Tipp
Das Warum muss klar sein:Sie sollten Ihrem Kind immer wieder sagen, warum Sie eine Einschränkung vornehmen, zum Beispiel: „Bitte leg jetzt das Handy weg. Es ist wichtig, dass du auch ohne Musik einschlafen kannst und nicht vom Klassenchat immer wieder daran gehindert wirst.“ Dazu muss Ihnen das Warum Ihrer Maßnahmen natürlich zunächst selbst klar sein.
3. Kinder wollen Mitsprache und Flexibilität
Idealerweise stellen Sie Regeln gemeinsam auf. Das heißt nicht, dass Sie demokratisch mit gleichem Stimmrecht beschließen, wie viele Stunden Ihr Kind am Bildschirm verbringen darf. Im Aushandeln kann Ihr Kind aber seine eigenen Erfahrungen mit Ihnen diskutieren und einbringen.
Gerade wenn es um die sozialen Medien geht, bei denen Ihr Kind vermutlich einen Erfahrungsvorsprung vor Ihnen hat, ist es wichtig, auch seine Meinung zu hören.
Flexibilität und klare Regeln widersprechen sich nur auf den ersten Blick. Wenn Ihr Kind am Ende der täglich vereinbarten Stunde Bildschirmzeit das Video noch fertig schauen will, kommt es darauf an, ob das „Zu-Ende-Schauen“ noch 3 oder 15 Minuten dauert (Verhältnismäßigkeit) und ob das jeden Tag so ist. Ausnahmen bestätigen die Regel, nicht umgekehrt. Wichtig ist, dass die ursprüngliche Vereinbarung erkennbar bleibt und es einen guten Grund für die Flexibilität gibt.
4. Kritisieren Sie das Handeln, nicht das Kind
Irgendwann wird auch Ihr Kind vermutlich Dinge tun, die Sie nicht mögen. Möglicherweise setzt es sich über Regeln hinweg, enttäuscht Ihr Vertrauen oder handelt gegen gemeinsam getroffene Vereinbarungen. Dann ist es wichtig, dass Liebe als Grundlage Ihrer Erziehung erhalten bleibt.
Liebevoll, aber konsequent
Sie dürfen streng sein. Sie können dem Fehlverhalten Ihres Kindes Konsequenzen folgen lassen. Aber es muss weiterhin spüren, dass sich Ihr Ärger gegen sein konkretes Verhalten richtet und nicht allgemein gegen seine Persönlichkeit.
Im Wesentlichen kommt es dabei darauf an, wie Sie sich gegenüber Ihrem Kind äußern: „Du bist so dumm! Ständig hängst du an deinem Gerät und verblödest allmählich.“ Mit dieser Aussage hat Ihr Kind in erster Linie das Gefühl, nicht angenommen zu werden, und es wird sich vermutlich noch mehr in die tröstende Welt der sozialen Medien flüchten. Außerdem weiß es nach Ihrem Ausbruch nicht, was es konkret tun soll, um die Situation zu bereinigen. Die bessere Reaktion wäre zum Beispiel: „Wir hatten vereinbart, dass du erst die Hausaufgaben machst, bevor du in den Gruppenchat gehst. Ich bin sauer, dass du dich daran nicht hältst. Gib jetzt bitte das Handy ab. Du kannst es vor dem Abendessen noch mal eine halbe Stunde bekommen.“
Die Erziehungsgrundsätze in der Praxis
Wie genau die Regeln bei Ihnen zu Hause lauten und in welchen Bereichen es immer wieder zu Diskussionen kommt, ist individuell verschieden. Typische alltägliche Situationen, in denen die zuvor beschriebenen Erziehungsgrundsätze zur Anwendung kommen sollten, sind jedoch die folgenden Klassiker im Umgang mit sozialen Medien und Smartphones:
Tipp
Soziale Medien nicht als Belohnung nutzen:Häufig wird die Nutzung des Smartphones zur Belohnung eingesetzt. „Wenn du Mathe gemacht hast, darfst du eine halbe Stunde spielen.“ Damit wird eine Trennung des Alltags in angenehme Freizeit und unangenehme Pflichten etabliert, wie sie auch im Erwachsenenalter häufig als gegeben angenommen wird. Für die konsumorientierte Wirtschaft ist das zwar hervorragend, unterschlagen wird dabei jedoch, dass auch eine erfolgreich gelöste Aufgabe, eine bestandene Prüfung und das Ergebnis einer anstrengenden Tätigkeit erfreulich sein können. Versuchen Sie, das verbreitete Pflicht-Belohnungs-Schema möglichst zu vermeiden. Auch Anstrengung kann schön sein. Und Berieselung kann auch lustlos machen.
Soziale Medien und Schlaf:Jedes Kind braucht Schlaf, oft aber wird es daran durch Angebote und Verlockungen der sozialen Medien eher gehindert. Deshalb sollten Smartphones ab einer gewissen Uhrzeit nicht mehr benutzt und am besten sichtbar zum Beispiel auf dem Küchentisch abgelegt werden.
Soziale Medien und Lernen:Wenn Ihr Kind aus der Schule kommt, ist ein persönlicher Austausch über die Erlebnisse des Tages fruchtbarer als eine Erholungspause in den sozialen Medien. Manche Forscher vermuten sogar, dass Mediennutzung nach der Schule die Speicherung des dort gelernten Stoffes eher behindert und die Konzentrationsfähigkeit für die Hausaufgaben senkt.
Soziale Medien und Gemeinschaft:Die Smartphone-Nutzung darf nicht in Konkurrenz zu anderen Formen des sozialen Miteinanders treten. Also haben die Geräte nichts in einer analogen Gesprächssituation beim Treffen mit Freunden oder beim gemeinsamen Abendessen zu suchen. Damit sich in Familien auch die Erwachsenen an diese Regel halten, hat sich die Einführung eines „Handyturms“ bewährt, auf den alle ihr (ausgeschaltetes) Smartphone zu Beginn des Essens ablegen.
Technische Mittel nur als Ergänzung
Im nächsten Kapitel erfahren Sie mehr über die Risiken der sozialen Medien. Und im weiteren Verlauf des Ratgebers lernen Sie dann ganz konkrete Möglichkeiten kennen, diesen Risiken mit technischen Mitteln zu begegnen. An dieser Stelle ist es aber wichtig, dass Sie sich bewusst machen, dass technische Mittel nur eine Ergänzung sind und Ihre erzieherische Beteiligung keinesfalls ersetzen sollten:
Kein Ersatz für Erziehung
Technische Einschränkungen können hilfreich sein. Aber für echte Erziehung ist Beziehung wichtig. Nutzen Sie deshalb wo immer möglich die Gelegenheit, den Umgang mit den sozialen Medien persönlich zu regeln.
Beispiel: Beschränkung der Bildschirmzeit
Nehmen wir als einfachstes Beispiel die Bildschirmzeit, also die Zeit, die Ihr Kind am Tag mit dem Smartphone verbringen darf. Wenn es sich um ein Gerät von Apple handelt, kann ein Smartphone so eingestellt werden, dass es nach der vereinbarten Zeit einfach gesperrt ist (siehe S. 172). Damit wird die klare Regel durchgesetzt und Sie ersparen sich Diskussionen um eine mögliche Verlängerung.
Das persönliche „Mach jetzt bitte aus“ bringt Sie jedoch in Kontakt mit Ihrem Kind. Sie haben die Gelegenheit, zu erfahren, was es gerade treibt. Vielleicht gibt es sogar einen guten Grund, die vereinbarte Zeit um ein paar Minuten auszudehnen. Oder Sie können sich über die Inhalte der eben geschauten Videos oder Posts austauschen. Auf jeden Fall bringt die persönliche Durchsetzung der Regel Ihre Haltung zum Ausdruck und bestätigt Ihrem Kind, dass Sie immer noch dahinterstehen. Außerdem ermöglichen Sie es durch Ihre Anwesenheit, immer mal wieder über die Regeln zu diskutieren und sie gegebenenfalls anzupassen.
Idealerweise sollte Ihr Kind sich am Ende einer vereinbarten Nutzungsdauer selbst vom Spiel bzw. Smartphone lösen und es abgeben. Das fördert seine Autonomie und ist wirkungsvoller als ein automatisches Abschalten oder zwangsweises „Entreißen“ durch die Eltern.
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