HERBSTBLATT Isolde Kakoschky HERBSTBLATT Roman
Impressum Impressum Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar. Print-ISBN:978-3-96752-051-4 E-Book-ISBN: 978-3-96752-551-9 Copyright (2019) XOXO Verlag Umschlaggestaltung: Grit Richter Coverbild: ISKA Buchsatz: Alfons Th. Seeboth Hergestellt in Bremen, Germany (EU) XOXO Verlag ein IMPRINT der EISERMANN MEDIA GMBH Gröpelinger Heerstr. 149 28237 Bremen
Gewidmet Gewidmet Den ausdrücklich namentlich erwähnten Musikern von ILLUMINATE
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Epilog
Isolde Kakoschky
Quellenverzeichnis:
Isolde Kakoschky
HERBSTBLATT
Roman
Impressum
Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
http://www.d-nb.deabrufbar.
Print-ISBN:978-3-96752-051-4
E-Book-ISBN: 978-3-96752-551-9
Copyright (2019) XOXO Verlag
Umschlaggestaltung: Grit Richter
Coverbild: ISKA
Buchsatz: Alfons Th. Seeboth
Hergestellt in Bremen, Germany (EU)
XOXO Verlag
ein IMPRINT der EISERMANN MEDIA GMBH
Gröpelinger Heerstr. 149
28237 Bremen
Gewidmet
Den ausdrücklich namentlich erwähnten Musikern von ILLUMINATE
1.
Und die Scheiben, sie sind blind So blind, dass sich die Seele sehnt
Dem Tod ganz nah, ganz nah zu sein
Mit letzter Kraft zog Cosima die Autotür hinter sich zu. Nur weg hier, weiter konnte sie nichts mehr denken. Ihre zitternden Finger bekamen kaum den Schlüssel ins Zündschloss, während sie sich mit der linken Hand die Tränen aus den Augen wischte. Mechanisch legte sie den Gang ein und fuhr los. »Mich siehst Du nicht wieder!« sagte sie leise zu sich selbst. Ihre Wut und Enttäuschung übertrug sich aufs Gaspedal. Mit überhöhter Geschwindigkeit raste sie aus dem Ort. In ein paar Kilometern stand ein dicker Baum, an dem wollte sie diesen Qualen ein Ende setzen. Endlich nicht mehr leiden müssen, nie wieder so traurig sein, nie wieder … Sollte er doch sehen, wie es ohne sie war! Sollte er sich doch einen anderen Abtreter suchen!
Immer wieder musste sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischen, sonst hätte sie die Straße nicht mehr erkannt. Na ja, nicht mehr weit, dann würde es zu Ende sein. Die Straße ging einen ganz leichten Anstieg hinauf, ehe sie zur nächsten Stadt hinab führte. Genau auf der Anhöhe der Baum, der sollte es sein. Bedachtsam lenkte sie nach links und löste ihren Sicherheitsgurt. Nichts wäre schlimmer, als wenn es schief ginge und sie überleben würde, vielleicht als Krüppel. Sie trat das Gaspedal weiter durch und atmete tief ein und aus.
Gleich … In diesem Moment erschrak sie! Selten
kam ihr auf dieser Straße jemand entgegen, doch nun tauchte da aus dem Nichts ein anderes Auto auf, genau auf ihrer Spur, denn sie fuhr ja schon auf der Gegenfahrbahn. In wenigen Augenblicken würde es schrecklich knallen, das drang wie ein Blitz durch ihre Gedanken. Ja, sie wollte sterben. Doch die Menschen in dem anderen Auto nicht!
Die Entscheidung kam keine Sekunde zu spät. Cosima riss das Lenkrad nach rechts, ein Blick streifte das Auto, das in diesem Moment an ihr vorbei fuhr und durchdringend hupte. Ihr Wagen schoss über die Straße, sie versuchte gegen zu lenken, doch die Räder kamen von der Fahrbahn ab. Nur mit Mühe hielt sie das Lenkrad fest. Mit schlingernden Bewegungen brachte sie das Fahrzeug wieder auf die Straße. Vorsichtig bremste sie ab und hielt am Straßenrand. Sie rieb sich die Augen und schniefte durch die Nase. Wo war nur das blöde Taschentuch? In der Seitentür steckte noch eine Serviette, die musste es erst mal auch tun. Sie ließ den Kopf in die Hände sinken und lehnte so minutenlang am Lenkrad. Was war das nur gewesen? Sie lebte noch. Aber wie sollte es weiter gehen? Wer konnte ihr nur helfen? Der Mensch, den sie am meisten liebte, war nicht mehr für sie da.
Sie blickte auf, in die Richtung des nächsten Ortes und fuhr langsam wieder los. Zum Friedhof wollte sie fahren, zu den Gräbern Ihrer Eltern.
Cosima öffnete das eiserne Tor. Kein einziges Auto stand außer ihrem auf dem Parkplatz. Es dämmerte schon, schließlich war Herbst und es wurde früher dunkel. Langsamen Schrittes ging sie zum Grab ihrer Mutter. Sie hatten einige Jahre den üblichen Zickenkrieg zwischen Mutter und Tochter gehabt, doch als die Mutter tödlich verunglückte, da verstanden sie sich wieder sehr gut. Das hatte ihr immer geholfen in der Bewältigung ihrer Trauer. Und doch hätte sie noch so gerne mit ihrer Mutter gesprochen. Jetzt kniete sie vor dem Grab und weinte.
»Mutti, was soll ich nur tun? Wie soll ich das nur überstehen?« stellte sie die Fragen, auf die sie keine Antwort fand.
»Ich glaube, Du würdest mich verstehen. Ich habe Dich mal gesehen, da ging ich noch zur Schule, wie Du einen Kollegen geküsst hast! Kann es sein, dass Du einmal etwas erlebt hast,
wie ich? Hättest Du mir raten können? Was kam danach?« Ihre Tränen tropften in den Sand. Sie erhob sich und wand sich zum Gehen.
Elf Sterbejahre später und damit ein paar Grabreihen weiter war das Grab ihres Vaters. Sie hatte ihn sehr geliebt, ohne wenn und aber. Als er an Krebs erkrankte, hatte sie zuerst gehofft, er möge gesund werden und dann, er möge nicht leiden. Es war sehr schnell gegangen vor einem Jahr.
»Ach Vati«, fing sie an zu erzählen, »wenn Du wüsstest, was alles passiert ist im letzten Jahr.«
Er hatte Robert gekannt, mit ihm hätte sie darüber sprechen können. Doch als der Vati noch lebte, da war noch alles ganz anders gewesen. Da war Robert noch ihr Chef gewesen und sonst nichts. Aber war dem Vati nicht auch mal seine Sekretärin etwas mehr gewesen …?
Plötzlich war ihr, als säuselte eine Stimme durch die Kronen der alten Bäume. Sie drehte den Kopf, um besser hören zu können und glaubte es ganz deutlich zu vernehmen:
»Erzähle es mir, lass es raus, meine Tochter. Es wird Dir helfen!« Sie lauschte noch einen Moment, doch nun war wieder tiefe Stille. Nur ab und zu fiel ein Blatt vom Baum.
»Es ist spät heute, Vati. Ich komme morgen wieder, dann werde ich es Dir erzählen. Ich werde lieber gehen, sonst schließt mich noch jemand ein, es ist ja schon völlig dunkel.« Cosima küsste die Rosenblüte, die sie ein paar Tage vorher in die Vase gestellt hatte, und ging den Weg zurück. Am Grab ihrer Mutter machte sie noch mal kurz halt.
»Bis morgen, Mutti!« Noch vor einer Stunde hatte es für sie kein Morgen mehr geben sollen.
Cosima stieg ins Auto und fuhr nach Hause. Als sie an der Stelle des Beinahe‐Unfalls entlang kam, hätte sie schwören können, dass sie trotz der Dunkelheit die Spuren noch sehen konnte.
In ihrer Wohnung verließ sie jede Kraft. Völlig erschöpft fiel sie ins Bett. Albträume geisterten durch ihren Schlaf. Gesichter, die zu Fratzen
wurden, Autos, die sie wütend angriffen, sprechende Bäume, die sie mit ihren Ästen festhielten und zwischen allem immer wieder Robert. Sie wollte auf ihn zu laufen, doch ein unüberwindlicher Graben tat sich auf, der mit jedem Schritt, den sie machte, noch tiefer und breiter wurde. Schweißgebadet wachte sie auf. Die erste Dämmerung zeigte sich am Horizont. Es hatte keinen Sinn, noch mal zu versuchen, weiter zu schlafen, obwohl Feiertag war. So ließ sie sich Badewasser in die Wanne laufen, goss einen großen Becher duftendes Schaumbad dazu und nahm ein ausgiebiges Bad. In der Zwischenzeit lief der Kaffee durch die Maschine und als sie im Bademantel mit der Kaffeetasse auf dem Sofa saß, kamen die Lebensgeister langsam zurück.
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