Richard Rost - Das Ketzerdorf - In Ketten

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Augsburg, Anno Domini 1577. Das geschäftige Treiben in der großen Stadt begeistert den vierzehnjährigen Raymund nach seiner Flucht aus Leeder. Voller Tatendrang beginnt er seine Lehre zum Büchsenmacher und setzt sich zum Ziel, eine Meisterbüchse herzustellen und das Augsburger Schießfest zu gewinnen. Er ahnt nicht, dass er sich damit mächtige Feinde macht. Gleichzeitig gerät in Leeder seine Schwester Helena durch eine Intrige ins Visier des Großinquisitors Erminio vom Berg. Für beide beginnt ein Kampf ums Überleben gegen skrupellose Gegner …

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Richard Rost

Das Ketzerdorf – In Ketten

Historischer Roman aus der Zeit der Reformation

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Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Daniel Abt

Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung der Bilder von: © https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rafael_-_Retrato_de_um_Cardeal.jpgund Nielen de Klerk / shutterstock.com

ISBN 978-3-8392-6890-2

Widmung 1 und Vorbemerkung

Pia

Die Charaktere und Ereignisse dieses Romans sind fiktiv; Inquisition und »Hexen«-Verfolgung verbreiteten jedoch tatsächlich Schrecken und Leiden über Jahrhunderte, Kontinente und Weltanschauungen hinweg. Die historische Forschung zeigt, dass bislang wenige selbstkritische Stimmen bekannt sind. Bei den Dominikanern haben die Klostergemeinschaften Norddeutschlands im Jahr 2000 innerhalb ihrer Ordensprovinz klar Stellung bezogen für ihre Gegenwart und Zukunft:

»Deutsche Dominikaner waren nicht nur in die Inquisition verstrickt, sondern haben sich aktiv und umfangreich an ihr beteiligt. Historisch gesichert ist die Mitwirkung an bischöflichen Inquisitionen und an der römischen Inquisition. Unabhängig von den vielleicht manchmal nachvollziehbaren historischen Gründen für die Mitwirkung erkennen wir heute die verheerenden Folgen dieses Tuns unserer Brüder. Wir empfinden dies als ein dunkles und bedrückendes Kapitel unserer Geschichte. Dies gilt in gleicher Weise für die nachgewiesene Beteiligung des deutschen Dominikaners Heinrich Institoris an der Hexenverfolgung. Durch das Verfassen des ›Hexenhammers‹ unterstützte und förderte er die menschenverachtende Praxis der Hexenverfolgung. Folter, Verstümmelung und Tötung haben unendliches Leid über zahllose Menschen gebracht; deutsche Dominikaner haben dazu, neben anderen, die Voraussetzung geschaffen. Die Geschichte dieser Opfer – namenlos und vergessen – können wir nicht ungeschehen machen. Wiedergutmachung ist unmöglich. Uns bleibt die Verpflichtung zur Erinnerung.

Wir wissen, dass der Geist von Inquisition und Hexenverfolgung – Diskriminierung, Ausgrenzung und Vernichtung Andersdenkender – auch heute latent oder offen in Kirche und Gesellschaft, unter Christen und Nicht-Christen lebendig ist. Dem entgegenzutreten und sich für eine umfassende Respektierung der Rechte aller Menschen einzusetzen, ist unsere Verpflichtung, die wir Dominikaner den Opfern von Inquisition und Hexenverfolgung schulden. Das Provinzkapitel fordert alle Brüder unserer Provinz auf, unsere dominikanische Beteiligung an Inquisition und Hexenverfolgung zum Thema in Predigt und Verkündigung zu machen.«

Widmung 2

Allen gewidmet,

die in Gottes Namen in der Kirche Gutes tun,

und den zahllosen Opfern derer, die unter dem

Deckmantel der Kirche gesündigt haben.

Dramatis Personae

Johann Otto von Gemmingen*: Dekan am Augsburger Dom, ein Suchender

Erminio vom Berg: Kardinal, gefürchteter Großinquisitor

Paschalis: Kind der Kirche, hört alles und sagt nichts

Georg Mayer alias Agricola*: Prediger, wird zum Sämann

Anna Dorn*: Herrin von Leeder, Witwe

Raymund Rehlinger*: sein Erfolg weckt Begehrlichkeiten

Helena Rehlinger*: seine »Zwillingsschwester«, geht durch ein tiefes Tal

Hans Jakob Rehlinger*: ihr Bruder, Opfer der Teuerung

Viktoria Tradel*: sein Weib, zu allem fähig

Karl:: Kutscher der Rehlinger

Hieronymus Rehlinger*: Tuchhändler, spinnt die Fäden

Jakob III. Fugger, genannt Giacomo* Herr von Babenhausen, reich und mächtig

Oktavian Honold von Emmenhausen Amtsarzt in Augsburg

Berkel Aleman: Dolmetsch am Hof des Sultans

Don Alfonso: weit gereister Gaukler, Geschichtenerzähler

Tiburtius Benzenauer*: Augsburger Büchsenschmied, protestantisch

Korbinian Greisinger: sein Obergsell, genial und gefährlich

Jos: Lehrbub aus Lauingen, Frohnatur

David Altenstetter*: Goldschmied, Alchemist, Schwenckfelder

Zacharias Geizkofler*: Reichspfennigmeister des Kaisers

Eugenio Castranova: Spion, niemand weiß, für wen

Keggelbäuerin, Mesnerin, Huetter, Theo, Linder, Schmelzerin, Halblützerin: Marianische, beten viel und denken schlecht

Els von Ettringen*: angesehene Wahrsagerin und Kräuterkundige, keine Hexe

Gerhild Maierin Schankmagd beim Semmerwirt, besitzt das zweite Gesicht

Maria:: ihre Tochter, findet das stille Glück

Andrea Balbetta: Stotterer, niemals untätig

Haseki Safiye*: italienische Prinzessin, Lieblingsfrau des Sultans Murad III.

Hanns Friedrich Hörwarth*: Landrichter in Schongau, der es allen recht machen will

Hans Semmer*: Wirt im »Sternen«, berühmt für seine Milchsuppe

Mit einem * gekennzeichnet sind historische Personen, deren Lebensläufe teilweise verwendet wurden. Alle anderen Personen sind frei erfunden und wurden nach bestem Wissen in den historischen Kontext eingearbeitet.

Ketten in der Pfarrkirche Mariä Verkündigung in Leeder (© privat)

1 Konstantinopel Frühjahr 1577 Eine bunte Versammlung von Trägern - фото 5

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Konstantinopel, Frühjahr 1577

Eine bunte Versammlung von Trägern verschiedenster Uniformen, glänzender Rüstungen und blinkender Waffen, von denen jeder glaubte, wichtiger zu sein als die anderen, lieferte sich im Diwan, dem Versammlungsraum des Sultans, ein ohrenbetäubendes Geschrei. Einmal im Jahr, zum Halbmond nach Ramadan, fand diese Zusammenkunft der Legaten und Abgesandten des Militärs, Schiffbaus, der Versorgung und des Straßenbaus statt. Es galt, die Erfolge, Verluste und Nachschubfragen des Osmanischen Reiches zu erörtern.

Der Reichswesir Sokollu Mehmed, ausgestattet mit den Insignien eines Paschas, verschaffte sich nach mehreren vergeblichen Versuchen endlich Gehör: »Ihr verehrungswürdigsten Offiziere, Befehlshaber, Kommandeure und Kapitäne. Welch große Taten habt ihr vollbracht zu Ruhm und Ehre unseres erhabenen und allmächtigen Sultans. Ihr habt das Reich vergrößert, Städte, Häfen und Meere gesichert, unseren Widersacher, den Habsburger, in die Schranken gewiesen und damit die Überlegenheit des Osmanischen Reiches demonstriert. Kaiser Rudolf II. lenkt nun seit einem halben Jahr die Geschicke des Habsburgerreiches. Er legt sein Augenmerk nicht auf die große Politik, sondern fördert die Künste, die Kultur und die Wissenschaften. An seinem Hof in Wien arbeiten die berühmtesten Mathematiker, Astronomen, Maler und Architekten. Militärische Angelegenheiten, Grenzsicherung und Waffenkammern interessieren ihn nicht. Zudem ist er mit Religionsstreitigkeiten beschäftigt, die das ganze Land in Zwist und Unruhe versetzt haben. Und so frage ich euch: Wie können wir im Reich von der Schwäche des Monarchen profitieren?«

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