Mineralische/flexible Dichtungsschlämme {Dichtungsschlämme}
Mineralische Dichtungsschlämme (MDS) sind zementgebunden und deshalb unempfindlich gegen mit Feuchtigkeit gesättigte Untergründe. MDS sind kaum rissüberbrückend. Deshalb werden an den Untergrund bezüglich der Rissbreitenbeschränkung hohe Anforderungen gestellt. Das Material „mineralische Dichtungsschlämme“ ist in der DIN 18195-2 verankert. Ihre Anwendung ist in der Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen von Bauteilen mit mineralischen Dichtungsschlämmen (1. Ausgabe vom Mai 2002) umfassend beschrieben. MDS werden häufig als Abdichtung gegen rückwertige Feuchtigkeitsbelastungen in Kombination mit anderen Abdichtungsmaterialien eingesetzt.
Flexible Dichtungsschlämme (FDS) sind eine spezielle Form der Dichtungsschlämme, welche durch die Zugabe von Kunststoffen flexibler werden. Für den Einsatz und die Verarbeitung sind die Empfehlungen in der Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen mit flexiblen Dichtungsschlämmen (2. Ausgabe vom April 2006) zu beachten. Die FDS haben gegenüber den mineralischen Dichtungsschlämmen eine höhere Möglichkeit der Rissüberbrückung und können somit auch in Kombination mit diesen eingesetzt werden.
Flüssigkunststoffe {Flüssigkunststoffe}
Flüssigkunststoffe (auf der Basis von PMMA, UP und PUR) werden in erster Linie für die Abdichtung in Kombination mit Fliesen und Platten, für die Abdichtung von Dächern, Balkonen und Terrassen sowie für die Detailausbildung angewendet. Seit Jahren haben sich die Flüssigkunststoffe in der Praxis für diese Gebiete bewährt. Zur Detailabdichtung schwieriger bzw. unregelmäßiger Untergründe (Durchdringungen der Abdichtungsebene) werden sie zudem mit sonst verwendeten Abdichtungsmaterialien (z. B. Kunststoff- und Bitumenbahnen) kombiniert. Besonders die Anschlüsse der nachträglichen Bauwerksabdichtung an in die Gebäudehülle eingesetzte Bauteile, wie Eingangstüren, Terrassentüren und Terrassenfenster, werden oft mit Abdichtungen aus Flüssigkunststoff ausgeführt.
Für die Anwendung von Flüssigkunststoffen sind die Anforderungen in den Merkblättern bzw. den Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller einzuhalten. Zudem sollten die verwendeten Produkte über ein gültiges allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) oder eine europäische technische Zulassung verfügen. So regelt z. B. die ETAG 022 die europäische technische Zulassung von Flüssigkunststoffen. Gemäß Definition sind dort jedoch keine Einzel-komponenten eines Abdichtungssystems vorgesehen, sondern die Abdichtung als zusammen-gefügtes System (kit). In jedem Fall sollte die Anwendung von Flüssigkunststoffen jedoch gemäß dem abP bzw. den Herstellerrichtlinien erfolgen.
Die Abdichtung von Details mit Flüssigkunststoffen ist weder im erdberührenden Bereich noch bei der Abdichtung auf Flachdächern, Balkonen und Terrassen ein „Allheilmittel“, aber eine sinnvolle Ergänzung der Abdichtungsmaßnahmen. Die Hinweise im Leitfaden für die Planung und Ausführung von Abdichtungen von Dächern, Balkonen und Terrassen mit Flüssigkunststoffen nach ETAG 005 des Verbands Deutsche Bauchemie e.V. können sinngemäß auch für die nachträgliche Bauwerksabdichtung von Gebäuden im erdberührenden Bereich angewendet werden.
Die Vorgaben zur Notwendigkeit des Einlegens einer Verstärkungseinlage bzw. zur Schichtdicke usw. sind in jedem Fall einzuhalten. Die Hersteller der verwendeten Abdichtungsmaterialien müssen die Verträglichkeit zwischen verschiedenen Materialien bestätigen und die zu wählende Schichtenfolge festlegen (dies gilt insbesondere auch bei Flachdachabdichtungen).
Schutzmaßnahmen und Schutzschichten
Alle verarbeiteten Abdichtungsmaterialien sind durch die Anordnung von Schutzschichten vor mechanischen Beschädigungen zu schützen. Besondere Bedeutung kommt den Schutzmaßnahmen während der Ausführung der Abdichtungsschicht zu. In dieser Phase sind flüssig verarbeitete Abdichtungsstoffe meist noch pastös und somit sehr empfindlich gegen auftretende schädigende Einwirkungen, wie z. B. Niederschlag, Frost usw..
Schutzmaßnahmen während der Bauzeit
Einzusetzende Schutzmaßnahmen bzw. das Anbringen von Schutzschichten für nachträgliche Bauwerksabdichtungen sind im WTA-Merkblatt 4-6-14/D unter Punkt 4.6 beschrieben.
Schutzmaßnahmen {Bauwerksabdichtung, Schutzmaßnahmen} während der Bauzeit sind vorzusehen, um die nachträgliche Bauwerksabdichtung bis zur Fertigstellung der Sanierungsmaßnahme vor Beschädigung bzw. schädlichen Einflüssen zu schützen.
Die Schutzmaßnahmen bestehen im Wesentlichen aus der
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Abdeckung des Applikationsbereiches und dem |
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Wärme-/Regenschutz während der Applikation. |
Schutzschichten nach Fertigstellung der Abdichtung
Die aufgebrachten Schutzschichten {Bauwerksabdichtung, Schutzschichten} müssen die Abdichtungsschicht dauerhaft vor schädigenden Einflüssen schützen. Dabei dürfen keine Belastungen auf die Abdichtungsebene übertragen werden. Die Schutzschichten dürfen sich nicht in die Abdichtung eindrücken. Das fachgerechte Aufbringen der Schutzlage auf die Abdichtung darf erst nach vollständiger Durchtrocknung der Abdichtung erfolgen.
Schutzschichten werden auf fertiggestellte nachträgliche Bauwerksabdichtungen aufgebracht, um diese vor mechanischen Beschädigungen z. B. beim Verfüllen des Arbeitsraums zu schützen und das anfallende Wasser sicher in den Untergrund abzuleiten. Diese Schutzwirkung kann erreicht werden durch:
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Aufbringen einer Perimeterdämmung (Die Verklebung der Dämmplatten auf der trockenen Abdichtung muss gemäß der anstehenden Wasserbelastung erfolgen.) |
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Anordnung einer Schutzschicht auf der fertiggestellten Abdichtung (Drainageplatten mit integrierter Gleitschicht, Vliese bzw. Wirrgelegebahnen mit integrierten Gleitschichten) |
Die auf die Abdichtung aufgebrachten Schutzschichten dürfen keine Kräfte in die Bauwerksabdichtung einleiten.
Übergänge zwischen Abdichtungsstoffen und Anschluss an in die Gebäudehülle eingebauten Bauteile
Besonders im Sockelbereich bzw. beim Anschluss der Abdichtungsebene an Bauelemente (Fenster, Terrassentüren bzw. Eingangstüren) sind die Übergänge der Abdichtungsmaterialien fachgerecht zu planen und auszuführen. Die verwendeten Abdichtungsstoffe müssen untereinander kompatibel sein.
Bei Entscheidungen zur Überarbeitung einer Eindichtungsebene mit einem neuen Abdichtungsmittel sollte der Rat der technischen Abteilung des Herstellers eingeholt werden.
Hinweis zur Anwendung von Regelwerken
Die Regelwerke stellen allgemein gültige Empfehlungen zur Anwendung von Materialien auf der Basis der Verarbeitungsvorschriften der Produkthersteller dar. Deshalb sind eine konkrete Planung auf Basis einer umfassenden Bauwerksanalyse und eine damit verbundene objektbezogene Anwendung der Regelwerke besonders wichtig. Bei den in den Regelwerken vorhandenen Skizzen handelt es sich um „Prinzipskizzen“, welche für den jeweiligen Anwendungs-fall anzupassen sind.
Literaturempfehlungen
Oswald, R. (Hrsg.): Aachener Bausachverständigentage 2012. Gebäude und Gelände – Problemfeld Gebäudesockel und Außenanlagen. Springer Vieweg, Wiesbaden 2013
Oswald, R. (Hrsg.): Aachener Bausachverständigentage 2013. Bauen und Beurteilen im Bestand. Springer Vieweg, Wiesbaden 2014
Frössel, F.: Lehrbuch der Kellerabdichtung und -sanierung. 3. Aufl., expert Verlag, Renningen 2009
Oswald, R.; Zöller, M.; Abel, R.; Oswald, M.; Wilmes, K.: Dauerhaftigkeit von Übergängen zwischen flüssigen und bahnenförmigen Abdichtungen am Beispiel genutzter und nicht genutzter Flachdächer. Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2015
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