Schweinfurt: Schrotturm
Man kann ihn nicht übersehen. Seit fast 400 Jahren prägt der Schrotturm die südliche Altstadt. Es ist ein markanter Anblick. Steht er nicht sogar ein bisschen schief?
Erbauen ließ ihn Balthasar Rüffer III. als Treppenturm eines Renaissance-Hauses (1611–1614). Eine Provokation sollte die dreifache Kuppelhaube damals sein: Sie sollte vom katholisch geprägten Umland abgrenzen, die politische und religiöse Eigenständigkeit der Freien Reichsstadt demonstrieren. Das ist jedoch Vergangenheit. Die Kuppelhaube wurde ersetzt durch einen eher kegelartigen Dachabschluss.
Wichtig war insbesondere eine Nutzungsänderung im 19. Jahrhundert. Der Turm diente zur Herstellung von Schrotkugeln. Die Geschäftsidee war einfach und simpel: Wie stellt man Schrot her? »… man verfertigt dasselbe, indem man geschmolzenes Bley von einer Höhe von 150 Fuß herabfallen lässt, welches während des Falls eine vortreffliche runde Form bekommt, und im Wasser aufgefangen wird.« So Johann Georg Krünitz in seiner Ökonomisch-technologischen Enzyklopädie.
Der Unternehmer und Schroterfinder Johann Christian Voit brauchte nun einen Ort, an dem er die Schrotkugeln fertigen konnte. Dazu stockte er 1818 den ursprünglichen Rüfferturm, so bis dahin sein Name, auf fünf Etagen auf. Mit dem Schweinfurter Schrot war Voit wirtschaftlicher Erfolg beschieden, die Fabrik bestand bis 1912. Damit hatte der Turm jedenfalls einen neuen Namen bekommen.
Doch das Gebäude zeigt sich heute etwas anders als zu Zeiten der Schrotfabrik: Nur der Südflügel, ein Teil des Nordflügels sowie der Turm bestehen noch. Allerdings sind diese umfassend restauriert und erfüllen ihren Zweck als Bürgerhäuser.
Der Schrotturm ist dennoch ein sehenswerter Blickfang und zugleich ein malerisches Schmankerl mitten in der Innenstadt.
Besichtigung während der Bürozeiten der Rückert-Gesellschaft im Schrotturm ( www.schweinfurtfuehrer.de/vereine/kulturvereine, 09721 25377).
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Schrotturm
Zugang von der Rosengasse
97421 Schweinfurt
Tourist-Information Schweinfurt 360°
Rathaus
Markt 1
97421 Schweinfurt
09721 513600
www.tourismus.schweinfurt.de
6 Ein Schwimmbad als Kunsthalle
Schweinfurt: Kunsthalle
Schweinfurt ist stolz auf seine Industrie und auf die Persönlichkeiten, die sie erschaffen haben. Diese haben der Stadt auch mancherlei hinterlassen, die Stadt die Denkmäler gerne in Anspruch genommen. Das Museum Georg Schäfer zum Beispiel oder das Schweinfurter Volks- und Hallenschwimmbad, ein Geburtstagsgeschenk des Industriellen Ernst Sachs an die Stadt. Es wurde 1933 fertig gestellt, ein Bau mit intensiver Symbolik. Der repräsentative Vorplatz und die Baukomposition sollten Übergang zu den neuen Baugebieten im Westen der Stadt sein. Aber nichts ist für die Ewigkeit. Im Krieg zerstört, geschlossen, wiedereröffnet, von der Bevölkerung nicht mehr so richtig angenommen.
Wenn man nicht weiterweiß, muss Kunst helfen. 2003 entschied sich der Stadtrat für die Umnutzung als neues Domizil für die städtische Galerie. Das Hallenbad mit seiner Architektur ist die Hülle für die neue Kunsthalle. Die Raumelemente aus der Bade-Epoche sind noch vorhanden. Der Innenhof ist frei zugänglich. Helle Wände und Decken, eine durchgängige Lichtführung unterstreichen die Architektur. Der massive Steinboden betont die Bodenständigkeit.
Heute ist es ein Zentrum für die Kunst der klassischen Moderne bis hin zur Gegenwartskunst, ein kultureller Kontrast zum Museum Georg Schäfer auf der anderen Seite der Stadt. Wir finden eine Sammlung der deutschen Kunst nach 1945 und die Sammlung Joseph Hierling mit Werken des Expressiven Realismus aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Die beiden Sammlungen passen gut zueinander. Darüber hinaus hat man auch Platz für repräsentative Sonderausstellungen. Die Kunsthalle hat sich gemausert, Ansehen weit über Mainfranken hinaus gewonnen. Das ist wichtig für eine Stadt, die sich kulturell einen Namen machen will. Durchaus gelungen. Besuch zu empfehlen.
Seit 1984 gibt es in Schweinfurt eine Galerie für zeitgenössische Kunst. Im Mai 2009 konnte die neue Kunsthalle im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad bezogen werden.
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Kunsthalle Schweinfurt im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad
Rüfferstraße 4
97421 Schweinfurt
09721 514721
www.kunsthalle-schweinfurt.de
7 Zur Orientierung und zur Meditation
Werneck: Bildstockweg ab Egenhausen
Sie stehen selbstverständlich wie ein Baum auf der Erde – und fallen nur flüchtig auf. Wir Franken sagen Bildstock dazu, in Österreich und Bayern nennt man sie auch Marterl oder Marter, Wegstock oder Kreuz und die Schweizer sagen dazu Helgenstöckli.
Die Bildstöcke sind Abbild der Volksfrömmigkeit. Sie markieren Wege, aber bieten auch Anstoß zur Meditation. Meist haben Menschen sie gestiftet, die damit etwas Besonderes ausdrücken wollten: Sie sind ein Symbol für Dankbarkeit angesichts überstandener Gefahren oder Seuchen oder Erinnerung an Unglücksfälle oder Personen. Gefertigt aus Holz, Stein oder Mauerwerk sind sie in ihrer Form sehr vielfältig.
An manchen Orten häufen sie sich. Dann wird ein Museum eingerichtet oder ein Wanderweg von Bildstock zu Bildstock installiert. In der Alten Schule von Egenhausen – einem Ortsteil des Marktes Werneck – befindet sich das Herzstück des Fränkischen Bildstockzentrums. Auf fast 1.000 Quadratmetern kann man sich aufklären lassen über die Kulturgeschichte dieser christlichen Wegmarken: anschaulich, unterhaltsam, interaktiv und multimedial. Aber erleben und verstehen lassen sie sich am besten an ihren originalen Standorten, in den Dörfern und Fluren der fränkischen Landschaft. Das Fränkische Bildstockzentrum hat daher Rundwanderwege ausgewiesen. Sie beginnen alle in Egenhausen und erschließen den Bildstockreichtum der Region. Auf zur Wanderung.
Ein häufiges Motiv ist »Maria mit dem Kind«, in Stein und Holz gleichermaßen. Vielfach werden auch Heilige dargestellt. Manche Bildstöcke sind im Laufe der Zeit zu kleinen Kapellen geworden. Doch auch ohne Erweiterung sind die meisten sehr schön anzusehen und Spannung und Erwartung gleichermaßen begleiten den Wanderer. Zeit sollte man sich lassen, schlicht Landschaft und Sonne in Ruhe genießen, an den Bildstöcken verweilen.
In Egenhausen befindet sich ein Informations- und Kompetenzzentrum für Bildstöcke. Hier gibt es Kartenmaterial über die Bildstöcke im Oberen Werntal und eine Datenbank.
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Bildstockweg
Startpunkt: Fränkisches Bildstockzentrum Egenhausen
St.-Johannes-Straße 73
97440 Werneck-Egenhausen
09722 2262
www.bildstockzentrum.de
8 Vom Kloster zum Bauernhof
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