Am deutlichsten wird das bei dem Großen Zeitreise-Paradoxon. Stellen wir uns einmal vor, es gäbe eine Zeitmaschine. Dann könnte ich damit in die Vergangenheit reisen und dort, sagen wir, meinen eigenen Großvater oder Urgroßvater umbringen. Dann würde aber mein Vater nicht geboren, oder meine Mutter, und logischerweise würde auch ich selbst nicht das Licht der Welt erblicken. Wer hat dann aber die Zeitreise unternommen und seinen Großvater auf dem Gewissen? Jemand anders oder gar keiner. Wenn aber jemand anders seinen Großvater umgebracht hätte … Sie sehen, zu welch unlösbaren Widersprüchen der Gedanke mit der Zeitreise führt. Also muß die Voraussetzung falsch sein, und es kann keine Zeitreisen und keine Zeitmaschinen geben.
Aber obwohl das Große Zeitreise-Paradoxon schon seit langem bekannt ist, scheren sich die Phantastikschriftsteller keinen Deut darum und fahren fort, Zeitmaschinen und Zeitreisen in allen nur denkbaren und undenkbaren Varianten zu beschreiben. Da gibt es (natürlich nur in den phantastischen Romanen!) Zeitreisen in die Vergangenheit, in die Zukunft und in irgendwelche parallele Universen; da haben sich die Autoren Zeitmaschinen ausgedacht, mit denen man jeden Punkt des Zeitkontinuums erreichen kann, und solche, die einen begrenzten Aktionsradius haben, sagen wir ±100 Jahre, und wieder andere, mit denen man nur in bestimmte diskrete Bereiche des Zeitkontinuums oder überhaupt nur an einen bestimmten Zeitpunkt gelangen kann, und so weiter. Da gibt es Zeitinversionen, das heißt, in einem bestimmten Raumgebiet läuft die Zeit rückwärts ab, wie bei einem Film, der falsch eingelegt worden ist.
Manche Autoren bewerkstelligen das alles mit Hilfe einer Zeitmaschine, bei anderen geht es ganz ohne Hilfsmittel, einfach so. Man spaziert zum Beispiel im Jahre 1972 in der Stadt herum, ohne etwas Böses zu ahnen, plötzlich gibt es einen Knall (manche Autoren kommen sogar ohne den Knall aus!), und man steht im Jahre 1279 auf einer der damals üblichen Straßen, das heißt bis zu den Knien im Schlamm, und kommt sich ziemlich komisch vor. Und an allem ist der Autor schuld, obwohl er erst ein paar hundert Jahre später geboren wird.
Das war jetzt der eine Fall, daß der Held in die Vergangenheit reist, bzw. gereist wird. Obwohl eigentlich nicht der Held die Zeitreise gemacht hat; er lebt ja einfach weiter, während vielmehr seine Umwelt einen Zeitsprung in die Vergangenheit unternommen hat. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, daß in der Umwelt alles normal bleibt, während der Held plötzlich in seine eigene Vergangenheit zurückversetzt wird. Nehmen wir an, zum Zeitpunkt t = t1 wird er plötzlich in seine eigene Vergangenheit zurückgeworfen, zum Beispiel zu t0 = t1 − 30 min. Der Ärmste durchlebt dann die ganze Zeitspanne von t0 bis t1 ein zweites Mal und tut darin genau dasselbe, was er beim erstenmal auch schon getan hat. Und wenn er glücklich wieder den kritischen Punkt t1 erreicht hat, kann es ihm passieren, daß er wieder nach t0 zurückversetzt wird und abermals dasselbe tut, was er schon getan hat, und so weiter bis in alle Ewigkeit, während in der Außenwelt alles seinen normalen Gang geht. Ist es nicht eine schreckliche Vorstellung, immer wieder diese halbe Stunde durchleben zu müssen, während im übrigen Universum Generationen einander ablösen, die Menschheit unvorstellbare Höhen in ihrer Entwicklung erreicht und nach Millionen Jahren verlöscht, während Galaxien zu Staub zerfallen und neue entstehen? Aber zum Glück gibt es so etwas nicht, zum Glück ist das nur eine Erfindung dieser Phantastikautoren, die in einer derart unverantwortlichen Weise unter Mißachtung der Prinzipien …
t
Bekanntlich ist die Zeitmaschine so ziemlich das Absurdeste, was sich je ein Phantastikautor ausgedacht hat. Es gibt eine Menge anderer hirnverbrannter Ideen, mit denen die Phantasten ihr Geld verdienen, aber die Zeitmaschine ist der Gipfel, das Nonplusultra der Absurdität. Die Idee mit der Zeitmaschine verstößt nämlich nicht nur gegen physikalische und andere Naturgesetze, sie verstößt gegen die grundlegenden Gesetze der Logik, weil sie eine Menge innerer Widersprüche enthält.
Am deutlichsten wird das bei dem Großen Zeitreise-Paradoxon. Stellen wir uns einmal vor, es gäbe eine Zeitmaschine. Dann könnte ich damit in die Vergangenheit reisen und dort, sagen wir, meinen eigenen Großvater oder Urgroßvater umbringen. Dann würde aber mein Vater nicht geboren, oder meine Mutter, und logischerweise würde auch ich selbst nicht das Licht der Welt erblicken. Wer hat dann aber die Zeitreise unternommen und seinen Großvater auf dem Gewissen? Jemand anders oder gar keiner. Wenn aber jemand anders seinen Großvater umgebracht hätte … Sie sehen, zu welch …
(et cetera ad infinitum)
c
»Bekanntlich ist es unmöglich, die Grenze der Lichtgeschwindigkeit zu überschreiten«, sagte Professor Stock, und Professor Stein nickte beifällig, worauf Prof. Stock fortfuhr: »Das ist seit Kleinsteins Relativitätstheorie unumstößlich bewiesen und sollte jedem Physiker bekannt sein. Was sage ich – jedem Physiker? Das weiß doch jedes Schulkind auf der Retta!«
Und wieder nickte Prof. Stein zustimmend. Er nickte übrigens mit dem rechten Kopf, denn der linke schlief gerade. Zwar war Prof. Stein im Gegensatz zu den meisten Rettanern Linksköpfer, aber bei einem derart trivialen Thema brauchte er den intelligenteren Kopf natürlich nicht. Er wandte sich an Prof. Stocks Assistenten, dessen beide Köpfe vor Scham schon ganz gelbgrün waren: »Sehen Sie, wenn Sie ausländische Literatur lesen, so ist das durchaus lobenswert. Aber es geht eben nicht an, daß Sie jede hirnverbrannte Theorie auch unseren Studenten beibringen wollen. Was Sie da gelesen haben, ist doch offensichtlicher Unsinn. Sie müssen kritischer sein!«
Kain-Abel Doppelkopf, der Assistent, beruhigte sich nach Prof. Steins beschwichtigenden Worten etwas, und seine Köpfe nahmen wieder ihre normale blaugrüne Färbung an. Wenn Prof. Stein sein Chef wäre, wäre alles viel harmloser verlaufen, aber leider bestand keine Aussicht, in absehbarer Zeit von Prof. Stock wegzukommen. Der Gedanke daran machte ihm seine beiden Herzen schwer. Doch er unternahm einen letzten Versuch, sich zu rechtfertigen.
»Dieser Dr. Tscherepaschkin schreibt aber, es könnte vielleicht Teilchen geben, die jenseits der Lichtgeschwindigkeit existieren …«
»Dieser Dr. Tscherepaschkin ist ein Scharlatan!« erboste sich Prof. Stock. »Wie es scheint, muß ich Ihnen diese trivialen Dinge tatsächlich noch einmal erklären. Es ist eine Schande!«
Kain-Abel Doppelkopf wollte protestieren, aber sein Chef begann schon in irrsinnigem Tempo Formeln zu schreiben und dazu zu sprechen.
»Es gilt also
Dabei ist m die Masse eines Körpers, wenn er sich mit der Geschwindigkeit v bewegt und die sogenannte »Ruhemasse« m0 hat. c ist die Lichtgeschwindigkeit. Das ist doch wohl klar?! Je mehr wir uns der Lichtgeschwindigkeit c nähern, desto kleiner wird der Nenner des Bruches, und m wird folglich größer. Bei v = c schließlich müßte der Nenner gleich Null werden, also würde die Masse wegen m0 → ∞ unendlich groß – bei einer von Null verschiedenen Ruhemasse, versteht sich. Schon v = c ist nur möglich, wenn die Ruhemasse m0 gleich Null ist, wie es für die Photonen zutrifft.«
An dieser Stelle schlief auch der rechte Kopf von Prof. Stein ein, aber kurz darauf erwachte der linke.
Prof. Stock fuhr unbeirrt fort: »Und wenn die Masse m schon bei Lichtgeschwindigkeit unendlich groß wird, wie soll sie da diese Grenze überschreiten können? Größer als unendlich kann sie schließlich nicht werden!«
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