III,6 Der Wohlfahrtsausschuss
St. Just drängt auf BeschleunigungSt. Just berichtet über ein weiteres Verhör Dantons, unzufrieden mit der Passivität Robespierres fordert er die rasche Beseitigung ihres Gegners. Als ihm der Befreiungsversuch Dillons bekannt wird, fordert er die Verschärfung und Beschleunigung des Verfahrens. In Abwesenheit von St. Just planen Barère, Billaud-Varenne und Collot d’Herbois, die sich als mindestens so lasterhaft wie die Dantonisten erweisen, die Beseitigung Robespierres. Allein zurückgeblieben, schlägt Barère abschließend jedoch selbstkritische Töne an.
Lacroix, Danton, Philippeau und Camille sind sich ihres Endes sicher und tauschen ihre Gedanken über den nahenden Gedanken an JulieTod aus. Danton fürchtet vor allem, ohne Julie sterben zu müssen. Er ist nicht bereit zu sterben und gibt sich kämpferisch.
III,8 Beschleunigung des Verfahrens
Die nun offiziell bekannten Verschwörungspläne Dillons beschleunigen das Verfahren erheblich, weil damit eine Sonderkommission des Tribunals überflüssig wird. Die Angeklagten müssen nicht angehört werden.
In Unkenntnis über die Gefangenenverschwörung und die hiermit verbundenen Konsequenzen fordert Danton die Einberufung der Sonderkommission und greift seine Gegner scharf an, worauf dann allerdings die soeben nach Bekanntwerden der Pläne Dillons beschlossene verschärfte Prozessordnung dekretiert wird. Danton steigert darauf seine Angriffe noch weiter, das Publikum ist begeistert. Camille macht sich Sorgen um Lucile, die der Bestechung des Volkes beschuldigt wird.
III,10 Urteil durch das Volk
Die Menge vor dem Justizpalast spricht sich anfangs ebenfalls für Danton aus. Hinweise auf den sozialen Aufstieg der Dantonisten seit der Revolution und ein Leben in Luxus bringen die Stimmungsumschwung im VolkStimmung jedoch zum Kippen, alle fordern auf einmal den Kopf Dantons.
IV Tod
IV,1 Zynismus der Guillotine
Dumas, einer der Präsidenten des Revolutionstribunals, will selbstsüchtig seine Frau Im Schatten der Guillotinehinrichten lassen.
Julie lässt Danton ihren Entschluss zum Selbstmord im Falle seines Todes ausrichten.
IV,3 Die Nacht vor der Hinrichtung
Die Gefangenen tauschen ihre Gedanken und (Alp-)Träume vor dem sicheren Tod aus, Danton will das noch nicht ganz wahrhaben. Er und Camille denken an ihre Frauen Julie und Lucile.
IV,4 Vor der Fahrt zur Guillotine
Vor dem Transport der Delinquenten scherzen die Fuhrleute derb. Luciles WahnsinnLucile erscheint im Wahnsinn unter dem Fenster der Gefangenen, ihr Mann erkennt und ruft sie.
IV,5 Letztes Gespräch der Dantonisten
Danton tröstet einen Freund im Gefängnis, Camille denkt vor allem an Lucile. Ein letztes Mal tauschen die Gefangenen ihre Gedanken zu ihrem Ende aus und formulieren noch einmal die erwarteten letzten Worte, die um den Sinn des Lebens und ihre geschichtliche Nachwirkung kreisen. Sie werden abgeholt.
Dantons Julies SelbstmordFrau nimmt sich alleine in einem Zimmer mit Gift das Leben.
Eine Mutter drängelt sich mit ihrem Kind auf einen Platz mit guter Sicht; während das Volk tanzt und die Carmagnole, ein Revolutionslied, singen, stimmen die Gefangenen, die herangebracht werden, die Marseillaise an. Dantons Tod wird nicht gezeigtDanton steigt als Letzter auf das Schafott; einen Versuch Héraults, ihn zu umarmen, verhindert der Henker.
IV,8 Lucile auf der Straße
Lucile ist auf dem Weg zum Revolutionsplatz, denkt über den Tod nach und schreit laut. Zwei Frauen, die von der Hinrichtung kommen, machen ihr den Tod Camilles bewusst.
Lucile fordert mit der Parole »Es lebe der König!« (S. 84) im Angesicht der Guillotine ihre eigene Luciles SelbstmordHinrichtung heraus.
Abb. 2: Danton auf dem Weg zur Hinrichtung, 1794. Rötelzeichnung von Pierre-Alexandre Wille
Georg Dantonist nicht nur die Titelfigur, sondern auch eindeutig die Zentrale Figur Georg Dantonzentrale Figur des Dramas. Er ist der Revolutionär, dessen geschichtliches Handeln von Büchner im Wesentlichen so geschildert wird, wie er es seinen Quellen entnehmen konnte. Inhaltlich steht er für Mäßigung und Aussöhnung der zahlreichen, oft gegensätzlichen politischen und sozialen Gruppierungen im Frankreich seiner Zeit, er selbst entstammt dem Kleinbürgertum. Der in der Pariser Bevölkerung beliebte WerdegangAnwalt förderte mit seinen Schriften den Sturz der Monarchie und wurde anschließend Justizminister. In dieser Funktion war er an der Bildung des Revolutionstribunals beteiligt. Mit Desmoulins stand er an der Spitze der indulgents (»Gemäßigte«), wie die Dantonisten im Nationalkonvent und im Wohlfahrtsausschuss auch genannt wurden. Unter seiner Verantwortung kam es zum Gewaltexzess der Septembermorde 1792, im Jahr darauf begab er sich zunehmend in Opposition zur Politik der terreur .
In der Dramenhandlung hat Danton jedoch seine aktive Zeit hinter sich. Er beobachtet und reflektiert viel, und wenn er handelt, reagiert er bloß. »Sieh« lautet bezeichnend sein erstes gesprochenes Wort, mit dem das Drama beginnt; er befindet sich mit seiner Frau » etwas weiter weg « (I,5; S. 5). Auf die Aufforderung zum Handeln durch seine Freunde angesichts der Hinrichtung der Hébertisten antwortet er stereotyp mit der Konjugation des Hilfsverbs der Futurbildung: »Ich werde, du wirst, er wird« (I,1; S. 8). Als Philippeau ihn darauf etwas naiv zum politischen Engagement auffordert, betont Danton wieder die Distanz zum GeschehenDistanz: »Das und dazwischen ist ein langes Wort, es hält uns ein wenig weit auseinander, die Strecke ist lang« (ebd.).
Danton hat den Glauben an die Wirksamkeit eines solchen Engagements verloren. Menschen vergleicht er mit Marionetten: »Puppen sind wir von unbekannten Gewalten am Draht gezogen; nichts, nichts wir selbst!« (II,5; S. 43). Dabei sieht er durchaus die Konsequenzen einer solchen PassivitätPassivität, gerade in revolutionären Zeiten, aber gibt sich zumindest so, als ob er sie bereitwillig tragen wird: »ich will lieber guillotiniert werden, als guillotinieren lassen« (II,1; S. 32). Bei Äußerungen dieser Art ist jedoch stets mit einem gehörigen Anteil Ironie und Koketterie zu rechnen, worauf Lacroix hinweist: »Und glaubt kein Wort von dem was er gesagt hat. Nichts als Faulheit!« (II,1; S. 34).
Gleichwohl bäumt sich der Revolutionär auch im Drama noch einmal auf, auch wenn seine VerteidigungsredeVerteidigungsrede vor dem Revolutionstribunal (III,4) von allen Konventionen abweicht und keine Aussicht auf Erfolg hat. Auf die formale, aber auch lächerlich unsinnige Frage nach seinem Namen antwortet er pathetisch: »Die Revolution nennt meinen Namen. Meine Wohnung ist bald im Nichts und mein Namen im Pantheon der Geschichte« (III,4; S. 57). Im Anschluss zählt er seine Verdienste um die Revolution auf und rechnet dazu selbst die Septembermorde: »Ich habe im September die junge Brut der Revolution mit den zerstückten Leibern der Aristokraten geätzt« (III,4; S. 58).
An solchen Widersprüchlichkeiten wird bereits die Affinität des Büchner’schen Danton zum NihilismusNihilismus spürbar, menschliches Handeln wird für ihn buchstäblich sinnlos. Am deutlichsten wird dies in den Szenen des Wartens auf die Hinrichtung in den beiden letzten Akten. Hier wird das Leitmotiv der Ruhe wieder aufgegriffen, das bereits im ersten Auftritt anklang; dort verglich Danton Julies Schoß mit einem Grab und dieses mit der ersehnten Ruhe (I,1; S. 5 f.). Im Gefängnis wird dies dann deutlicher und radikaler: Die Ruhe sei im »Nichts«, und dieses »Nichts hat sich ermordet, die Schöpfung ist seine Wunde, wir sind seine Blutstropfen, die Welt ist das Grab worin es fault« (III,7; S. 67). Ist alles immer gleich sinnlos, fallen Gegensätze wie Geburt und Tod in eins: »Freilich, wir bekommen das Leichentuch zur Windel. Was wird das helfen? Wir können im Grab so gut wimmern, wie in der Wiege« (IV,3; S. 73).
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