Matthias Klingenberg - Ein kleines Leben

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Schon als kleiner Junge hatte der Autor wissen wollen, welche Rolle sein Großvater Karl als Angehöriger der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg gespielt hat. Faszination und Grauen erfüllen ihn, als er sich in den 1980er-Jahren die eine oder andere Epi­sode von ihm erzählen lässt. Dann, als Anfang 40-Jähriger, siebzig Jahre nach Kriegsende, macht er sich selbst auf die Suche, mehr über ihn und die Auswirkungen seines Schicksals zu erfahren: Mit der Instamatic-Kamera des verstorbenen Karl, für die nur noch längst abgelaufene Filme existieren, und alten Fotos reist er an die Orte, an denen dieser sich einst als Soldat aufgehalten hat. Über seinen Opa findet der Autor nur wenig Neues heraus, stattdessen aber umso mehr über sich selbst, seine Familie und die transgenerationale Verarbeitung von Erinnerungen. Plätze, Menschen, Begegnungen und histo­rische Relikte sprechen für sich und ganze Nachkriegsgenerationen, ob Ukraine, Frankreich, Polen, Tschechien, West- oder Ost­deutschland. Obwohl der Suchende oft im Konflikt ist, ob seine Recherchen Sinn machen, kommt er am Ende zu dem Schluss, dass das Fragen nach der Vergangenheit, Antworten für die Jetztzeit bereithält und über die eigene Identität Aufschluss gibt.

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Der 17. Mai 1993 war ein an sich schöner Tag, die Sonne schien und eine Vorahnung des bevorstehenden Sommers lag in der Luft. Das Wochenende war alkoholdurchsetzt gewesen, das Vorhaben, die Terrasse mit Altbierflaschen zu füllen, war letztendlich doch an Jörgs und meiner Müdigkeit gescheitert und auf später verschoben worden. Für den Montag war bis­her nichts Bestimmtes geplant, wobei man nie wissen konnte, was der Abend, die Nacht an spontanen Zusammen­künften und Besäufnissen noch bringen konnte. Ich erinnere mich nicht, wo sich mein fünf Jahre jüngerer Bruder an diesem Nachmittag aufhielt, vielleicht war er bei Freunden? Bei den Pfadfindern? Oder saß er mir gegenüber, als ich auf der Terrasse an einer Flasche von dem übrig gebliebenen Hannen-Alt nuckelte und viel zu lauter Musik durch die geöffneten Terrassentüren lauschte? Ich werde ihn später fragen und seine Erinnerungen nachtragen müssen. Karl oder besser Kalle – wir nannten ihn Opa Kalle, dass sein richtiger Name Karl war, habe ich erst viel später begriffen – kam in den Garten, holte sich einen Klappstuhl aus seiner Garage, setzte sich und be­gann, ein Kreuzworträtsel zu lösen. Irgendwann gesellte sich Toni dazu. Ebenfalls mit einem Kreuzworträtsel bewaffnet, füllten beide nun ihre Kästchen aus. Es war ungewöhnlich warm an diesem Sonntag (ich will dies hier betonen, weil es in meiner Erinnerung einen zentralen Platz einnimmt). Mein Groß­vater war Diabetiker und hatte außerdem nach einer schweren Magendarmoperation (war es Darmkrebs gewesen?) einen künstlichen Darmausgang, den er, vor sich geschnallt, mit sich herumtrug und ihn viel dicker aussehen ließ, als er in Wirklichkeit war. Aus diesen Gründen musste er sich beim Alkohol zurückhalten, was er auch tat: Er trank seit Jahren nur noch Light-Bier der friesischen Jever-Brauerei und meine Oma hatte sich ihm irgendwann solidarisch angeschlossen. Es war zu einem täglichen Ritual der beiden geworden, diese kleinen, schlanken Flaschen mit dem grün-weißen Etikett zu leeren. Mein Bruder und ich, und eigentlich auch meine Eltern, machten sich lustig über dieses Light-Bier-Getrinke – zumal beide Großeltern nicht in der Lage waren, das englische Wort light auszusprechen, weshalb bei ihnen das Getränk „Jever Licht“ hieß.

Karl hatte Diabetes, nahm Blutdruckpillen ein und war ein kriegsversehrter Mann, Ende 70, dem man nach seiner Darm­operation – bei guter Pflege! – allerhöchstens noch fünf Jahre versprochen hatte. Diese fünf Jahre hatten sich am 17. Mai nahezu verdoppelt. Karl Krüger ruft also seiner Frau Toni, mit der er zu diesem Zeitpunkt fast 50 Jahre verheiratet ist, hinter­her und bittet sie, ausnahmsweise ein Weizenbier aus den Vorräten meiner Eltern mitzubringen. Ich glaube, mich daran zu erinnern, dass sie sich noch einmal umdrehte und nach­fragte: „Bist Du sicher?“ Er nickt und sie geht. Eine Viertel­stunde später sitzen beide wieder da und Karl hält ein großes Glas Erdinger oder Franziskaner Hefeweizen in der Hand. Er trinkt, steht mit dem Glas in der Hand auf und fühlt sich irgendwie nicht gut.

Der Rest des Abends verläuft, soweit ich mich entsinne, unspektakulär. Ich gehe relativ früh ins Bett. Der Vorabend und die Abende davor haben ihre Spuren hinterlassen, wahr­scheinlich falle ich todmüde in mein Hochbett und schlum­mere innerhalb von Minuten ein. Eines der Fenster – es sind drei an der Zahl, die vom Erker meines Zimmers auf die Dorfstraße schauen – ist gekippt. (Ich halte das bis heute so und bilde mir ein, ansonsten zu ersticken.) Gegen halb drei wache ich auf. Die Sirene eines Rettungswagens reißt mich aus dem Schlaf. Sie ist so laut, so nah, dass ich aufstehe und aus dem Fenster sehe: Dort unten, auf der Straße, steht eine Ambu­lanz. Das Blaulicht spiegelt sich in der Scheibe meines Fensters. Das Martinshorn ist mittlerweile abgestellt, der Wa­gen hat sein Ziel erreicht.

Dass sich irgendetwas im Haus meiner Großeltern ereignet haben musste, war mir gleich klar. Dass es sich theoretisch ja auch um meinen Bruder, der im Nebenzimmer schlief, hätte handeln können, kam mir gar nicht erst in den Sinn. Hatte ich schon in diesem Augenblick eine Vorahnung? Dachte ich noch, der Krankenwagen sei wegen meiner Großmutter gekommen? Oder wusste ich schon, dass mein Großvater gerade gestorben war? In der Rückschau will es mir so erscheinen, aber ob hier die Verklärung gute Arbeit geleistet hat oder ob es wirklich so gewesen ist, vermag ich nicht mehr mit Sicherheit sagen.

Ich kletterte die Sprossenwand herunter, die die erste Etage meines Zimmers mit dem Erkerraum verband, und nahm die zwei weiteren Treppen, die hinüber zum Altbau meiner Großeltern führten. Hierzu musste ich den Flur überqueren, der den Alt- mit dem Neubau verbindet. Die Haustür steht sperrangelweit offen. Nothilfeausrüstungsgegenstände stehen im Flur herum, das Blaulicht des Krankenwagens erhellt flackernd blau den schlauchartigen Raum. In der Wohnung der Großeltern sitzt Toni, meine Großmutter, im Sessel. Sie wirkt aufgeregt und schläfrig zugleich. Der Sanitäter teilt mir die schon erahnte unfassbare Neuigkeit mit und sagt, dass er ihr ein Beruhigungsmittel gespritzt habe. Mein Bruder ist aufge­wacht, herbeigelaufen und steht neben mir. Der Tote liegt oben im Schlafzimmer im Ehebett, es war ein Herzinfarkt. „Da war nichts mehr zu machen, als wir kamen, war er schon tot.“ Der Rettungssanitäter von eben zuckt mit den Schultern: „Mein Beileid.“ Sein Kollege räumt derweil die Gerätschaften wieder zusammen und trägt sie zum vor dem Haus stehenden Kran­kenwagen.

Außer den beiden Sanitätern war noch ein Hausarzt aus dem Nachbardorf anwesend, der mich fragt, ob denn die Eltern nicht zu Hause seien. „Nein, die sind auf Kur“, erwi­dere ich. Die Großmutter im Sessel kommt für einen Moment aus den Tiefen des Beruhigungsmittelrausches zurück in das Hier und Jetzt: „Wir müssen Frau Krick anrufen! Wo habe ich bloß die Nummer?“ Frau Krick und der Tod waren in unserem Dorf nicht voneinander zu trennen; sie leitete das örtliche Beerdigungsunternehmen, eine „Dorfinstitution“, wie der Fri­seur­salon des Toten eine war. Die Sanitäter verab­schieden sich, eine Schiebetür knallt metallen und der Kran­kenwagen fährt ab.

„So, mehr kann ich auch nicht für euch tun. Ich komme dann morgen nochmal vorbei, um ihr eine Spritze zu geben“, sagt der Arzt. „Am besten ihr ruft jetzt irgendwelche Ver­wandten an, dass jemand vorbeikommt ...“, fügt er hinzu und geht. Ich schaue meinen Bruder an. Wir beide sind einiger­maßen überfordert mit der Situation. Keiner von uns traut sich, hochzugehen und den Toten anzuschauen. Ohne den Toten selbst gesehen zu haben, ist die Situation aber reichlich surreal. Habe ich das vielleicht alles nur geträumt?

Meine Oma sackt wieder weg, nicht ohne vorher wiederholt zu haben, dass Frau Krick anzurufen sei. Ich suche im hand­geschriebenen Telefonregister meines Großvaters die Nummer des Beerdigungsunternehmens, finde sie dann aber schließlich im Örtlichen Telefonbuch. Die Wählscheibe des grünen Telekomapparates surrt. Frau Krick verspricht, am frühen Morgen vorbeizukommen. Ich versuche, meine Tante zu errei­chen, die ein paar Dörfer weiter wohnt. Es ist mitten in der Nacht. Irgendwann erreiche ich eine verschlafene Stimme; ihr Mann verspricht ebenfalls am Morgen da zu sein.

Was folgte, war eine der längsten Nächte meines Lebens: Die Großmutter zwischen wachen und apathischen Bewusst­seins­zuständen hin- und herschwankend: plötzlich ganz wach, rational und abgeklärt, dann wieder weit weg und vor sich hin­starrend. Eine zutiefst seltsame Atmosphäre: oben der tote Groß­vater und unten seine unzurechnungsfähige Frau mit ih­ren beiden Enkelkindern.

Für mich war diese Nacht eine Initiation. Ich bin in dieser Nacht erwachsen geworden.

In der Frühe – wir waren wohl kurz auf dem Sofa eingedöst – kommt die Beerdigungsunternehmerin mit ihrem Sargkatalog. Es handelt sich um ein damals noch geläufiges Fotoeinsteck­büchlein, auf einer Albumdoppelseite haben genau zwei Fotos Platz. Links sieht man Särge, rechts den dazugehörigen Blu­men­schmuck. Unter jedem Bild steht der Preis. Umso weiter man blättert, umso teurer werden die Erdmöbel und umso auf­wendiger die Dekoration. (Ob diese Profiteure des Todes wohl heute ein Tablet mitbringen und langsam von einem Sargmodell zum anderen wischen?) Frau Krick löst die angespannte Situation professionell mit einem „Herzliches Beileid“ und meint, jetzt müssten „wir“ ja dieses tun und jenes aussuchen. Die „Wir“-Form verfolgt pädagogische und kauf­männische Ziele. Mich widert das Ganze an. Wir wählen einen einfachen hellen Holzsarg. Ich glaube das billigste Modell. Die Abneigung, der guten Frau Krick Geld in den Rachen zu schmeißen, befördert diese Entscheidung. Außerdem hätte der Tote nicht gewollt, für seine Beerdigung mehr als das unbe­dingt Notwendigste auszugeben. Später bekomme ich dann kritische Bemerkungen von nahen Verwandten zu hören, denen der letzte Gang ihres Vaters zu schnöde war. Gestört hat mich das aber nicht.

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