Abszess
Eine Umfrage unter deutschen Zahnärzten
Kimberly Goepel-Kaempfert, Michael Hülsmann
16 Der akute apikale Abszess
Wann ist eine Antibiose indiziert?
Alexander Oei, Michael Hülsmann
17 Endodontische Abszesse im Milchgebiss
Endodontisch bedingte Schmerzfälle und Abszesse im Kindes- und Jugendalter
Jan Kühnisch, Sven Otto, Katharina Bücher, Jan Pfisterer, Reinhard Hickel, Roswitha Heinrich-Weltzien
Risikopatienten in der zahnärztlichen Praxis
18 Endokarditisprophylaxe
Martin Kunkel
19 Antibiotikaprophylaxe bei Patienten mit künstlichem Gelenkersatz (Endoprothesen) im Rahmen zahnmedizinischer Eingriffe
Imanuel Neuwirth
20 Antibiotika beim zahnärztlichen Risikopatienten
Maximilian Moergel, Tim Wolff, Knut A. Grötz
21 Antimikrobielle Wirkstoffe in Therapie und Prophylaxe
Bilal Al-Nawas, Albrecht Ziegler, Frank Halling
Resistenzentwicklung und ihre klinische Relevanz
Pramod M. Shah
Antibiotika gehören zu den erfolgreichsten Therapeutika. Mit einer antimikrobiellen Therapie kann es gelingen, eine vorliegende Infektionskrankheit auszuheilen. Die Grundvoraussetzung hierfür ist, dass der Erreger gegen das eingesetzte Antibiotikum empfindlich ist.
Zwei Fähigkeiten der Mikroben können den Therapieerfolg negativ beeinflussen. Zum einen hatten viele Erreger evolutionär die Möglichkeit, im Kontakt mit den in der Natur vorkommenden antimikrobiellen Substanzen Resistenz-Mechanismen gegen diese zu entwickeln (natürliche Resistenz). Beispielsweise fand man Spuren von Tetracyclin in Knochen von Mumien aus dem Sudan, tausende Jahre bevor Tetracycline zur Therapie entwickelt worden waren 1.
Zum anderen stellte man sehr bald bei Bakterienarten, die primär als empfindlich gegen Penicillin eingestuft worden waren, eine stetige Zunahme von Resistenzen fest (erworbene Resistenz), welche zu klinischem Versagen führten ( Tab. 1).
Tab. 1 Penicillinresistenz bei Staphylococcus aureus in Erlangen (persönliche Mitteilung Siegfried Heinrich).
Jahr |
% resistent |
1948 |
3 |
1949/50 |
24 |
1954/56 |
58 |
1963 |
78 |
1967 |
54 |
1972/73 |
49 |
Die Antibiotikaresistenz ist definiert als Widerstandsfähigkeit eines Mikroorganismus gegenüber einer antimikrobiellen Substanz. Das bedeutet, dass ein resistenter Erreger in Gegenwart dieser Substanz ungehemmt wachsen und sich vermehren kann.
Natürliche Resistenz:Wenn natürlich vorkommende Erreger, die die normale, nicht mutierte Form des Genoms besitzen (Wildtyp), a priori Resistenzmechanismen, geno- oder phänotypisch nachweisbar, gegen ein getestetes Antibiotikum besitzen, sind sie natürlich resistent. Beispiel für solch eine Resistenz ist die Unfähigkeit höchster In-vitro-Konzentration von Vancomycin, gramnegative Bakterien in ihrem Wachstum zu hemmen ( Tab. 2).
Tab. 2 Beispiele für natürliche Resistenz.
Mikroorganismen |
Antimikrobielle Wirkstoffe |
Enterobacteriaceae , z. B. E. coli |
Vancomycin, Teicoplanin, Makrolide |
Proteus-, Providencia-, Serratia -Arten |
Polymyxin, Colistin |
Haemophilus influenzae |
Oleandomycin |
Anaerobier, z. B. Bacteroides -Spezies |
Aminoglykoside |
Erworbene Resistenz:Ein primär empfindlicher Erreger wird nach Exposition zu einem Antibiotikum resistent gegen dieses. So beobachtete man kurze Zeit nach Einführung von Penicillin eine Zunahme von penicillinresistenten Stämmen bei Staphylococcus aureus bzw. nach Einführung von Ciprofloxacin eine Resistenzzunahme bei Escherichia coli ( Tab. 1, Abb. 1)
Solche Resistenz entsteht selten als Einschritt-Resistenz, sondern ist meist eine allmähliche Abnahme der Empfindlichkeit. So kann man im Laboratorium einen Erreger langsam steigenden Wirkstoffkonzentrationen aussetzen, um einen resistenten Stamm zu züchten oder zu selektionieren.
Klinisch wichtiger ist die erworbene Resistenz. Je mehr Antibiotika eingesetzt werden, desto häufiger werden resistente Erreger nachgewiesen 2–9. Problematisch wird dies, wenn solche Stämme multiresistent sind. Diese Eigenschaft kann horizontal – Weitergabe von Bakterienzelle zu Bakterienzelle derselben Generation – oder vertikal – Weitergabe durch Zellteilung auf die Tochterzelle – verbreitet werden. Gefürchtet ist das Überspringen der Resistenz auf andere Spezies durch Plasmide, d. h. durch extrachromosomal im Zytoplasma lokalisierte DNS. Ein Beispiel hierfür wäre das Übertragen einer Resistenz gegen Cefotaxim von E. coli auf Salmonella- Spezies.
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