(19) Die Massilier halfen unter allen Galliern allein dem Caesar nicht, noch nahmen sie ihn in die Stadt auf, 2 vielmehr gaben sie ihm den denkwürdigen Bescheid, sie seien des römischen Volkes Bundesgenossen, ihnen beiden befreundet, aber nicht imstande zu untersuchen und zu entscheiden, welcher von ihnen im Unrecht wäre. Käme daher einer als Freund zu ihnen, so nähmen sie ohne Waffen jeden auf, zu Kriegszwecken aber keinen. 3 Belagert, erwehrten sie sich seiner und hielten sich lange auch gegen Trebonius und Decimus Brutus, die später sie belagerten. Einige Zeit nämlich blieb Caesar vor der Stadt, die er mit wenig Mühe zu erobern hoffte, denn er konnte es nicht fassen, dass ihn, der Rom ohne Schwertstreich bewältigte, die Massilier nicht aufnehmen sollten; 4 als sie sich aber hielten, überließ er anderen die Belagerung und eilte nach Hispanien.
(20) Zwar hatte er Gaius Fabius dahin vorausgeschickt; weil er aber besorgt war, dieser möchte, auf eigene Faust eine Schlacht wagend, den Kürzeren ziehen, unternahm er selbst den dortigen Feldzug. Daselbst befehligten damals Afranius und Petreius, welche zwar die Gebirgspässe besetzt hielten, ihre Hauptmacht aber bei Ilerda zusammengezogen hatten und dort den Feind erwarteten. 2 Fabius nun, der ihre Wachposten auf den Pyrenäen überwältigt hatte, griffen sie beim Übergang über den Fluss Sicoris unversehens an und töteten ihm einen großen Teil der Mannschaft, welcher von ihm, als beim Übergang die Brücke zerrissen war, abgeschnitten worden war. 3 Als aber bald darauf Caesar dazu kam, auf einer anderen Brücke über den Fluss setzte und ihnen eine Schlacht anbot, trauten sie sich lange nicht, mit ihm handgemein zu werden, sondern blieben ruhig ihm gegenüber im Lager. 4 Dadurch ermutigt suchte er eine zwischen ihnen und der Stadt gelegene feste Stellung zu gewinnen, um sie von dieser abzuschneiden. Afranius aber kam ihm, als er seine Absicht bemerkte, 5 zuvor, wehrte den Angriff ab, verfolgte die Fliehenden und hielt eine Weile dem Ungestüm der aus dem Lager Nachrückenden stand, wich dann geflissentlich zurück und lockte sie an eine vorteilhaftere Stelle, wo er eine noch größere Anzahl niedermachte. Durch diesen Vorgang ermutigt, überfielen sie die Futterholer und brachten den Zerstreuten Verluste bei. 6 Als ein Heeresteil auf das jenseitige Flussufer kam und indessen die Brücke durch einen Sturm zerrissen wurde, gingen sie auf der anderen Brücke, die dicht bei der Stadt war, über den Fluss und richteten, da niemand zu Hilfe kommen konnte, alle zugrunde.
(21) Durch diese Vorfälle kam Caesar in große Not, als ihm auch von den Bundesgenossen keiner zu Hilfe kam, weil die Feinde sie, immer wenn sie sich näherten, abfingen, und es ihm große Mühe bereitete, die Lebensmittel im fremden Land und bei solchen Niederlagen herbeizuschaffen. 2 Auf diese Nachrichten gab man in Rom, als könnte er sich nicht länger halten, seine Sache verloren, neigte sich auf die Seite des Pompeius, und unter anderen gingen auch wieder einige Senatoren zu diesem über. 3 Und wären nicht indessen die Massalioten, obgleich von Domitius unterstützt und durch ihre Erfahrung im Seewesen im Vorteil, von Brutus durch die Größe seiner Schiffe und die Tapferkeit der Mannschaft in einer Seeschlacht besiegt und völlig in die Stadt eingeschlossen worden, so hätte nichts mehr seinen gänzlichen Untergang aufgehalten. 4 Nun aber tat die geflissentlich übertriebene Schilderung dieser Erfolge bei einigen Hispaniern solche Wirkung, dass sie sich für Caesar entschieden. Durch ihren Beitritt bekam er jetzt Lebensmittel im Überfluss, schlug Brücken, setzte den Feinden zu und machte durch unvorhergesehene Überfälle auf die, die in der Gegend umherschwärmten, viele nieder.
(22) Afranius, dadurch entmutigt, und weil ihm seine Stellung zu Ilerda nicht mehr sicher und langfristig haltbar schien, beschloss, sich auf den Iberus [Ebro] und die dortigen Städte zurückzuziehen, und brach bei Nacht auf, in der Hoffnung, die Feinde zu täuschen oder ihnen einen Marsch abzunötigen. 2 Zwar blieb sein Aufbruch nicht unbemerkt, man setzte ihm aber nicht sogleich nach. Denn Caesar fand es nicht ratsam, in finsterer Nacht die der Gegend kundigen Feinde mit unerfahrenen Männern zu verfolgen. Mit Anbruch des Tages aber eilte er ihnen nach, holte sie auf halbem Wege ein und umringte sie von Weitem auf allen Seiten. An Zahl war er ihnen weit überlegen und durch die tiefe Lage der Gegend begünstigt. 3 Zum eigentlichen Kampf wollte er es jedoch nicht kommen lassen, weil er besorgt war, sie könnten durch Verzweiflung zur Tollkühnheit getrieben werden, und auch hoffte, ohne Schwertstreich ihrer Meister zu werden. So ging es auch. Da sie auf mehreren Seiten vergeblich versucht hatten, sich durchzuschlagen, waren sie schon dadurch und durch Nachtwachen und den Marsch erschöpft; 4 ohne Lebensmittel (in der Hoffnung, an einem Tag ihren neuen Standort zu erreichen, hatten sie keine mitgenommen) und ohne Wasser, denn jene Gegend ist äußerst wasserarm, ergaben sie sich unter der Bedingung, dass ihnen kein Leid geschähe und sie nicht gezwungen würden, unter ihm Dienste gegen Pompeius zu nehmen.
(23) Caesar hielt ihnen beide Versprechen gewissenhaft. Keinen der in diesem Krieg Gefangenen ließ er töten (obgleich jene mehrere seiner Leute, die während eines Waffenstillstandes sich keines Angriffs versahen, niedergemacht hatten) und zwang keinen, gegen Pompeius zu fechten. Vielmehr entließ er die Angesehensten unter ihnen; die anderen traten des zu erwartenden Vorteils oder der zu hoffenden Belohnungen wegen freiwillig in seine Dienste. 2 Dieser Umstand leistete seinem Ruhm und seiner Sache nicht geringen Vorschub. Alle Städte und die dort stehenden Soldaten, deren in der Baetica und unter dem Legaten Marcus Terentius Varro nicht wenige waren, gingen zu ihm über.
(24) Nachdem er diese an sich gezogen und die nötigen Vorkehrungen getroffen hatte, rückte er bis Gades vor und tat, außer dass er überall in großen Summen Gelder erhob, niemandem etwas zuleide; vielmehr erwies er vielen für sich und im Namen des Staates Ehre und schenkte den Gaditanern das römische Bürgerrecht, welches später von dem Volk bestätigt wurde. 2 Dies tat er infolge eines Traums, den er hier als Quästor gehabt hatte, in welchem er seine eigene Mutter beschlief, was ihm, wie ich schon früher berichtet habe, Hoffnung auf die Alleinherrschaft gab. Nach dieser Vorkehrung übertrug er dem Cassius Longinus, der noch von der Quästur her, die er dort unter Pompeius verwaltet hatte, mit den Einwohnern befreundet war, den Oberbefehl 3 über das Land und ging selbst mit dem Schiff nach Tarracona ab. Von da zog er über die Pyrenäen; wo er jedoch kein Siegesdenkmal errichtete, weil er hörte, dass man dies dem Pompeius so übel ausgelegt hatte, sondern nur einen großen Altar von gehauenen Steinen, nahe den Tropaeen desselben erbauen ließ.
(25) Während dieser Vorgänge wagten die Massilioten, welchen Pompeius wieder Schiffe gesandt hatte, aufs Neue eine Schlacht und wurden abermals besiegt, hielten aber, obgleich sie hörten, dass Caesar in Hispanien bereits Herrscher geworden sei, dennoch aus und wiesen alle Angriffe mutig ab. 2 Nachdem sie sodann einen Waffenstillstand mit dem Versprechen geschlossen hatten, sich Caesar, wenn er komme, ergeben zu wollen, halfen sie Domitius aus der Stadt und richteten die Soldaten, welche sie während der Waffenruhe bei Nacht überfielen, dergestalt zu, dass sie sich nicht mehr rührten. 3 Als Caesar selbst kam, ergaben sie sich. Dieser nahm ihnen damals die Waffen, die Schiffe und die vorrätigen Gelder, später auch alles Übrige ab, nur nicht den Namen der Freiheit, weil Pompeius ihre Mutterstadt Phokaia bei ihrer Freiheit belassen hatte.
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