Gundolf S. Freyermuth - Reise in die Verlorengegangenheit

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Die «Reise in die Verlorengegangenheit» erzählt vom deutschen Exil – von dem Exodus der kulturellen Elite, mit dem 1933 die Teilung der deutschen Kultur begann. Freyermuths Reise führt vom Berlin der Gegenwart in das von Nazi-Truppen umstellte Marseille, das letzte Schlupfloch der «Falle Europa». In sechs exemplarischen Portraits deutscher Emigranten werden die halbverwischten Spuren dieses wichtigen Teils unserer Geschichte gesichert. Aus einzelnen Schicksalen, Anekdoten und Erinnerungen der portraitierten Künstler weitet sich die Erzählung zu einer Geschichte des deutschen Exils.
Gespräche mit Berliner Künstlern, Kulturpolitikern und Intellektuellen über die Vergangenheit von Exil und Teilung sowie über die Chancen und Gefahren einer vereinigten Zukunft begleiten die historische Reise. In diesem Chor damaliger Berliner Charaktere verschränken sich die Umwälzungen der Jahreswende 1932/33 mit der «Revolution» von 1989/90 – der gewaltsame Beginn der deutschen Teilung mit ihrer friedlichen Beendigung. Die Fahrt auf den Spuren deutscher Emigranten ist daher auch eine aktuelle «Bildungsreise»: eine Erkundung der historischen wie der «ideologischen» Orte, an denen sich eine neue nationale Identität gebildet hat.
Stationen einer Reise in die deutsche Verlorengegangenheit, auf der Suche nach dem anderen, besseren Teil unserer Tradition.

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»Berlin Nr. 234404 9.11.2355 - An alle Stapo-Stellen und Stapo-Leitstellen / An Leiter oder Stellvertreter ... Es ist vorzubereiten die Festnahme von etwa 20000-30000 Juden im Reiche. Es sind auszuwählen vor allem vermögende Juden. Nähere Anordnungen ergehen noch im Laufe dieser Nacht. ... Gestapo II Müller.« 94

Stunden später, am Abend des 9. November 1938, polterte ein SA-Scharführer in das Schlafzimmer einer jüdischen Familie. Dr. Goldstein und seine Frau standen, aufgeschreckt durch den Lärm und die Auseinandersetzung vor der Tür, schon neben ihren Betten.

»Ich bin angewiesen«, sagte der Scharführer zögernd, die Pistole in der Hand, »einen schweren Auftrag durchzuführen.«

Ruhig antwortete Frau Goldstein: »Mein Herr, schießen Sie, bitte, gut!« und da schoss er. 95

Kurz vor Mitternacht trete ich aus der Haustür. Auf Alt-Moabit kommen mir zahllose Fußgänger entgegen. Nicht nur ihre Menge um diese Uhrzeit ist ungewöhnlich. Auch in ihrer Kleidung und in ihren Bewegungen irritiert mich etwas, das ich nicht auf Anhieb einordnen kann. Die Menschen strömen aus der Richtung des Gefängnisses in der Lehrter Straße, und ich habe plötzlich den unsinnigen Gedanken, ein Massenausbruch könnte stattgefunden haben. Vor dem ersten Trupp wechsele ich spontan vom Bürgersteig auf die Fahrbahn und bleibe dort, bis ich meinen wenige Meter weiter geparkten Wagen erreiche.

Trotz der Fernsehszenen, die mich aus dem Bett gelockt haben, verfalle ich erst im Stau vor dem Übergang Invalidenstraße auf den Gedanken, dass es sich bei den Menschen, die die Straßen bevölkern und von denen viele mit schnellen Schritten in Richtung City marschieren, nicht nur um West-, sondern bereits auch um Ostberliner handeln könnte. Die Vorstellung allein scheint mir - aufgewachsen in der Zeit nach dem Mauerbau - vollständig verrückt.

In Berlin beginnt der Pogrom gegen 1 Uhr nachts. Fachgerecht hat man zuvor die jüdischen Hauptgebäude isoliert, die Telefonleitungen abgeschnitten, die Strom- und Heizanlagen abgestellt. Die Polizei leitet den Verkehr um. Ordnung herrscht, als sieben große Synagogen der Hauptstadt in Brand gesetzt werden, darunter die in der Fasanenstraße.

»Warum spritzen Sie nicht«, ruft der herbeigeeilte Oberkantor Davidsohn den Feuerwehrleuten zu, die mit leeren Schläuchen dastehen.

»Was wollen Sie denn hier?« erwidert der Feuerwehrhauptmann. »Sie werden hier nur totgeschlagen.«

»Ich war an dieser Synagoge 27 Jahre tätig.«

»Tut mir leid, aber ich kann Ihnen nicht helfen, wir sind nur hier, um die Nachbarhäuser zu schützen.«

»Um Gottes Willen, ich möchte wenigstens noch das Nötigste heraussuchen.«

Doch plötzlich sieht der Kantor den Synagogenpförtner Wolfsohn blutüberströmt im Hemd in den Hof laufen. Da der Pförtner sich weigert, die Schlüssel auszuhändigen, wird er bis aufs Blut geprügelt.

SA- und SS-Männer gießen aus großen Kanistern Benzin in die Flammen. Bald brennt auch das Innere der Synagoge lichterloh.

»Bis fünf Uhr früh«, erinnert sich Davidsohn, »stand ich dabei, dann rückte die Feuerwehr ab, das Feuer verglimmte, und ich sagte ›Kaddisch‹.« 96

Jedes dritte Fahrzeug auf den nächtlichen Straßen ist ein Wartburg oder Trabbi. Man traut seinen Augen nicht. »Die Grenzen sind offen, die Ostberliner sind in der Stadt«, meldet der RIAS.

An die Invalidenstraße führt kein freier Weg mehr. Im Radio heißt es, dort fänden Freudenfeiern statt. Wer mir entgegenkommt, ist in euphorischer Eile.

»Wo wollen Sie hin?«

»Zum Ku'damm«, sagt die Frau.

»Immer geradeaus«, sagt ihr Mann.

»Hauptsache drüben«, brüllt einer, der im Laufschritt vorbeizischt.

Auf der Entlastungsstraße und der Straße des 17. Juni staut sich der Verkehr. Tausende wollen zum Brandenburger Tor. Kolonnen von Fußgängern ziehen durch den Tiergarten. Eine eigentümliche Hysterie liegt in der Luft. Vier dunkelblaue S-Klasse-Mercedesse zischen mit Polizeibegleitung an mir vorbei.

Nach einem längeren Fußmarsch hole ich die Wagen wieder ein. Sie stehen in der abgesperrten Zone vor dem Brandenburger Tor. Auf einer improvisierten Bühne probt Tom Brokaw, einer der drei Top-US-Anchor-Men seinen Auftritt. Er soll live in die New Yorker Abendnachrichten geschaltet werden. Deutsche Fernsehteams sind nicht zu sehen. Polizisten auch nicht. Über Tausend Menschen dürften es sein, die sich jetzt um die Bühne drängeln.

Ich steige über eine Absperrung, von der ich denke, dass die TV-Leute sie errichtet haben. Dutzende machen es mir nach. Jetzt haben wir die Mauer am Brandenburger Tor erreicht. Ich drehe mich um. Ein paar Meter hinter mir steht stumm und bewegungslos ein Polizist im üblichen Thermogrün. Eher schüchtern. Ein wenig so, als gehöre er gar nicht dazu, als sei er aus Versehen hierher geraten.

»Was hat der denn für ›ne komische Kappe?« fragt die Frau neben mir.

Das Ding ist feuerrot und eindeutig nicht westlicher Herkunft.

»Ick gloob', wir sind im Osten, wa?« sagt die Frau.

»Irre«, sag' ich.

Auf der Bühne werden die Scheinwerfer angeschmissen. Tom Brokaw stellt sich in Positur, mit dem Rücken zum Brandenburger Tor.

»Wenn ihr auf die Mauer klettert, kommt ihr gut ins Bild«, rät ein Helfer der TV-Leute.

»Einfacher gesagt als getan«, mault einer aus der Menge zurück.

Die ersten erklimmen mühsam die Mauer. Britische Militärpolizisten treffen ein, bleiben aber brav an der Sektorengrenze stehen. Mir fällt ein, dass ich, sicherheitsbedürftig wie ich in den aggressiven letzten Wochen geworden bin, einen kleinen Hammer in der Tasche meines Ledermantels trage. Wer oben ist, zieht die weniger gewandten hoch. Wir sind das Volk, warum nicht auch wir, und das Volk tanzt auf der Mauer. Zum ersten Mal. Tom Brokaw geht auf Sendung. Ich ziehe meinen Hammer aus der Tasche.

In jener Nacht fuhr ich, im Taxi auf dem Heimweg, den Tauentzien und den Kurfürstendamm entlang. Auf beiden Straßenseiten standen Männer und schlugen mit Eisenstangen Schaufenster ein. Überall krachte und splitterte Glas. Es waren SS-Leute in schwarzen Breeches und hohen Stiefeln, aber in Ziviljacken und mit Hüten. Sie gingen gelassen und systematisch zu Werk. Jedem schienen vier, fünf Häuserfronten zugeteilt. Sie hoben die Stangen, schlugen mehrmals zu und rückten dann zum nächsten Schaufenster vor. Passanten waren nicht zu sehen ...

Dreimal ließ ich das Taxi halten. Dreimal wollte ich aussteigen. Dreimal trat ein Kriminalbeamter hinter einem der Bäume hervor und forderte mich energisch auf, im Auto zu bleiben und weiterzufahren.

Als ich zum vierten mal halten wollte, weigerte sich der Chauffeur: »Es hat keinen Zweck«, sagte er, »und außerdem ist es Widerstand gegen die Staatsgewalt.« 97

Vor dem Springerhochhaus an der Kochstraße verteilen Zeitungsjungen kurz nach zwei Uhr die ersten Extrablätter kostenlos an die paradefahrenden West- und Ostberliner. Ich nehme eine BZ : »Die Mauer ist weg«, verkündet die Schlagzeile, und dabei sehe ich sie doch, nur ein paar Meter entfernt, in bestem Zustand. Wie gezählt ihre Tage sind, kann ich mir immer noch nicht vorstellen.

»In der näheren Umgebung der Grenzübergangsstellen gibt es keine Parkplätze mehr«, heißt es im Verkehrsfunk. Mitten in der Nacht.

Auf Tauentzien und Ku'damm steht der Verkehr in beide Richtungen. Es stinkt bestialisch nach Zweitakter, das Hupkonzert ist ohrenbetäubend. Auch die Bürgersteige sind bis zum Bersten gefüllt. Ich fahre tanken am Hohenzollerndamm.

»Wo geht es hier zum Ku'damm?«

Aus dem Osten kommend, wie Sprache, Kleidung und Gestik verraten, müssen die beiden jungen Paare den längst passiert haben. Ich zeige ihnen den Weg.

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