Christian Köberl • Alwin Schönberger
Asteroiden und Meteoriten:
Tödliche Gefahr und Wiege des Lebens
EINLEITUNG
Von Asteroiden, Kratern und Katastrophen: Was Sie in diesem Buch erwartet. Ein kleiner Reiseführer durch die Welt der Meteoriten, die manchmal auch ihr charmantes Antlitz zeigen.
WENN GOTT MIT STEINEN WIRFT
Zu allen Zeiten beobachteten die Menschen furchterregende Feuerbälle am Firmament und Felsbrocken, die wie aus dem Nichts herabstürzten – und sahen darin Zeichen für den Zorn der Götter. Die Gelehrten stritten darüber, ob tatsächlich außerirdische Materie die Erde treffen kann.
DAS VERSTECKSPIEL DER KRATER
Können wirklich gigantische Felsbrocken aus dem All die Erde treffen und kilometergroße Löcher reißen? Lange zweifelten die Experten vehement daran. Doch dann opferte ein Mann sein Leben der Erforschung eines Meteoriteneinschlages.
TAGEBUCH EINER KATASTROPHE
Was geschieht im Detail, wenn ein Meteorit die Erde trifft? Wie entsteht eigentlich ein Krater? Und woran erkennt man, dass ein außerirdischer Felsbrocken die Ursache dafür ist? Eine kleine Impaktkunde.
BOMBENSTIMMUNG
Die Geschichte des Sonnensystems ist eine Geschichte dramatischer Kollisionen. Seit der Stunde Null herrscht unentwegt Massenkarambolage. Warum wir ohne Zusammenstöße gar nicht existieren könnten – und weshalb Meteoriten der älteste und wichtigste Baustoff unserer Welt sind.
DER SCHATZ IM KRATERSEE
Wie kann man nach Millionen von Jahren rekonstruieren, was sich im Moment eines Meteoriteneinschlags abgespielt hat? Mit modernster Analysetechnik bei der Untersuchung von Kratern. Dabei lassen sich Forscher auf Abenteuer in den Tropen oder in arktischen Eiswüsten ein - und stoßen manchmal an ihre Grenzen.
DER WELTENBRAND
Was geschieht, wenn ein Monster-Asteroid die Erde trifft? In einem Fall kennen wir die Folgen: Ein Geschoss, größer als der Mount Everest, ließ den Planeten erzittern und verursachte ein globales Massensterben. Über den Tag, an dem der Dino-Killer einschlug.
SCHOCKTHERAPIE
Meteoriten haben auch ihre freundlichen Seiten: Sie können komfortable Behausungen für die Tierwelt schaffen und wertvolle Rohstoffe wie Gold und Erdöl produzieren. Haben Einschläge sogar das Leben auf die Erde gebracht?
DER NOTFALLPLAN
Können wir uns wehren, wenn ein Asteroid Kurs auf die Erde nimmt? Haben wir eine Chance, die Katastrophe abzuwenden? Ja, wir können uns retten. Allerdings wäre es sinnvoll, den Ernstfall bald zu üben.
ANMERKUNGEN
LITERATUR
EINLEITUNG
Von Asteroiden, Kratern und Katastrophen: Was Sie in diesem Buch erwartet. Ein kleiner Reiseführer durch die Welt der Meteoriten, die manchmal auch ihr charmantes Antlitz zeigen.
Meteoriten haben durchaus ihre freundlichen Seiten. Diese offenbaren sich vorzugsweise dann, wenn sich Hersteller erlesener Gaumenfreuden von Geschossen aus dem Weltall inspirieren lassen. Wer in der malerischen deutschen Kleinstadt Nördlingen zu Gast ist, kann seinen Besuch mit einem Schluck Gin der Marke „Krater Noster“ krönen, am besten nach dem Genuss eines gepflegten Glases Kraterbier, Geschmacksrichtung „riesisch herb“. Die Bezeichnung ist eine Anspielung auf die Region, in der die Getränke kredenzt werden: das Nördlinger Ries, eine annähernd runde und fast 25 Kilometer durchmessende Senke in Bayern.
Was sich hier vor 15 Millionen Jahren abspielte, unterstreicht eindrucksvoll die weniger gemütlichen Seiten von Meteoriten. Damals war die Gegend Schauplatz einer Naturkatastrophe, die jede menschliche Vorstellungskraft sprengt. Ein Asteroid von zirka einem Kilometer Durchmesser krachte mit der Wucht tausender Atombomben herab, hinterließ Verwüstungen in katastrophalen Dimensionen, löschte alles Leben in weitem Umkreis aus und riss einen Krater, der heute als Nördlinger Ries bekannt ist – und den Menschen aus Deutschland oder Österreich sogar leicht besichtigen können. Die Reise zahlt sich allemal aus: Ein Kratermuseum informiert multimedial über das Inferno, das sich hier zutrug, Lehrpfade führen an Plätze, die davon zeugen, wie der Crash Gestein zerrüttete und zermalmte, als wäre es aus Pappe. Vereinzelt steht man vor mächtigen Felsen, die durch den Einschlag des außerirdischen Brockens kilometerweit durch die Landschaft geschleudert wurden wie Kieselsteinchen.
Immer wieder wurde unser Planet aus dem Kosmos bombardiert, genau wie alle anderen Himmelskörper unseres Sonnensystems, ob Merkur, Mars oder Mond. Doch während letztere von gut sichtbaren Narben übersät sind und buchstäblich Kraterlandschaften darstellen, sind Überreste des Hagels aus dem All auf der Erde viel schwerer zu entdecken. Knapp 200 Einschlags- oder Impaktkrater rund um den Globus ließen sich bislang nachweisen. Das Aufspüren dieser Strukturen bedeutete eine enorme Herausforderung, weil Wetter, Erosion und Vegetation an den Kratern nagen, sie allmählich zersetzen, abtragen und überwuchern. Aus diesem Grund hielten Gelehrte es lange Zeit für unwahrscheinlich, dass die Erde überhaupt je zur Zielscheibe für Asteroiden oder Kometen werden könnte. So verblüffend es klingt: Die Erkenntnis, dass Meteoriten – so heißen Asteroiden, sobald sie den Erdboden berühren – auf unserem Planeten gewaltige, manchmal hunderte Kilometer große Krater schlagen, ist erstaunlich jung. Und sie ist mit der tragischen Geschichte eines hartnäckigen, geradezu starrköpfigen Pioniers verbunden, der wir uns im ersten Teil dieses Buches ausführlich widmen werden.
Heute wissen wir dank intensiver Forschung, dass unser Planet von Anbeginn vor rund viereinhalb Milliarden Jahren regelmäßig durchs All sausenden Asteroiden in die Quere kam – jener urtümlichen Materie, die quasi Bauschutt aus der Konstruktionsphase des Sonnensystems ist und deren Analyse spannende Einblicke in die Frühzeit der Himmelskörper bietet sowie ein Fenster in eine ferne Vergangenheit öffnet. Für Wissenschaftler sind Asteroiden, Meteoriten und Krater deshalb faszinierende Studienobjekte, die viel über die Rätsel des Universums verraten.
Den meisten Menschen sind diese Brocken aus Gestein oder Metall jedoch vor allem als tödliche Gefahr geläufig. Und tatsächlich bedarf es keiner Hollywood-Blockbuster, um ein Bedrohungsszenario heraufzubeschwören. Was uns Actionfilme mit allen Mitteln der Kinokunst vor Augen führen, geschah in der Realität unzählige Male: in Südafrika und Kanada vor ungefähr zwei Milliarden Jahren, in Mexiko vor 66 Millionen Jahren. Dort ging der wohl berühmteste Asteroid der Geschichte nieder: jener Himmelskörper, der die Dinosaurier vernichtete – und mit ihnen die Mehrzahl aller damals die Erde bevölkernden Spezies. Dieser Einschlag demonstriert auf drastische Weise, was Meteoritentreffer anrichten können: Die Erde bebte, Tsunamis brachen los, Wälder rund um den Globus standen in Flammen, Ruß und andere Substanzen verdunkelten die Sonne, die Temperaturen fielen. Es wurde finster und kalt auf dem Planeten, das Klima spielte verrückt, die Nahrungskette kollabierte, die Tiere verendeten. Es folgte ein Massenaussterben.
Die große Frage lautet natürlich: Kann es wieder passieren? Die Antwort ist ebenso eindeutig wie beunruhigend: Es kann nicht nur neuerlich geschehen, es wird geschehen. Ungewiss ist lediglich: Wann wird es sich zutragen, und wie verheerend werden die Konsequenzen sein? Wir wissen es nicht, doch ohne Zweifel sind wir von kosmischen Geschossen förmlich umzingelt. Dank sorgfältiger Überwachung des Himmels mit modernen Instrumenten kennen wir zurzeit rund 17.000 erdnahe Objekte: Asteroiden verschiedenster Größen, deren Bahnen immer wieder bedenklich nahe an unseren Planeten heranreichen – und sich theoretisch eines Tages mit jener der Erde kreuzen könnten, was eine Kollision bedeuten würde. Mit anderen Worten: Da draußen im All, in unmittelbarer Nachbarschaft, flitzt eine unüberschaubare Zahl von Gesteinsbrocken umher, es herrscht ein dichtes Gedränge von Asteroiden, die unseren Planeten einhüllen wie eine Wolke.
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