als ihr Vorsitzender Dr. Hein Fischer-Heidlberger (benannt durch Bayern), der von 1984 bis 1998 in der Bayerischen Staatskanzlei unter anderem als Persönlicher Referent des Ministerpräsidenten, als Büroleiter des Leiters der Staatskanzlei und als Leiter verschiedener Abteilungen gearbeitet hat und von 1999 bis 2004 Amtschef des bayerischen Umweltministeriums war; seit 2004 ist er Präsident des Bayerischen Oberen Rechnungshofes;
als ihr stellvertretender Vorsitzender Ralf Seibicke (Sachsen-Anhalt), von 2003 bis Anfang 2015 Präsident des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt und seitdem mit 54 Jahren »bestbezahlter Frühpensionär des Landes« ( Mitteldeutsche Zeitung ); Seibicke wollte auch Bundestagsabgeordneter der CDU werden, deren Mitglied er ist;
Klaus Behnke (Rheinland-Pfalz) war Referent beim rheinland-pfälzischen Finanzministerium, 1997 bis 2000 bei der Treuhand-Liegenschafts-Gesellschaft beschäftigt und ist seit 2007 Präsident des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz; er ist Mitglied der SPD;
Marion Claßen-Beblo (Berlin) ist Präsidentin des Berliner Rechnungshofes;
Norbert Holzer (Saarland) war unter anderem zehn Jahre lang Bürgermeister von Riegelsberg und von 1997 bis 2011 Verwaltungs- und Betriebsdirektor des Saarländischen Rundfunks;
Werner Jann (Brandenburg) war unter anderem Leiter der »Denkfabrik« in der Staatskanzlei des Landes Schleswig-Holstein und gehörte der sogenannten Hartz-Kommission an;
Helmuth Neupert (Sachsen) war von 1978 bis 1985 im Bayerischen Wirtschaftsministerium tätig, 1991 bis 1992 Rundfunkreferent und stellvertretender Abteilungsleiter in der Sächsischen Staatskanzlei und 1992 Hauptabteilungsleiter im MDR;
Hubert Schulte (Bremen) war von 1981 bis 1985 finanzpolitischer Referent der SPD-Bundestagsfraktion, 2000 bis 2001 Chef der Hamburger Staatskanzlei, 2003 bis 2005 Finanz-Staatssekretär in Berlin und von 2005 bis 2011 Chef der Bremer Staatskanzlei;
Tilmann Schweisfurth (Mecklenburg-Vorpommern) hat beim Bundesministerium für Finanzen und als Referatsleiter beim Sächsischen Finanzministerium gearbeitet und ist seit 2004 Präsident des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpommern; 2013 hat die Staatsanwaltschaft laut Hamburger Abendblatt Anklage gegen Schweisfurth wegen des Verdachts der Untreue in mehreren Fällen sowie des Betrugs erhoben, er soll Mitarbeiter seiner Behörde mit etwa 500 Stunden in die Vorbereitung seiner Lehraufträge an der Uni Rostock eingebunden und seinen Dienstwagen wie einen Privatwagen genutzt haben. 53
Andere Mitglieder der KEF sind oder waren Banker, Direktoren von ARD-Rundfunkanstalten und Wirtschaftsprüfer (so der Aufsichtsratsvorsitzende des umstrittenen Wirtschaftsprüfungskonzerns PricewaterhouseCoopers AG, Norbert Vogelpoth; die Experten von PwC haben Hunderte von Unternehmen darin beraten, mit der Gründung von Gesellschaften in Luxemburg, meistens »Briefkastenfirmen«, auf legale Weise niedrige oder gar keine Steuern zu zahlen). 54Parteimitgliedschaften wurden nur angegeben, wenn sie zweifelsfrei nachweisbar waren. Es fällt aber auf, daß viele Mitglieder der KEF aus staatlichen oder staatsnahen Bereichen, teilweise sogar direkt aus den Rundfunkanstalten stammen und/oder in leitenden Positionen für die jeweiligen Landesregierungen gearbeitet haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte entsprechend in seinem achten Rundfunk-Urteil beklagt, daß die KEF »lediglich ein Hilfsinstrument der Ministerpräsidentenkonferenz« sei und nicht der in der Verfassung geforderten Unabhängigkeit vom Staat entspreche, woraufhin 1994 das KEF-Verfahren geändert wurde. Wenn man allerdings die Zusammensetzung der Kommission betrachtet, kann man nach wie vor nur wenig Staatsferne konstatieren, dafür um so mehr direkte oder indirekte Treue zu den Ministerpräsidenten, für die einige der KEF-Mitglieder sogar jahrelang gearbeitet haben. Und man wird unschwer verstehen, warum die KEF kaum für Transparenz der Haushalte von ARD und ZDF sorgt.
Sinnvoll wäre es, wenn die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in einem jährlichen Produzentenbericht detailliert darüber Auskunft geben würden, wofür welche Rundfunkbeiträge genau verwendet werden, wie es die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International 2011 gefordert hat. Anlaß dieser Forderung waren »zahlreiche Skandale und Affären im Verhältnis zwischen öffentlich-rechtlichen Anstalten und Auftragsproduzenten bzw. einzelnen Mitarbeitern der öffentlich-rechtlichen Sender«. 55Transparency International spielte unter anderem auf die »Durchwurstelwirtschaft mit kriminellen Auswüchsen« beim Skandalsender MDR an, wo es nicht nur etliche korrupte Mitarbeiter gab, sondern auch »beim Bau diverser Sendergebäude gegen eigene Anlagerichtlinien verstoßen« wurde. Nahezu alle MDR-Immobilien seien zu deutlich überhöhten Raten geleast, wovon »vor allem Immobilienfonds profitieren«, wie die Berliner Zeitung berichtete. 56Um den Fondsanlegern ausreichende Profite zu sichern, vermietete der MDR zum Beispiel in seinem Landesfunkhaus Erfurt kurzerhand Räume an den federführend vom eigenen Haus betriebenen Kinderkanal Kika zu Mieten, die laut Spiegel »mehr als doppelt so hoch wie ortsüblich« waren. Doch das war nicht der einzige Skandal um Kika. Dort hatte ein spielsüchtiger Herstellungsleiter den Sender um 8,2 Millionen Euro betrogen, und »der Betrug war kinderleicht«, wie die Frankfurter Allgemeine titelte (11. 12. 2010), denn erst die mangelhafte Finanzkontrolle bei MDR und Kika ermöglichte eine der teuersten Betrügereien in der Geschichte des deutschen Staatsfernsehens, die aber zugleich die generellen Schwächen im Abrechnungssystem der gebührenfinanzierten Sender offenbarten. Doch wenn der MDR einmal nicht wegen krimineller Machenschaften in den Schlagzeilen stand, dann legt er seine »flüssigen Gelder« gerne auch einmal hochspekulativ in windige Anlagen an, etwa in riskante synthetische Ecuador-Anleihen, die man von der Dresdner Bank erwarb und die dem MDR im Jahr 2000 einen Verlust von knapp 4 Millionen D-Mark bescherten.
Dagegen handelt es sich bei der Korruptionsskandal um die Fernsehspielchefin des NDR fast schon um »Peanuts«, wie Bankenchefs es wohl nennen würden. Doris J. Heinze hat jahrelang Drehbücher, die sie selbst und ihr Ehemann unter Pseudonymen geschrieben haben, beim eigenen Sender untergebracht.
An der Affäre ist auch eine Produzentin beteiligt, die die Drehbücher ungelesen gekauft hat, weil Heinze ihr garantiert hatte, daß der NDR die Projekte umsetzen werde. Vierzehn Straftaten, begangen zwischen 2003 und 2007, wurden den drei Angeklagten zur Last gelegt.
»Die Strukturen und Prozesse der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind unter dem Gesichtspunkt der Korruptionsprävention und der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften zu überprüfen und zeitgemäßen Compliancemanagementsystemen anzupassen«, fordern die Korruptionsbekämpfer von Transparency International. Solange bei den Sendeanstalten jedoch Null-Transparenz herrscht, sind der Korruption Tür und Tor geöffnet.
Doch die Anstalten verweigern sich systematisch allen Versuchen, wenigstens ansatzweise Transparenz herzustellen. Die Produktionskosten der einzelnen Sendungen werden nach wie vor verschleiert, es gibt nur einige wenige, allgemeine Beträge auf den Internetseiten. Und wenn ein Journalist nach gültigen Gesetzen, etwa dem Pressegesetz und dem Informationsfreiheitsgesetz, Auskünfte darüber erlangen will, ob ein Rundfunkrat des WDR gleichzeitig geschäftliche Beziehungen zu dem Sender unterhält (was unzulässig wäre), wird er geschlagene sieben Jahre an der Nase herumgeführt, vertröstet, ignoriert, nochmal vertröstet, muß den Sender womöglich sogar verklagen, wie man in einem bemerkenswerten Aufsatz von Marvin Oppong nachlesen kann. 57
Die Arroganz der öffentlich-rechtlichen Sender gegenüber denen, die sie bezahlen, ist unglaublich, die fehlende Transparenz ein permanenter Skandal. Das Staatsfernsehen bittet alle Haushalte zur Kasse, es will aber partout nicht verraten, was es mit all dem Geld macht.
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