Ausgangspunkt der deduktiven Physik
Das allen Begriffen und Sätzen der Physik Gemeinsame ist, dass sie im menschlichen Verstand angesiedelt sind. Kant hat in seiner »Kritik der Reinen Vernunft« 1781 dargelegt, dass, wer die Welt verstehen will, sich erst Rechenschaft darüber abgeben muss, was Verstehen bedeutet. Zwar beziehen die Relativitätstheorie die Bewegung des Beobachters und die Quantenmechanik die Einwirkung des Beobachters in ihre Gesetze ein, aber sie halten sich für unbeteiligte Zeugen einer objektiven Welt.
Ein neuer »unerwarteter Ansatz« muss davon ausgehen, dass
1.Physik frei erfunden wird – und nicht in der Natur gefunden wie versteckte Ostereier oder die Ideen Platons (dazu Einstein: »… die Konzepte, die in unsern Gedanken … auftauchen, sind alles freie Erfindungen …«);
2.diese Erfindungen zunächst beliebige Hypothesen sind und erst gelten, wenn sie durch das Nadelöhr der experimentellen Verifikation hindurchgekommen sind (analog Mutation und Selektion in der Evolution);
3.Raum, Zeit und Kausalität Komponenten des Denksystems sind – keineswegs der Welt, über die nachgedacht wird;
4.Anschauung die Basis allen Erkennens ist – auch wenn abstrakteste Mathematik aufgetürmt wird;
5.insbesondere ein Kontinuum in Raum und Zeit unausweichliche Denknotwendigkeit ist;
6.es Hierarchien von Erkenntnissen gibt, deren höhere Stufen nicht aus Ansammlungen oder Abstraktion hervorgehen, sondern – wie Begriffe – erst als Hypothesen erfunden werden und sich in der Möglichkeit bewähren, untere Stufen mit weniger Gesetzen und Konstanten aus ihnen abzuleiten (Hyperstasen).
Denknotwendiges Kontinuum der deduktiven Physik
Das Kontinuum bleibt nicht bloße Idee wie bei Decartes oder verbirgt sich in Mathematik wie bei Einstein, sondern es ist das Analog zu einem Gas konstanter Temperatur2 (Physik: »isotherm«), was schon die Gleichungen der RT implizieren; es wird durch die FundamentalKonstanten3 c, G, ħ spezifiziert und erklärt, was induktive Physik einfach hinnehmen muss, nämlich warum
–Wechselwirkungen nicht instantan erfolgen,
–Gravitation und Elektromagnetismus gleiche Ausbreitungsgeschwindigkeit haben,
–Interferenzen auf atomare Distanzen quantenmechanische Phänomene hervorbringen,
–Interferenzen auf Distanzen der Größenordnung des Elementarteilchen-Radius (Compton-Länge) die Starke Wechselwirkung hervorbringen.
In der deduktiven Physik bildet die Massendynamik den Ausgangspunkt für alle Erklärungen von Elementarteilchen, während induktiver Physik die Brücke vom Makroskopischen zu den Elementarteilchen nicht gelingt. Nota bene: Es erklärt nicht, was es selber sei – außer indirekt durch seine Zweckmäßigkeit als Substrat für die Vorstellung der materiellen Welt. Wer sich die Dynamik des Kontinuums vorstellen kann, hat das Fundament für alles weitere Verständnis gelegt.
Dynamik des spezifischen Kontinuums
Das Universum von einem Kontinuum erfüllt zu sehen bedeutet, dass jedes verschwindend kleine Raumelement mit dem nächsten verbunden ist und dass sich die Verbindungen über den gesamten Raum erstrecken. Aus zwei intuitiv logischen Buchhaltungen für ein solches Raumelement kann die Dynamik bestimmt werden, woraus sich alles von Trägheit, Gravitation bis Relativitätstheorie ableitet:
–eine Buchhaltung über die Entwicklung der Dichte des Kontinuums infolge von Strömung: Die Dichte nimmt umso viel zu oder ab als mehr Kontinuum ein- oder austritt. Wird diese Logik formalisiert, entsteht die sogenannte Kontinuitätsgleichung4;
–eine Buchhaltung über die Entwicklung von Strömung infolge von Dichtegefälle. Wie beschleunigt sich Strömung, wenn an einer Stelle im Raum ein Druckabfall herrscht? Druck »will« sich ja ausgleichen, was Strömung entfacht. Das Ergebnis ist die Euler-Gleichung5, die aussagt, dass die Beschleunigung proportional zum Druckgefälle ist: je steiler abwärts, desto rasanter die Beschleunigung – wie beim Fahrradfahren.

Störung im Kontinuum
Die ganze Schönheit und eine Ahnung der Konsequenzen dieser einfachen Formalisierung intuitiver Logik treten hervor, wenn berechnet wird, wie sich ein lokaler Druckunterschied (Physik: »Störung«) gegenüber dem glatten ruhenden Kontinuum ausbreitet. Da beide Buchhaltungen simultan erfüllt werden müssen, gibt es zwei Gleichungen mit zwei Unbekannten (Dichte, Geschwindigkeit). Wird die eine in die andere eingesetzt, resultiert eine Wellengleichung.6
Kontinuität
Wie bei einem Pendel, das abwechslungsweise mehr Höhe oder mehr Geschwindigkeit entwickelt, gibt es im Kontinuum mehr Druck oder mehr Strömung. Dieses Ungleichgewicht wandert weg als Welle, weil sich beides einander verzögert mitteilt. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Störungen geht aus der Lösung der Wellengleichung hervor und ist bei einem Gas wie Luft die Schallgeschwindigkeit . Im spezifischen Kontinuum entspricht diese der Lichtgeschwindigkeit . Da Gravitationsfelder, elektrische und elektromagnetische Felder Störungen im Kontinuum sind, breiten sich alle mit Lichtgeschwindigkeit7 aus. Würde die Sonne instantan aus dem Universum verschwinden, so würde es nicht nur nach 500 Sekunden auf der Erde dunkel, sondern sie würde gleichzeitig aus ihrer Bahn fliegen.
Allein mit der Annahme des spezifischen Kontinuums kann Masse als Dynamik desselben rekonstruiert werden. Masse muss nicht mehr als Korpuskel gedacht werden, womit ein unlösbares Rätsel wegfällt: nämlich woraus der Korpuskel sei. Das einzige verfügbare »Baumaterial« der deduktiven Physik ist das Kontinuum:
– Massendynamik ist ein Pulsieren von Kontinuum: es strömt auf einen Punkt zu8, tritt in Wellen dem Zustrom überlagert von da wieder hinaus9 (umgekehrt am Strand, wo Wasser als Wellen heranrollt und als Strom zurück ins Meer fließt).
– Trägheit 10 entsteht durch die Arbeit, um das Zustromfeld zu einer Masse zu komprimieren (»Lorentz-Kontraktion«).
– Gravitation 11 entsteht durch die Einwirkung der ausgehenden Wellen auf den Zustrom entfernter Massen: so wie Quellen in irgendeinem Kontinuum Senken anziehen.
– Äquivalenzprinzip 12: Einstein suchte die Form der Gesetze, die in beschleunigten Koordinatensystemen unverändert bleibt, was er »Äquivalenzprinzip« nannte. Tatsächlich kann eine Masse nicht ausmachen, ob sie eine Relativgeschwindigkeit zum ruhenden Kontinuum hat oder ob sie sich im Zustrom zu einer andern Masse befindet: Der »Gegenwind« ist gleich. Auch die Formeln sind gleich, nur muss statt der kinetischen die potentielle Energie eingesetzt werden.
– Relativitätstheorie 13 – ihre Ergebnisse sind Nebeneffekte der Massendynamik: Kontraktion von Zustrom- und Strahlungsfeldern, Veränderung von Wellenlängen und in der Folge von Frequenzen.
– Schwarze Löcher 14 entstehen, wenn so gigantische Mengen an Massen in einer Galaxie angehäuft sind, dass die austretenden Wellen den Zustrom nicht mehr überwinden können, saugen folglich unaufhörlich Kontinuum mitsamt den darin befindlichen Sternen auf.
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– Universum: 15 Der Abstand zwischen Galaxien dehnt sich stetig aus, was sich in der Rotverschiebung des Lichts äußert, das von weit entfernten Sternen auf der Erde empfangen wird (analog dem tieferen Ton des sich entfernenden Motorrades). Ohne diese Ausdehnung hätten sich die Galaxien des Universums längst zu einem Klumpen zusammengezogen. Die Vorstellung, »das Universum dehnt sich aus«, impliziert:
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