Matthias Klingenberg - Ein kleines Leben

Здесь есть возможность читать онлайн «Matthias Klingenberg - Ein kleines Leben» — ознакомительный отрывок электронной книги совершенно бесплатно, а после прочтения отрывка купить полную версию. В некоторых случаях можно слушать аудио, скачать через торрент в формате fb2 и присутствует краткое содержание. Жанр: unrecognised, на немецком языке. Описание произведения, (предисловие) а так же отзывы посетителей доступны на портале библиотеки ЛибКат.

Ein kleines Leben: краткое содержание, описание и аннотация

Предлагаем к чтению аннотацию, описание, краткое содержание или предисловие (зависит от того, что написал сам автор книги «Ein kleines Leben»). Если вы не нашли необходимую информацию о книге — напишите в комментариях, мы постараемся отыскать её.

Schon als kleiner Junge hatte der Autor wissen wollen, welche Rolle sein Großvater Karl als Angehöriger der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg gespielt hat. Faszination und Grauen erfüllen ihn, als er sich in den 1980er-Jahren die eine oder andere Epi­sode von ihm erzählen lässt. Dann, als Anfang 40-Jähriger, siebzig Jahre nach Kriegsende, macht er sich selbst auf die Suche, mehr über ihn und die Auswirkungen seines Schicksals zu erfahren: Mit der Instamatic-Kamera des verstorbenen Karl, für die nur noch längst abgelaufene Filme existieren, und alten Fotos reist er an die Orte, an denen dieser sich einst als Soldat aufgehalten hat. Über seinen Opa findet der Autor nur wenig Neues heraus, stattdessen aber umso mehr über sich selbst, seine Familie und die transgenerationale Verarbeitung von Erinnerungen. Plätze, Menschen, Begegnungen und histo­rische Relikte sprechen für sich und ganze Nachkriegsgenerationen, ob Ukraine, Frankreich, Polen, Tschechien, West- oder Ost­deutschland. Obwohl der Suchende oft im Konflikt ist, ob seine Recherchen Sinn machen, kommt er am Ende zu dem Schluss, dass das Fragen nach der Vergangenheit, Antworten für die Jetztzeit bereithält und über die eigene Identität Aufschluss gibt.

Ein kleines Leben — читать онлайн ознакомительный отрывок

Ниже представлен текст книги, разбитый по страницам. Система сохранения места последней прочитанной страницы, позволяет с удобством читать онлайн бесплатно книгу «Ein kleines Leben», без необходимости каждый раз заново искать на чём Вы остановились. Поставьте закладку, и сможете в любой момент перейти на страницу, на которой закончили чтение.

Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Gegen neun kommt dann die ältere Tochter, meine Tante, mit ihrem Mann und eine künstliche Geschäftigkeit erfüllt das Haus. Der Onkel sitzt im Stubensessel liest und kommentiert lauthals die Tageszeitung. Wir beide, mein Bruder und ich, sind wieder die Enkelkinder, die man nicht allzu ernst nehmen muss. Mein Erwachsenensein hat nicht lange angehalten. Irgend­wann kommen dann auch unsere Eltern zurück. Der Tod des Großvaters wird Normalität, die Leiche eingesargt und schnell weggebracht.

Der Geruch des Desinfektionsmittels erfüllt den Flur noch tagelang und ist mir bis heute nicht aus der Nase gegangen. Die Person selbst, die sich da für immer entmaterialisiert hat, spielt bei all diesem schon kaum noch eine Rolle. Mit Es-muss-ja-weitergehen-Phrasen wird die Rückkehr in die Alltagsroutine eingeleitet.

Mein Bruder und ich gehen nach der Beerdigung nicht zum anschließenden Kaffeetrinken in die Dorfkneipe – ein sinn­loses, hohles Ritual, dem Ereignis und dem Toten unwürdig. Wir nehmen stattdessen unsere Räder und fahren zum nächst­gelegenen Baggersee.

Transgenerationales Schweigen

Was mache ich hier nur? Ich sitze seit Wochen, ja Monaten, am Schreibtisch, betrachte uralte Schwarz-Weiß-Fotografien, ana­lysiere Dokumente und Urkunden, treibe mich in tenden­ziösen Internetforen herum und schreibe Notizen in mein kleines rotes Moleskine. Der Zufall will, dass ich dies genau im hun­dertsten Geburtsjahr meines Großvaters tue, um den es bei den ganzen Recherchen ja geht. Das habe ich aber erst bemerkt, als ich im Werk des Nachkriegsschriftstellers Arno Schmidt nach parallelen Mustern, Einstellungen und Thema­tiken suchte und mir hierbei sein Geburtsjahr 1914 auffiel. Was – an anderer Stelle hierzu mehr – nicht die einzige Parallele bleiben sollte.

Wenn ich die Fragen stelle: Wo war mein Großvater Karl Krüger im Zweiten Weltkrieg? Was hat er dort getan? Was hat man ihm damals angetan? Dann frage ich mich zugleich, warum ich das wissen will, denn dies war ja im Grunde die Frage der ersten Nachkriegsgeneration, der ich gar nicht angehöre. Ich bin 1972 geboren. Als mögliche Antwort könnte aber herhalten, dass sich meine Eltern dieser Frage ja nie gestellt haben, mein Fragen also ein ‚nachholendes‘ Fragen ist. So ganz will mir das jedoch nicht einleuchten. Denn das würde ja heißen, dass ich heute hier nicht sitzen würde, wenn meine Eltern ihre Eltern gefragt und meine Großeltern zu einer Auseinandersetzung gezwungen hätten. Ist da vielleicht etwas dran? Vielleicht insofern, als dass meine heutige Beschäftigung mit dem Leben meines Großvaters definitiv eine andere wäre, wenn es in meiner Jugend einen Dialog, einen Austausch über seine Vergangenheit zwischen den drei Generationen gegeben hätte. Dieser Austausch hat aber nicht stattgefunden: Meine Eltern haben nicht gefragt, die ungestellte Frage wurde nicht beantwortet und das Gesamtthema beschwiegen.

Es geht im Kern um Schuld und Leid, aber auch um Erkenntnis. Um eine empathische, die nachfühlen und ver­stehen will. Es will mir erscheinen, als ob der Fluch der Großelterngeneration bis heute auf uns lastet und dies nicht nur in einem kollektiven Sinne einer viel beschworenen deutschen Verantwortung oder Kollektivschuld, sondern auch in einem individuellen und psychologischen. Es ist ein dunkler Schatten, der kaum sicht- oder wahrnehmbar – und oft nicht einmal mehr seinem Ursprung zuordenbar – auf uns lastet. So fühlt es sich für mich zumindest gerade an.

Solche über Generationen hinweg weitergegebenen Trau­ma­erfahrungen sind mir zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Völkermord an den Armeniern begegnet. In den Jahren 2009 bis 2013 koordinierte ich ein türkisch-armenisches Versöhnungsprojekt, das versuchte, junge Erwachsene aus bei­den Ländern über die Arbeit mit Zeitzeugen einander näher­­zubringen. Die Teilnehmer des Projekts führten unter wis­sen­schaftlicher Anleitung Interviews mit älteren Armeniern und Türken durch. In Armenien konnten wir über 100 Zeit­zeugen-Interviews, teilweise bis zu zwei Stunden lang, trans­kri­bieren, sodass ein ganzes Archiv an Geschichten entstanden ist. Es war für mich sehr faszinierend zu hören, wie detailliert sich diese Menschen an etwas erinnerten, was sie selbst nicht erlebt hatten. Ja, an etwas, was sogar ihre Eltern nicht selbst erlebt hatten. Einige der Interviewten waren sogar so jung, dass es sich bei ihren Erinnerungen schon um Überlieferungen der Urgroßeltern handelte. Kein Wunder, waren doch die Verbrechen um das Jahr 1915 begangen worden. Das, an was sie sich erinnerten, war also über bis zu vier Generationen weitergegeben worden. Auf türkischer Seite, also der Täter­seite, herrschte eine ähnliche Situation wie bei uns vor: im Prinzip nicht viel mehr als Schweigen.

Die Armenier, mit denen unsere Projektteilnehmer spra­chen, vermittelten mit ihren überlieferten Geschichten über Mord, Vergewaltigung und Vertreibung vor allem eines: ein tiefsitzendes transgenerational überliefertes Trauma. Es gibt Studien hierzu, die besagen, dass diese traumatischen Erleb­nis­se mit zunehmender Distanz zu ihrer Entstehung nicht abneh­men, sondern sich sogar verstärken können. So war auch mein Eindruck bei diesen Interviews. Gut erkennbar war, dass das, was überliefert wurde, sich mehr und mehr aus dem kulturellen Gedächtnis der Nation speiste und dass der Anteil tatsächlich überlieferter Erinnerungen der Vorfahren abnahm.

Die Sozialpädagogin Kristina Tambke spricht davon, dass traumabezogene Gefühle und deren Aufarbeitung an die nach­folgenden Generationen delegiert werden. Dies trifft sowohl auf die Armenier als auch auf meinen Untersuchungs­­gegen­stand zu. Das nicht thematisierte angerichtete und ertragene Leid, die fehlende Aufarbeitung und Auseinander­setzung mit der eigenen Vergangenheit mündeten und münden in emo­tionales Schwei­gen. Eine Stille, die die erlittenen Traumata emotional ver­schweigt. Wer in dieser Atmosphäre auf­wächst, bleibt hier­von nicht unberührt. Emotional ver­schlos­sene Eltern und Groß­eltern erziehen Kinder, die ebenfalls ver­schlos­sen sind. In der Familie entsteht ein gene­rations­übergreifender Verdrän­gungs­me­chanismus. Die Kinder nehmen Teile dieses Leids unbewusst auf und machen es zum Teil ihrer eigenen Identität, ohne die eigentlichen trauma­tischen Erlebnisse zu kennen. Es ist dann ein fremder Teil des eigenen Ichs. Da das Trauma an sich gar nicht mehr bewusst ist, ist es umso schwerer, diese Delegation zu erkennen und sie aufzuarbeiten. In der Familie herrscht ein unausgesprochenes Gebot, dass über das Trauma selbst und auch über seine generationsübergreifende Präsenz nicht ge­sprochen wird. Die Weitervererbung des Traumas plus Schwei­ge­gebot werden zu einer belastenden Krankheit für die Familie. Das Problem wird aber gar nicht erkannt, die einge­schränkte emotionale Kom­munikationsfähigkeit, da nicht er­kannt, als normal angesehen. In einer solchen Umgebung bin ich aufge­wachsen, in einer ähnlichen scheinen meine Eltern aufge­wachsen zu sein.

Ich bin immer noch dabei, mir erklären zu wollen, warum ich hier sitze, warum ich das Leben meines Großvaters erforsche, warum ich wissen will, wo er zwischen Mai 1942 und Kriegs­ende war. Denn über diese Zeit gibt es keine Hinweise. Alles scheint wie ausgelöscht, vernichtet vielleicht. Vielleicht will ich verstehen, wieso es so war, wie es war in meiner Familie. Viel­leicht will ich mir erklären, warum ich selbst so bin, wie ich bin, und nicht anders kann.

#Reminder

Ich gehe auf und versinke im Schlamm meiner Erinnerungen

Überall an den Wänden meines Zimmers hängen Reminder

Ihre vermeintlich heimelige Nostalgie starrt mich an

Ihre bohrenden Blicke schnüren mir die Kehle zu

Ich will sie in einen großen Umzugskarton werfen und wegsperren im Keller

Читать дальше
Тёмная тема
Сбросить

Интервал:

Закладка:

Сделать

Похожие книги на «Ein kleines Leben»

Представляем Вашему вниманию похожие книги на «Ein kleines Leben» списком для выбора. Мы отобрали схожую по названию и смыслу литературу в надежде предоставить читателям больше вариантов отыскать новые, интересные, ещё непрочитанные произведения.


Отзывы о книге «Ein kleines Leben»

Обсуждение, отзывы о книге «Ein kleines Leben» и просто собственные мнения читателей. Оставьте ваши комментарии, напишите, что Вы думаете о произведении, его смысле или главных героях. Укажите что конкретно понравилось, а что нет, и почему Вы так считаете.

x