Aber der Alte grummelte weiter, schimpfte und fluchte wie in seinen besten Tagen und wunderte sich nur, daß es inzwischen so ausgesprochen ruhig geworden war.
Da hörte er Gelächter, erst zaghaft, dann immer lauter, und schließlich brüllten Carberry, Smoky und ein paar andere vor Lachen und hielten sich die Bäuche.
Old O’Flynn sah sich ernüchtert um. Die Holländer lagen wie hingemähtes Getreide auf den Planken, und jene, die noch bei Bewußtsein waren, wagten nicht, sich zu rühren.
Genaugenommen sah das Schiff aus wie zuvor, nur daß die drei anderen Kerle ebenfalls flach lagen.
„Was gibt es da bloß zu lachen, ihr lausigen Kanalratten?“ wetterte der Alte. „Glaubt ihr etwa, ich sehe solcher Heimtücke gelassen zu, ihr verwanzten Trolle! Da nahm ich solche Kerle ganz allein auseinander, und der Rest der Mannschaft hockte da, und ließ sich nicht mal beim Essen stören. Die wußten, daß Donegal das schafft, und haben sogar ihr Nickerchen gehalten, während ich die anderen rasierte.“
Selbst der Seewolf lachte. Die Schlacht war geschlagen, und er klopfte dem Alten begeistert auf den Rücken.
„Niemand hat über dich gelacht, Donegal“, sagte er ehrlich. „Wir lachten nur über deine Ausdrücke und das entsetzte Gesicht dieses Piraten. Du hast wie der Leibhaftige gewütet.“
„Ich kann solche Heimtücke nicht ausstehen“, brummte Donegal verärgerte. „Diese hinterhältigen Lausekerle gehören gedengelt und gedachtelt wie alte Sensen, und das habe ich auch getan.“
Old O’Flynn war so in seinem Element, daß er lebhaft bedauerte, keinen gehfähigen Gegner mehr zu sehen.
„Lumpenpack“, sagte Hasard grimmig und zog Kruger an den restlichen Lappen seines Hemdes von den Planken. Der Kapitän war wieder bei Bewußtsein und blutete aus mehreren Wunden.
„Lumpenpack“, wiederholte er. „Ihr und ehrliche Kaufleute! Schnapphähne seid ihr, marodes Gesindel, und ich wette um mein sauberes Schiff, daß ihr euch mit den Türken angelegt und dabei den Kürzeren gezogen habt. Ist es so?“ schrie er den Mann an.
„Ja, so war es, Sir“, ächzte Kruger. „Wir griffen zu einer List, wir wollten euch nicht töten.“
„Erzähl das des Teufels Großmutter, du Strauchdieb.“
Der Kutscher, der sich ebenfalls mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit und Ausdauer am Kampf beteiligt hatte, deutete auf die auf den Planken liegenden Kerle.
„Sollen wir die verarzten, Sir?“
„Bist du verrückt?“ fragte Hasard grob. „Hier hört meine verdammte Humanitätsduselei aber endgültig auf. Die Kerle sollen sich gegenseitig mit dem Degen operieren oder Salz in ihre Wunden streuen, mir ist das egal. Wir überlassen sie ihrem Schicksal. Und wer sich von euch Bastarden noch einmal rührt oder nur schief das Maul verzieht, der wird den Tag seiner Geburt einschließlich seiner Eltern verfluchen.“
Die schwer angeschlagenen Piraten verhielten sich mucksmäuschenstill, denn sie hatten diese Teufel kämpfen sehen, und von denen waren nur ein paar geringfügig verletzt.
Nur Henk Krugers Augen wurden plötzlich rund und groß, während er daran dachte, daß sie noch nie in ihrem Leben so schnell untergegangen waren.
„Jetzt weiß ich, wer Ihr seid“, sagte er erschauernd und spürte, wie ihm eine Gänsehaut über den Rücken rann. „Ihr seid jener Killigrew, den man den Seewolf nennt. Ogottogott, auf was haben wir uns da nur eingelassen!“
„Das hättest du Rübenschwein dir früher überlegen müssen“, fuhr ihn Carberry an. „Und jetzt segelt zum Teufel, ihr Kakerlaken!“
Kruger entschuldigte sich wortreich, aber der Seewolf wollte nichts mehr hören. Dann jedoch blickte er den Kerl noch einmal an und entsann sich, daß er selbst ja auch schon zu ähnlichen Listen gegriffen hatte, um Spanier zu überrumpeln.
Konnte er dem Holländer den Trick verübeln, wenn der hier mit seiner zerschossenen Galeone trieb?
Eigentlich nicht, dachte er, aber das war jetzt nicht mehr wichtig. Sie hatten ihre Herausforderung mit zwei Toten bezahlt, und das würde ihnen reichen, denn sie fuhren ohnehin stark unterbemannt und waren jetzt nur noch zwanzig oder einundzwanzig.
Als Hasard sich wortlos abwenden wollte, erklang von der „Isabella“ ein Ruf aus dem Mars von Bill.
„Ein Dutzend Schiffe!“ brüllte er laut. „Sie haben Kurs auf uns!“
Henk Kruger schloß sekundenlang die Augen.
„Mein Gott“, sagte er gepreßt und starrte auf die blutenden Striemen auf seiner Brust. „Das sind die Türken, und bei denen haben wir noch was offen. Die geben uns jetzt den Rest, und keiner von uns wird es überleben.“
„Wir schon“, sagte der Seewolf kalt, „denn wir segeln jetzt munter weiter. Seht zu, wie ihr mit den Kerlen fertig werdet!“
Aber da meldete sich wieder sein verdammter innerer Schweinehund der ihn ganz vorsichtig fragte, ob er die Schnapphähne wirklich ihrem Schicksal überlassen wolle. Die Türken würden sie mit Genuß umbringen, einen nach dem anderen, und es würde ein verdammt grausamer Tod werden.
Etwas Ähnliches las Hasard auch in den Augen des Profos, der anschließend verlegen zu Boden blickte.
„Ja, ich weiß schon“, murmelte er düster. „Jetzt können wir diesen lausigen Galgenvögeln auch noch helfen. Eine verrückte Welt ist das, eine elend verrückte!“
Das Dutzend türkischer Schiffe segelte auf. Sie hatten die Explosion und das Knallen der Pistolen gehört, und sie hatten ihren entwischten Gegner wieder entdeckt.
Gleich würde es hier ein Gemetzel geben, gegen das die Schlägerei eben nur ein harmloses Tänzchen war.
Eine Entscheidung mußte getroffen werden.
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