Da steht am Fuße eines Weinberges in Untereisenheim ein buntes Haus mit wenigen geraden Linien. Staunen ist angesagt. Vom Hausherrn erfährt man die Geschichte: Zuerst stand die Idee, ein Haus zu bauen, so farbenfroh und unkonventionell wie Hundertwasser. 1999 begann die Planung. Leider verstarb der Künstler im Februar 2000. Die Gestaltung des »Weinparadieses« wurde von einem Architekten weitergeführt und vollendet, der mit Friedensreich Hundertwasser schon gemeinsame Projekte realisiert hatte. 2003 war dann der Lebenstraum des Winzers in Erfüllung gegangen. Allerdings darf das Haus nicht den offiziellen Titel eines Hundertwasserhauses führen, steht also auch nicht auf der Werkliste von Hundertwasser. Der Weinbauer bemerkt, dass es vielleicht ganz gut war. So hat er zumindest ebene und barrierefreie Böden eingezogen, damit er mit dem Sackkarren seine Weinkisten problemlos transportieren kann. Solche praktischen Erwägungen hätten vermutlich nicht in das Originalkonzept von Hundertwasser gepasst.
Das Weingut Hirn fällt auf. Kunstwerke stehen im Garten, lustige Geschöpfe, und man ist froh gestimmt, wenn man das Weingut betritt. Eine Abbildung des Hauses ziert auch jedes Etikett der Flaschen einer der zehn Rebsorten, die das Weingut Hirn im Angebot hat.
Man überlegt unwillkürlich. Will der Hirn durch seine Architektur auffallen oder durch seine Weine? Das Haus fällt zweifelsohne auf – aber auch die Weine. Fast jeder 0,75-Liter-Flaschenwein des Winzers wurde bislang mit einer Medaille ausgezeichnet. Zudem hat er den Ehrenpreis des Landkreises Würzburg für herausragende Leistungen bei der Fränkischen Weinprämierung erhalten. Ich habe bei ihm einen Spätburgunder trocken getrunken und war begeistert.
»Fortschritt ist Rückschritt, und der Rückschritt wird zum Fortschritt«, sagt Friedensreich Hundertwasser. Was er damit wohl gemeint hat?
Man kann sich im Weingut Hirn nicht nur am Wein laben, sondern auch übernachten, wenn man für die Rückfahrt zu erschöpft ist.
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Weingut Hirn
Dipbacher Straße 8
97247 Untereisenheim
09386 388
www.weingut-hirn.de
12 Bierbrauer im Weintrinker-Land
Volkach: Privatbrauerei Friedrich Düll in Krautheim
Krautheim liegt mitten im Weinland, gehört zur Wein-Stadt Volkach – doch hier wird Bier gebraut. Es mag am Wein-Land liegen, dass es in Unterfranken nicht so viele Brauereien gibt. Und dennoch wird natürlich auch hier Bier getrunken – und wenn es auch nur gegen den Durst ist.
Der Ort ist mehr als 1.100 Jahre alt, aber die Brauerei gibt es »erst« seit 1654. Heute ist sie im Besitz der Familie Düll – in der fünften Generation. Zur Brauerei gehört eine eigene Mälzerei, in der die fränkische Gerste nach strengen Qualitätsrichtlinien vermälzt wird. Der Herstellungsprozess vom Acker bis zur Abfüllung wird lückenlos verfolgt. Regionalität ist das Erfolgsrezept: Sämtliches Getreide stammt von den Landwirten aus der Region, auch die Hefe ist selbstgemacht. Zur Verwendung kommen ausschließlich Brauwasser aus eigenen Brunnen, Malz aus eigener Herstellung und Doldenhopfen. Alles sozusagen selbst »gewachsen und gemacht«. Kurzum: Das Bier wird unter strikter Einhaltung des Reinheitsgebotes gebraut.
Wie es schon die Vorfahren bewerkstelligten, werden die Biere im Gärkeller kalt vergoren. Später kommen sie in den Lagerkeller. Das Bier hat Zeit. In großen Kellern, zwischen null und zwei Grad, lagert es mindestens acht Wochen. So reift das Bier und sein Geschmack. Auch wenn diese lange Lagerung zeit- und kostenaufwendig ist, besteht der Brauer darauf. So schmeckt das Bier besser.
Das stärkste Produkt ist ein dunkler Doppelbock. Dunkel, deutlicher Geschmack nach Malz, dennoch mild und ausgewogen. Feines Karamellaroma, der Hopfen ist hinter dem Malz nur schwach zu schmecken. Zu 100 Prozent aus dunklem Malz hergestellt. Und richtig kräftig mit 7,8 Prozent Alkoholgehalt und 18,5 Prozent Stammwürze. Er wird aber nur zu bestimmten Zeiten hergestellt. Dann strömen die Volkacher in die Brauerei, um ihren dunklen Doppelbock abzuholen. Wohl bekomm’s.
Es gibt einen idyllischen Biergarten, der bei schönem Wetter gut besucht ist. Der Verzehr von mitgebrachten Speisen ist ausdrücklich erwünscht – das Bier kommt aus dem Fass.
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Privatbrauerei Friedrich Düll
Landstraße 4–8
97332 Volkach-Krautheim
09381 71089410
www.krautheimer.com
13 Auferstehung über den Weinbergen
Volkach: Wallfahrtskirche Maria im Weingarten
Sie liegt mitten im Weinberg, wie der Name schon sagt, und war bis ins 15. Jahrhundert Pfarrkirche von Volkach, damals noch dem heiligen Bartholomäus geweiht. Erst als Volkach im 15. Jahrhundert Stadt wurde, baute man im Tal eine neue Kirche und nahm auch den Bartholomäus mit.
Bereits im 14. Jahrhundert begannen die ersten Marienwallfahrten. Immer mehr Menschen schlossen sich den Prozessionen an. Auch wenn man heute die Kirche besucht, kommen die meisten Menschen aus einem Grund: Sie möchten das Bildnis Maria im Rosenkranz im Chorbogen bestaunen. Es stammt von keinem geringeren als Tilman Riemenschneider (1521). Dieses Kunstwerk ist natürlich begeisternd, wenngleich die Kirche selbst etwas barocklastig ist.
Es könnte jedoch auch sein, dass jemand wegen des Altargemäldes zur Kirche im Weinberg kommt. Manche Besucher verstörte das Altarbild jedoch auch. Viele vermuteten, dass das Bild noch nicht fertig ist. Ein provisorischer Platzhalter für ein späteres »echtes« Bild. Nein, alles ist so gewollt, wie es sich präsentiert.
Jürgen Lenssen schuf dieses Altarbild 2002. Man kann behaupten, dass es zurückhaltend ist und somit stark kontrastiert zu den farblich dominanten Glasbildern und auch gegenüber der Rosenkranzmadonna. Das Altarbild ist ein Auferstehungsbild. Eine Auferstehung kann keine intensive Farblichkeit aufweisen, meint der Künstler. Die weiße, glänzende Christusgestalt ist nur in Schemen zu erkennen. Geht er oder kommt er? Aus seiner Hand fließen sieben rote Farbpunkte, entsprechend den sieben Sakramenten. Das ist kein Bild für eine schnelle Besichtigung. Die Besucher bemerken, dass sie sich der Aussage stellen müssen und das bedeutet: stehen, beobachten, staunen, Zeit investieren. So finde ich, dass mich dieses Altarbild mahnt, Zeit einzusetzen, um den auferstehenden Christus ein klein bisschen zu begreifen.
Zur Wallfahrtskirche führte früher von Volkach aus ein Kreuzweg. Heute ist er verkürzt: Er beginnt beim Parkplatz unterhalb des Hügels. Der Weg führt mitten durch die Rebhänge, früher als Weingarten bezeichnet, und geht in einen Weinlehrpfad über.
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Wallfahrtskirche Maria im Weingarten
Kirchbergweg
97332 Volkach
www.pg-mainschleife.de
Die Kirche liegt auf dem Volkacher Kirchberg, mitten in den Weinbergen.
14 Der Wein für Philosophen
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