So brachten wir den Tag gut herum und verließen fröhlich gen Abend die Stadt zu unserem Quartiere. Hans Blocher erwartete uns mit einem Fass frischen, klaren Weins, Malvasier, wie er behauptete, und seine Frau bereitete uns ein Abendbrot, was wir gemeinsam zu uns nahmen, außer Maria, die uns bediente. Wir tranken viel und ließen es spät werden, spielten noch den Karnöffel und schwatzten über die Stadt und Politik. Hans empfahl uns dieses oder jenes für den nächsten Tag, was zu machen sich lohnen und welches zu meiden sei, und auch ein rechtes Hurenhaus. Wenn’s günstig sein soll, gibt es kein besseres Haus, als welches ein Kamerad von mir betreibet! Doch wollt ihr’s euch richtig gut gehn lassen, dann empfehl ich euch das Badehaus! , wo es warmes Wasser und schöne Dirnen gäbe, wie er sagte und gab uns Adresse und Namen. Soldat sei er gewesen, erfuhren wir, gut zehn Jahre lang habe er gedient zu Holland und im Erbstreit, worauf sogleich der Hauptmann und der Korporal vermeinten, dass sie ja auch! Potz Teufel! , sagte dann jener. Dacht ich’s doch! Hab euch den Soldaten doch gleich angesehen! Worauf er eine Runde aufs Haus spendierte. Als Maria mit den Krügen kam, stieß sie sich am Friedrich an und ließ deswegen einen fallen, worauf der Hans gleich aufsprang und ihr eine kräftige Schelle verpasste. Sie nahm es klaglos, war solches Traktament sicherlich gewöhnt. Ja , kommentierte der Blocher, man muss die Weiber drillen wie die Köter, sonst spuren sie nicht recht. Wobei er die Witwe herzlich anlachte, und tot wäre er auf der Stelle umgefallen, so Blicke zu töten vermöchten, doch wechselte der Hauptmann gleich das Thema und fragte, bei welchem Obristen er gedient, als sei nichts geschehen. So begannen sie sich auszutauschen über diesen Obristen und jenen Hauptmann, erzählten von den Schlachten und Scharmützeln, welche sie erlebt. Gute Beute habe jener schließlich gemacht, zu Lüttich, wie er erzählte, und weshalb er beschloss, sich zur Ruhe zu setzen, bevor sie ihm den Hals lang zögen oder das Blei ihn strecke. Zu sehr sprach ich an jenem Tage dem Wein zu, waren die Tage und Wochen zuvor so kärglich und kostarm gewesen, dass ich solches nicht mehr gewöhnt war, und ich weiß noch, wie ich eilends vor die Tür rannte zum Kotzen. Da lachten die drinnen herzlich, und mehr noch lachten sie, als kurz darauf der Andreas es mir gleichtat und wir beide Seit an Seit das gute Abendbrot auf die Straße verteilten. Bringt die Kinder und Weiber ins Bett! , hörte ich noch unseren Gastgeber. Jetzt ist Stunde der Männer!
Schlimm war der nächste Morgen, mag auch dir solches Befinden wohl bekannt sein, lieber Leser, wenn der Hals dir brennt wie Feuer, im Maul kärgliche Dürre herrscht, wenn Schweiß deinen Körper benetzt und der Schädel dir brummt. Dergestalt brachen wir auf in die Stadt, frühmorgens war’s, Andreas sah nicht arg besser aus als ich, und für trefflich Gespött und Heiterkeit sorgten unsere Gesichter bei unseren Kameraden. Auch Bastian lachte herzlich über uns, war er taufrisch wie stets, konnte jener doch saufen wie kein anderer. Ich ritt auf einem der Kutschgäuler, die wir den Juden abgenommen, einem fetten, stinkenden Tier, schaukelte nach vorn und nach hinten und vice versa, dass mir je länger, je übler zumute wurde und ich zuletzt mein spärliches Frühstück auf den Weg spuckte. Oh, wie lachten die räudigen Hundsfötter über mich armen Tölpel, und manche Verwünschung mag ich ihnen gesandt haben, im Geiste freilich, getraute ich mich doch kaum, mein Maul zu öffnen. In solch unerquicklich Zustande jedenfalls führten sie mich durch die Stadt, bekam ich kaum mit, wohin wir unterwegs waren. So hatten die anderen beschlossen, zu empfohlenem Badehaus zu gehen. Ein großes Gebäude war es, mit breiter Pforte, erwartete uns im Inneren ein dicker, glatzköpfiger Kerl hinter einem kleinen Tresen, der überrascht schien über Kundschaft, zumal es sonntags gewesen, und auch derart bezeugte: Frühe Kundschaft lob ich mir am Tag des Herrn! Haben gerade erst begonnen, das Wasser zu heizen! Einen stattlich Preis verlangte er, den Groschen pro Kopf, und ich überlegte noch, dem Spaße zu entsagen, doch weil die anderen alle zahlten, ließ ich mich breitschlagen, gelobt dafür sei Gott! Die Witwe durfte nicht, war jenes Bad nur für Männer gedacht, und auch der Wagner meinte darauf, dass er schon jemanden habe, ihn sauber zu reiben, weshalb wir uns zum späteren Treffen am Römerplatz absprachen.
Und so betraten wir anderen jenes Badehaus, das erste, das ich je betreten, und ich kann mich noch an jenen typischen Geruch von Kalk und Dampf erinnern, den alle solchen Häuser gemein haben. Wir wurden in den Umkleideraum geführt, und der Hausherr rief einige Namen, schon kamen schöne, junge Dirnen herbei, nur mit dünnen, leinenen Tüchern bekleidet, die sich unserer annahmen, einem jeden aus den Kleidern halfen und begannen uns zu waschen. Ich sträubte mich ein wenig, war ich doch derart Umgang nicht gewohnt, da lachte das Mädel, das sich meiner angenommen, und meinte: Willst doch nicht mit Beinkleid ins Wasser? So ließ ich es geschehen, ließ mir sanft die Füße waschen, mit einem großen Stück Seife den Rücken und die Haare einreiben und manches mehr und mit lauem Wasser alles abspülen. Sie legten uns gleichfalls leinene Tücher um die Hüften und führten uns dann in die Badestube. Schön gekachelt war der ganze Boden, glatt und warm, und schwer war die Luft von warmem Dampf, der aus den vielen hölzernen Zubern aufstieg, die frisch gefüllt waren mit sauberem Wasser und manchen Kräutern, mit Eisenkraut und Lavendel und Salbei, die ihren Duft verströmten.
Sie hießen uns hineinzusitzen, je zwei Mann zusammen in einem Zuber, hätten gleichwohl gut sechs von uns in einen reingepasst. Sitzplätze waren in die Wannen eingearbeitet, und dergestalt saß ich dort, der Andreas mir gegenüber, sog die guten Dämpfe ein, indessen die wohlige Wärme mich durchflutete. So unerquicklich mein Befinden noch vor wenigen Stunden gewesen, so prächtig fühlte ich mich mit einem Male, dumpf und fern schien alles Lärmen, alle Kälte, wohlig und warm war alles in jenem Hause. Die Augen hatte ich geschlossen im seligen Wohlbefinden, plätscherte sacht mit den Füßen und Händen, muss wohl etwas eingeschlummert sein, als ich plötzlich zierliche Hände an meinem Nacken spürte. Wie lange ich wohl eingedöst war?, fragte ich mich, denn als ich nunmehr die Augen auftat, dünkte es mir geschäftiger als noch zuvor, liefen die Dirnen von hier nach dort, mit Unterschied aber, dass sie allesamt ihre Tücher abgelegt hatten, und nunmehr gänzlich nackig herumspazierten wie Eva einstmalen im Paradies. Große Augen machte ich ob solcher Freizügigkeit, sah so viel Busen und Hintern und Haare, wie ich lebtags niemals gesehen, dass mir erneut ganz schwindelig wurde. Ob es denn genehm sei?, hörte ich die Dirne fragen, die hinter mir am Zuber stand und mich mit ihren Händen behandelte, was ich benickte. Und Andreas mir gegenüber machte derartig selbstzufriedenes Gesicht, dass ich gar auflachen musste. Ein kräftiges Weibe kam heran, mit dickem Hintern und dicken Brüsten, brachte ein Brett, worauf sich Aufschnitt, Brot und Eingelegtes fand, welches sie quer über den Zuber zwischen die beiden Badenden, in diesem Falle Egon und Friedrich, legte. Ersterer gab ihr einen lauten Klaps auf den Hintern und vermeinte, sie solle nicht zu weit weg, er habe noch so manches Bubenstück mit ihr vor Augen, und zwinkerte mir zu, als er merkte, dass ich zu ihm sah.
Auch wir bestellten etwas zu speisen, erfrischten uns an klarem, weißem Wein und genossen die Berührungen der Damen, die alsbald zu uns ins Wasser stiegen, sich eingängiger mit uns zu beschäftigen. Nicht schlecht erstaunte ich, als jene wohlsame, träge Atmosphäre sich plötzlich zu wandeln begann, aus sanftem leisen Plätschern nach und nach erst ein Schwappen, dann gar Wellen wurden, und war zuvor kaum ein Laut zu hören gewesen, im Höchsten ein zufriedenes Seufzen, erklang nun gänzlich anderes Lautenspiel. In den folgenden Stunden sah ich Dinge, die ich in solcher Deutlichkeit noch niemals gesehen hatte, und kann kaum leugnen, dass ich selber kräftig daran partizipiert. Als wir das Bad verließen, hatte ein jeder das zufriedenste Lächeln im Gesicht, waren wir sauber und befreit von allem Schmutz und hochzufrieden mit uns, obzwar wir geschröpft waren wie die Martinsgänse, hatten die werten Damen nämlich redliche Arbeit geleistet und uns den Mammon mit allem, was ihnen zur Verfügung gestanden, gehörig ausgetrieben. Potz Teufel! , sagte Bastian danach, als wir das Badehaus verließen. Jetzt weiß ich, wie’s im Himmel ist! Worauf ich lachte und vermeinte, wenn es dort derart zuginge, müsse ich solches in der Bibel überlesen haben.
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