Dirk Koch
Der Schützling
Stasi-Agent Adolf Kanter, Helmut Kohl, die Korruption
und die größte Spionageaffäre der Bundesrepublik
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.deabrufbar.
ISBN 978-3-8012-7029-2 (E-Book)
ISBN 978-3-8012-0586-7 (Printausgabe)
Copyright © 2021
by Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH
Dreizehnmorgenweg 24, D-53175 Bonn
Umschlaggestaltung: Hermann Brandner | gabor’s, Köln
Satz: Kempken DTP-Service | Satztechnik · Druckvorstufe · Mediengestaltung, Marburg
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, 2021
Alle Rechte vorbehalten
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Cover
Titel Dirk Koch Der Schützling Stasi-Agent Adolf Kanter, Helmut Kohl, die Korruption und die größte Spionageaffäre der Bundesrepublik
Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. ISBN 978-3-8012-7029-2 (E-Book) ISBN 978-3-8012-0586-7 (Printausgabe) Copyright © 2021 by Verlag J.H.W. Dietz Nachf. GmbH Dreizehnmorgenweg 24, D-53175 Bonn Umschlaggestaltung: Hermann Brandner | gabor’s, Köln Satz: Kempken DTP-Service | Satztechnik · Druckvorstufe · Mediengestaltung, Marburg E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, 2021 Alle Rechte vorbehalten Besuchen Sie uns im Internet: www.dietz-verlag.de
Vorwort
Erstes Kapitel
Der Unantastbare
Zweites Kapitel
Die haben bei dem gehorcht
Drittes Kapitel
Der Geheimprozess
Viertes Kapitel
Der Brandenburger
Fünftes Kapitel
Deckname »Hans«
Sechstes Kapitel
Persönliche Gefallen
Siebtes Kapitel
Bös in der Tinte
Achtes Kapitel
Befangene und Unbefangene
Neuntes Kapitel
Nichts, aber auch gar nichts
Zehntes Kapitel
Heiße Quellen
Nachwort
Das Urteil gegen Adolf Kanter in gekürzter Fassung
Bildnachweis
»Es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar wird,
und nichts Geheimes, das nicht bekannt wird und an den Tag kommt.«
Lukas-Evangelium 8/17
Vorwort
Misstrauen als Pflicht
Man kann sagen, dieses Buch treibt journalistische Archäologie. Was soll das noch bringen? Fast alle Personen, um die es geht, sind gestorben, alles lange her, aus und vorbei, Deckel drauf und zu lassen. Man kann aber auch sagen, die Schriftstücke, die es zutage fördert, können helfen, der Wahrheit näher zu kommen. Die Wahrheit über die größte Spionageaffäre der Bundesrepublik Deutschland. Größte Spionageaffäre? Ja. Gemessen an Dauer und Umfang des Verrats. Gemessen vor allem am politischen Gewicht der kompromittierenden Erkenntnisse der Stasi über die Käuflichkeit bundesdeutscher Politiker. Adolf Kanters Berichte von der enormen Korruption beim Klassenfeind machten die Spitzenleute des westdeutschen Staates erpressbar. Die Wahrheit über den Fall des Stasi-Agenten Kanter, der auch ein Fall Helmut Kohl ist, haben die politischen und wirtschaftlichen Eliten lange und erfolgreich verborgen und vertuscht. Die Bürger einer Demokratie haben einen Anspruch darauf zu erfahren, ob sich ihre Eliten, zumal die von ihnen gewählten, an Recht und Gesetz halten oder ob sie sich, oft aus Geldgier, über das Gesetz stellen. Dieser Anspruch erlischt nicht durch Zeitablauf.
Die Presse hat als sogenannte vierte Gewalt Verantwortung für das Funktionieren der Demokratie. Die Presse hat die drei anderen – mächtigen – Gewalten zu beobachten, zu bewerten und zu kontrollieren, also die Legislative, die Exekutive und die Justiz. Die Parlamente erlassen die Gesetze, die in das Leben der Bürger eingreifen. Die Regierung fasst Beschlüsse über Wohl und Wehe wie beim Lockdown. Die Gerichte können Menschen bestrafen, ihnen die Freiheit nehmen. Missbrauch dieser Macht hat es gegeben, gibt es heute und wird es morgen geben. Deshalb hat die Presse die Pflicht zum Misstrauen, allem und jedem gegenüber. Der Wahrheit auf die Spur zu kommen, ist meistens schwer, gelingt häufig nicht. Finden sich aber Dokumente, die den Machtmissbrauch von innen her belegen, sind sie ein Schatz. Ihn gilt es unbedingt zu heben.
Die Szenerie
Der Kalte Krieg hat den Planeten Erde im Würgegriff. Weltweit belauern und bedrohen sich die von Moskau und von Washington angeführten feindlichen Lager. Ihre nuklearen Waffensysteme würden in einem Dritten Weltkrieg die Menschheit vernichten. Der Jüngste Tag scheint gekommen, als 1962 die Sowjets auf Kuba, dicht vor der amerikanischen Küste, Stellungen für Atomraketen aufbauen, denen die USA ohne Vorwarnzeit ausgeliefert wären. Das US-Militär macht sich zum atomaren Erstschlag bereit. Der Atomkrieg wird knapp verhindert, als die sowjetischen Frachter mit ihrer Raketenladung vor Kuba beidrehen und zurückfahren.
Im Jahr zuvor hat der Bau der Berliner Mauer die Ost-West-Spannungen schon gefährlich verschärft. Die Deutsche Demokratische Republik und die Bundesrepublik sind Feinde. Die Masse der Nuklearwaffen, die auf ihren Territorien gegeneinander gerichtet sind, machen die beiden Deutschlands zur potenziell tödlichsten Gegend der Welt. Die DDR hat Spione in allen Lebensbereichen der Bundesrepublik. Markus Wolf, Chef des Ostberliner Auslandsgeheimdienstes beim Ministerium für Staatssicherheit, schafft die Grundlage für eine der außergewöhnlichsten und erfolgreichsten Spionageunternehmung, als er einen Agenten namens Adolf Kanter aus Plaidt in der Voreifel auf die junge europäische Bewegung im westdeutschen Staat und auf einen Jungpolitiker namens Helmut Kohl ansetzt. Der Metzgersohn mit Volksschulabschluss wird zum bestvernetzten und kenntnisreichsten Stasi-Spion im Politikmilieu der Bundesrepublik aufsteigen, der mitmischt bei der Korruption westdeutscher Politik und Politiker. Er erfährt (und berichtet nach Ostberlin) so viel Kompromittierendes über die politische Führung der Bundesrepublik, dass ihn seine Mitwisserschaft vor dem Zugriff der bundesdeutschen Justiz schützt.
Kanter hat sich mit dem ebenfalls in Sachen Europa engagierten Manager Eberhard von Brauchitsch angefreundet, einem Erzkonservativen, der familiär eng mit dem milliardenschweren Flick-Industrieimperium verbunden und mit dem CDU-Politiker Kohl befreundet ist. Der Spross eines schlesischen Adelsgeschlechts wird zum Drahtzieher des bis heute größten Politikskandals im Nachkriegsdeutschland werden: der Parteispenden- und Flick-Affäre. Seinen Freund Kanter führt von Brauchitsch ein in die höchsten Kreise der westdeutschen Industrie und befördert ihn auf die Schlüsselposition eines Bonner Flick-Lobbyisten, von der aus der DDR-Spion tiefen Einblick hat in das westdeutsche Korruptionsgeflecht.
Zu vor hat Manager von Brauchitsch, versessen darauf, politische Entscheidungen zu seinen Gunsten und denen seiner Arbeitgeber zu beeinflussen, in Komplizenschaft mit Kanter ein System illegaler Schmiergeldaktionen und Steuertricksereien entwickelt und getestet, das später im Millionenstil betrieben wird. Gelegenheit dazu bietet ein von Kanter gegründetes Europa-Haus in Marienberg im Westerwald, eine internationale Informations- und Bildungsstätte für Jugendliche und Erwachsene. Die als gemeinnützig anerkannte Institution, über die Spenden steuerbegünstigt fließen, bietet Kanter mannigfache Möglichkeiten zum Ausbau seiner Beziehungen in Europa. Kanter und von Brauchitsch bedienen sich dabei der ebenfalls als gemeinnützig anerkannten »Europäischen Vereinigung für gegenseitigen Meinungsaustausch«, um Spenden einzusammeln, vorgeblich zur Unterstützung des Europa-Hauses. Tatsächlich erreichen die Gelder das Europa-Haus aber nicht, denn die »Europäische Vereinigung« hat nichts mit dem Europa-Haus zu tun. Die eingesammelten Spendengelder verschwinden in ganz anderen Richtungen, zum Beispiel in Richtung des aufstrebenden CDU-Manns Helmut Kohl und seinen Unterstützern in der Christenpartei.
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