P.B.W. Klemann
Der Weiße Berg
Roman
Impressum
3. Auflage Februar 2021
2. Auflage Januar 2021
1. Auflage Oktober 2020
© Münster Verlag, Zürich und P.B.W. Klemann
Verlag: Münster Verlag, Zürich und D-Singen
Lektorat: Karina Wisniewska
Umschlag und Satz: Cedric Gruber
unter Verwendung von Bildern: © akg-images, © istock.com
Klappentext: Nico Klemann / Thomas Wilde
ISBN: 978-3-907301-16-6
elSBN: 978-3-907301-17-3
Alle Rechte vorbehalten.
Kein Teil dieses Buchs darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert werden.
Verlagsanschrift:
Münster Verlag Deutschland
Werner-von-Siemens-Straße 22, D-78224 Singen
Tel: +497731-8380, muenster@unterwegs.de
www.muensterverlag.ch, www.rosenegg.de
Dieses Buch ist auch als E-Book erhältlich.
Für mich
Kapitel 1 Aller Anfang
Kapitel 2 Wie ich im Walde so einsam gewesen
Kapitel 3 Vom Leben und Treiben eines Hegauerischen Räubers
Kapitel 4 Erzählt von der unzufälligen Begegnung mit einem Teufel ohne Namen
Kapitel 5 Von der Erstürmung der Festung Rosenegg und der erstmaligen Begegnung meines viel besungenen Herrn
Kapitel 6 Vom Abschied aus meiner Hegauer Heimat
Kapitel 7 Kunde eines weitgereisten und viel bewanderten bayrischen Kuriers, samt omatischer Prophezeiung
Kapitel 8 Von kleinem Judenraub und schönem Eintreffen in Frankfurt, jenes am Main
Kapitel 9 Von der trefflichen Festivität und Kaiserwahl zu Frankfurt am Main
Kapitel 10 Von der unglückseligen Wiederbegegnung mit einem Totgeglaubten
Kapitel 11 Vom schönen Winterquartier in den bayrischen Landen und Kurzweil des Soldaten
Kapitel 12 Erzählt zwei kleine Historien, welche dem Herrn von Rosenegg meiner Kameraden Gunst beschieden
Kapitel 13 Berichtet, wie wir uns zum Kriege bereiteten und von den ersten Galgenvögeln
Kapitel 14 Berichtet, wie das Mausern verboten, bestraft, gefördert und auch verrichtet worden
Kapitel 15 Wie mit stürmender Hand das Schlosse Aistersheim erobert und seine Bewacher so schrecklich drilliert wurden
Kapitel 16 Berichtet vom fröhlichen Soldatenleben und einem gar seltsamen Würfelspiel
Kapitel 17 Beschreibt, wie die ungarische Seuche uns plagte gen Linz und wie ich meines Herrn Diener wurde
Kapitel 18 Wie wir ein Fähnlein ohne Fahne wurden
Kapitel 19 Erzählt vom Entstehen zweierlei Feindschaften und einem zahlenkundigen Franzosen
Kapitel 20 Wie wir über verheertes Land geritten und selbiges noch mehr verheerten
Kapitel 21 Erzählt, was Kaspars Herrn auf dem Rosenegg widerfahren
Kapitel 22 Von der Reise zurück nach Österreich und einem gefährlichen Auftrag
Kapitel 23 Vom Ausritt ins feindliche Land und der glücklichen Rückkehr
Kapitel 24 Berichtet von einem Treffen mit der Ungarischen Hussaria
Kapitel 25 In welchem ein Teufel seinen Namen erhält
Kapitel 26 Berichtet von einem folgenreichen Fluch und einer Ehrenstrafe wie dem Verrichten der selbigen
Kapitel 27 Vom Wege zurück in die böhmischen Lande und dem Verlust eines alten Wegbegleiters
Kapitel 28 Wortgetreue Nacherzählung eines denkwürdigen Gespräches zweier Philosophen unterschiedlicher Schule
Kapitel 29 Erzählt von der Erstürmung einer Stadt und einem der Hölle entliehenen Schlachthof
Kapitel 30 Erzählt von manchem Kriegsschrecken und dem Wiedersehen schlimm vermisster Freunde
Kapitel 31 Berichtet von einer freudvollen Zusammenführung und dergleichen baldiger und trauriger Trennung
Kapitel 32 Vom absonderlichen Auszug zur Errettung einer Freundin
Kapitel 33 Erzählt von eines Teufels Ansichten und manchen Kriegswirren
Kapitel 34 Die Schlacht am Weißen Berge
Kapitel 35 Über den Werdegang manch ehrwürdigen Schlachtenschlägers
Kapitel 36 Erzählt von der Schönheit Prags und dem Abschied manch liebgewonnenem Weggefährten
Kapitel 37 Finaler Bericht der hiesigen Erzählung, welcher beinhaltet einen zweifachen Klingenkuss und einen mit Blut besiegelten Pakt
Pressestimmen
Thränen des Vaterlandes
Wir sind doch nunmehr gantz / ja mehr denn gantz verheeret! Der frechen Völcker Schaar / die rasende Posaun Das vom Blutt fette Schwerdt / die donnernde Carthaun / Hat aller Schweiß / und Fleiß / und Vorrath auffgezehret. Die Türme stehn in Glutt / die Kirch ist umgekehret. Das Rathauß ligt im Grauß / die Starcken sind zerhaun / Die Jungfern sind geschänd’t / und wo wir hin nur schaun Ist Feuer / Pest / und Tod / der Hertz und Geist durchfähret. Hir durch die Schantz und Stadt / rinnt allzeit frisches Blutt. Dreymal sind schon sechs Jahr / als vnser Ströme Flutt / Von Leichen fast verstopfft / sich langsam fort gedrungen. Doch schweig ich noch von dem / was ärger als der Tod / Was grimmer denn die Pest / und Glutt und Hungersnoth Das auch der Seelen Schatz / so vielen abgezwungen.
Andreas Gryphius
1636 n. Ch.
Kapitel 1
Aller Anfang
Gott zum Gruße, lieber Leser! Auch wenn ich deine Bekanntschaft wohl nicht mehr machen werde, da ich alsbald das Zeitliche zu segnen habe, denke ich, dass eine Vorstellung meinerseits vonnöten und gleichzeitig der Höflichkeit entsprechend ist. Man nennt mich Bruder Hubertus von Horn, auch wenn ich vormals unter anderem Namen bekannt war, nämlich Kaspar Geißler. Doch wie ich bei meiner “Einkleidung” des gemeinen Mannes Tracht für immer ablegte, den braunen Habit der Kapuziner zu tragen, legte ich meinen elterlichen Namen ab, einen gottgefälligeren anzunehmen.
Und während ich heute den braven Mönch im schönen Mainz gebe, war ich in meinem vorherigen Leben Soldat und Musketierer. Ich tauschte Degen und Muskete gegen Kapuze und Feder, die Freiheit der Welt gegen die Enge meines Kämmerleins. Und wie ich einstmals unter Kaisern und Königen, unter Kriegsherren und Generälen gedient habe, diene ich nunmehr nur noch einem einzigen Herrn; dem guten Gott.
So sitze ich also hier, als alter, grauhaariger Recke, lasse mich Novize schimpfen und muss erneut die Schulbank drücken. Mein lieber Herr Vater – der Herrgott hab ihn selig – brachte mir mit viel Schweiß und Mühe, denn ich war, wie ich zugeben muss, ein lausiger Schüler, das Lesen und Schreiben bei, doch brachte er es mir scheinbar ganz falsch und fehlerhaft bei. Das “hohe Deutsch” oder “Hochdeutsch” müsse man nämlich schreiben und reden, sagt Bruder Martin hier, der mein Novizenmeister und Lesemeister ist, und ein ordentlicher Plackscheißer obendrauf. Ein Deutsch für alle Deutschen gelte es zu etablieren, das alle verstehen und alle sprechen würden, und nichts will er hören von meinem südlichen Kauderwelsch, wie er es nennt, das ja fast so schlimm sei wie das nordische Niederdeutsch. Unzählige Dinge habe ich in meinem Leben geschrieben; schrieb Briefe und Ordern, Avisen und Berichte und dergestalt etliches mehr, und stets habe ich es so geschrieben, wie es gesprochen wurde. Reihte die Buchstaben schlicht dem Klange nach aneinander, und klang es verschieden, schrieb ich es verschieden. Doch nun ist dies alles nicht mehr gültig, nun gibt es ein Richtig und unzählige Falschs.
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