Langsam bückte sich der Colonel nach dem Revolver. Noch während er sich aufrichtete, spannte er den Hahn und blickte zu Cunningham. Der stand wie aus Holz geschnitzt im Gras. Blitzartig riss Rooster den Revolver hoch und drückte ab.
Cunningham warf sich zu Boden. Im Fallen feuerte er zweimal. Rooster drehte sich langsam um sich selbst und schlug lang hin.
Sie ließen bereits die Flöße ins Wasser, als Cunningham den Missouri erreichte. Bluebird sank stumm in seine Arme.
Einen halben Tag und länger brauchten sie, bis sämtliche Mitglieder des Stammes, alle Tiere und die Tipiplanen am Nordufer angekommen waren.
Zusammen mit dem greisen Mountainman nahmen Cunningham und Bluebird das letzte Floß. Von der Kavallerie bekamen sie nichts mehr zu sehen.
Am Morgen des nächsten Tages führte Kleiner Bär seinen Stamm über die kanadische Grenze. Einer neuen Zukunft entgegen...
ENDE
Poker mit dem Gnadenlosen
Western von Heinz Squarra
Der Umfang dieses Buchs entspricht 120 Taschenbuchseiten.
Hinter Johnny Wister knarrte eine Diele. Als er herumfahren wollte, bohrte sich eine Revolvermündung in seinen Rücken. Johnny hörte ein kaltes Lachen, dann krachte der Schuss. Johnny war tot, ehe er zu Boden stürzte. Eine Stiefelspitze klemmte sich unter seinen Leib und wälzte ihn herum. Die Augen Johnnys blickten glasig und gebrochen zur Decke. Der Mörder nahm
die Satteltasche des Toten an sich und verließ das Hotelzimmer …
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.
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© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Matt Wister war ein großer, breitschultriger Mann. Er hatte ein schmales, energisches Gesicht, und Tränen standen in seinen Augen, als er auf den Grabhügel und auf das schiefe Holzkreuz blickte.
„Tut mir leid, Wister“, murmelte der Marshal neben ihm. „Das war vor acht Wochen. Als wir Ihren Bruder fanden, war er mindestens zehn Stunden tot. Der Rancher, gegen den Ihr Bruder mit seinem Partner gepokert hatte, wollte Revanche. Vielleicht hätten wir ihn sonst noch später gefunden.“
„Wie viel hatten die beiden gewonnen, Marshal?“, fragte Matt.
„Achttausend Dollar, Wister. Eine Menge Geld, denke ich. Aber Maron muss gewusst haben, dass es für zwei Männer am Ende doch nicht viel ist, wenn man etwas damit anfangen will. Kennen Sie Maron?“
„Ich habe den Namen nie gehört.“
„Er hat eine Schmarre links auf der Wange, dicht neben der Nase. Und einen Goldzahn. Ich habe ihn mir genau angesehen, weil er mir nicht gefiel. Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann.“
„Haben Sie nicht versucht, ihn zu stellen?“
„Nein, Wister. Ich sagte Ihnen doch, dass bereits zehn Stunden vergangen sein mochten. Es wäre sinnlos gewesen. Wahrscheinlich nennt er sich auch längst nicht mehr Maron.“
„Wahrscheinlich.“ Matt Wister spürte die Hand des Marshals kurz auf seiner Schulter, dann hörte er, dass sich die Schritte des Mannes entfernten.
Plötzlich verklangen die Schritte.
„Wister, da ist noch etwas!“, rief der Marshal.
Matt wandte sich um.
„Da war ein Tanzmädchen hier. Lily nannte sie sich. Ich sah sie oft mit Maron zusammen. Kurz nachdem er verschwunden war, fehlte auch sie. Der Saloonkeeper sagte mir, sie würde Lily Creede heißen und wäre in einschlägigen Kreisen sehr bekannt. Vielleicht nützt Ihnen das etwas.“
„Wohin sie sich gewandt hat, wissen Sie nicht?“, rief Matt ihm zu.
„Doch“, erwiderte er. „Sie nahm die Postkutsche nach Nebraska. Sie soll ein Ticket bis Niobrara gelöst haben. Mehr weiß ich wirklich nicht, Wister.“
Das Mädchen hatte ein bleiches, von scharfen Linien durchzogenes Gesicht und dunkle Ringe unter den grünen Augen. Ihr rotes Haar schien im Lampenlicht zu brennen, und Matt Wister wusste, dass sie auf die Männer dieses rauen Landes noch immer anziehend wirkte.
„Das ist schon über ein halbes Jahr her“, sagte Lily Creede.
„Ich weiß. Es war nicht sehr einfach, Sie zu finden.“
„Sie hätten mich vermutlich nie gefunden, wenn Maron ein Gentleman wäre. Aber er ist keiner, und jetzt bin ich froh darüber.“
„Können Sie mir das nicht näher erklären?“, fragte Matt Wister und beugte sich über den Tisch.
Ein Waiter näherte sich lautlos und stellte eine Flasche auf den Tisch.
Matt gab ihm Geld und winkte ab, als der Mann in die Tasche griff. Der Waiter entfernte sich. Matt füllte die Gläser.
Das Mädchen trank ihm zu und sagte: „Vorzüglich, Matt. Sie lassen sich die Auskunft etwas kosten. Dabei hätte ich sie umsonst gegeben. Ich hasse ihn!“
Matt sah, wie sich ihr Gesicht veränderte, wie es noch schmaler und hart wurde und wie die Puderschicht auf ihren Wangen zu platzen drohte.
„Sie wussten also, wohin er sich gewandt hatte?“
„Natürlich. Wir waren doch früher schon in verschiedenen Städten zusammen gewesen. Eine Zeitlang fuhren wir zusammen immer weiter, und einmal kamen wir durch ein Tal, das ihn faszinierte. Am Big Sioux River, Matt. In der Nähe der kleinen Stadt Watertown.“
„Sie waren dort?“
„Ja, ich war dort. Vor zwei Monaten. Ich wollte ihm nicht mit der Tür ins Haus fallen. Aber ich kam ihm trotzdem ungelegen. Er hatte ein hübsches Mädchen kennengelernt. Eins von anderer Art. Sie verstehen?“
„Ja.“
Lily zuckte die Schultern und lächelte. Sie trank und fuhr fort: „Wir haben nur einmal zusammen gesprochen. Er sagte, ich sollte schleunigst verschwinden und nur nicht auf dumme Gedanken kommen. Er würde mich dann zu finden wissen. Er nennt sich Alan Troger.“
Matt trank einen Schluck. Der Whisky war warm und schmeckte ihm nicht.
„Und das haben Sie gemacht?“, fragte er halb feststellend.
„Ja, Matt, das habe ich gemacht. Mir waren inzwischen Zweifel gekommen. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, dass das Leben auf einer Ranch dem entsprach, was ich mir früher darunter vorgestellt hatte. Und dann war da noch etwas. Ich hatte auch Ihren Bruder gekannt. Ehrlich gesagt, er hat mir sogar gefallen. Er war nur zu jung, zu wild und unbelehrbar. Ich wusste, dass er nicht lange leben würde, und deshalb hörte ich mir nicht an, was er mir sagen wollte. Vielleicht war das der Hauptgrund, dass ich wieder fortging, denn immer, wenn ich Maron anschaute, musste ich an den hinterhältigen Mord denken.“
„Ehrlich gesagt, ich verstehe Sie nicht, Lily“, bekannte Matt.
Das Mädchen trank das Glas aus und stellte es hart auf den Tisch zurück.
„Sie meinen, weil ich nicht nach Kansas ging und dem Marshal in Abilene erzählte, was ich herausgefunden hatte?“
„Ja.“
Sie beugte sich so weit vor, dass ihr Gesicht dem seinen sehr nahe war und er ihren Atem spürte.
„Vielleicht verstehen Sie mich besser, wenn ich Ihnen sage, dass ich in Dodge City meinen Sohn von einer alten Frau großziehen lasse, und dass der Vater dieses Jungen einmal Alan Maron hieß!“
Sie lehnte sich zurück. Ihr Gesicht sah nun so weiß aus, dass Matt peinlich berührt war.
„Ach so“, murmelte er und blickte auf die Tischplatte.
„Ich konnte den Vater meines Sohnes nicht dem Henker überliefern“, sagte die Frau leise. „Irgendwann hätte ich es ihm vielleicht erklären müssen. Alan wusste, dass ich das nicht kann. Ich war ihm überhaupt nur des Jungen wegen gefolgt.“
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