Bernd Buchner - Wagners Welttheater

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Die Bayreuther Festspiele sind ein einzigartiges Phänomen: Wagner baute sich ein Opernhaus, in dem ausschließlich seine eigenen Werke aufgeführt werden, das Unternehmen ist bis heute in Familienhand, die Kartennachfrage riesig. »Hier gilt's der Kunst«, so das ›Meistersinger-Motto‹ – und doch spielte die Politik auf dem Grünen Hügel seit jeher eine tragende Rolle. Denn Wagner war ein eminent politischer Kopf, holte sich seine Opernstoffe aus dem Germanenmythos und war ein Verfechter des Antisemitismus. Bayreuth war Wagners Form von Weltpolitik. Dieses Buch analysiert die Festspielgeschichte von der Kaiserzeit bis zur frühen Bundesrepublik. Der Autor zeigt, wie der Grüne Hügel im Kaiserreich zum Sammelpunkt der völkischen Bewegung, danach zur Hochburg der Weimarer Republikfeinde und schließlich zu ›Hitlers Hoftheater‹ (Thomas Mann) wurde. Und wie in der Adenauerzeit dennoch die vermeintlich unpolitische Wiedergründung der Festspiele gelang.

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Bernd Buchner

Wagners Welttheater

Die Geschichte der Bayreuther Festspiele

zwischen Kunst und Politik

Impressum Zusätzliche Anhänge zum Buch wie ein vollständiges - фото 1

Impressum

Zusätzliche Anhänge zum Buch wie ein vollständiges Literaturverzeichnis und das Personenregister stehen

auf den Internetseiten der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft zum Download zur Verfügung:

www.wbg-wissenverbindet.dehier im Bereich Service → Downloads

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografsche Daten sind im Internet über

http://dnb.d-nb.deabrufbar.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt.

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Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen,

Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in

und Verarbeitung durch elektronische Systeme.

© 2013 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt

Die Herausgabe des Werkes wurde durch

die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.

Redaktion: Christina Kruschwitz, Berlin

Layout, Satz und Prepress: Janß GmbH, Pfungstadt

Umschlaggestaltung: Peter Lohse, Heppenheim

Umschlagabbildung: „Die Walküre“ bei den Bayreuther Festspielen 2003

© Bayreuther Festspiele/Jochen Quast/dpa

Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de

ISBN 978-3-534-25165-0

Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:

eBook (PDF): 978-3-534-72994-4

eBook (epub): 978-3-534-72995-1

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Innentitel

Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Buch

Informationen zum Autor

Impressum

Inhalt

Einleitung Die Politisierung der Kunst

Kultur und Politik

Spiegel der deutschen Geschichte

Literatur mit Lücken

Eine politische Festspielgeschichte

Kapitel 1 Richard Wagner in Bayreuth (1870–1883)

Wagner und Bismarck

Der politische Wagner: Ein Rückblick

Idee und Wirklichkeit. Auf dem Weg zum Grünen Hügel

Die Geburt der Festspiele aus dem Geiste der Bürgerlichkeit

Ökonomische Voraussetzungen. Das Pumpgenie Wagner

1876 und die Folgen

„Weltabschiedswerk“ und Weltabschied

Kapitel 2 Die schwarze Witwe (1883–1906)

Verstetigung und Kanonisierung

Der Kampf der Wagnervereine

Wilhelm, der verhinderte Schirmherr

Ideologie I: Bayreuther Kreis und neue „Regeneration“

Ideologie II: Geist und Gefolgschaft

Wagners Judenfeindschaft. Ein Rückblick

Ideologie und Hass: Antisemitismus in Bayreuth

Die „hohe Frau“: Cosima Wagner

Kapitel 3 Zwischen Wilhelminismus und Weimar (1906–1924)

Das zweite Schicksalsjahr

Ideologische und künstlerische Tendenzen in Siegfrieds Anfangszeit

Das entweihte Bühnenfestspiel. Dauerstreit um Parsifal

Krieg und Frieden

Stiftungspläne

Bayreuth statt Weimar: Kulturkampf gegen die Republik

Der Unzeitgemäße: Siegfried Wagner

Kapitel 4 Hitlers Hoftheater (1924–1945)

Hitler in Wahnfried

Bayreuthifizierung der Nazis, Nazifizierung Bayreuths

Bündisches Bayreuth

Die Festspiele im „Dritten Reich“

Die schwierige Schwiegertochter: Winifred Wagner

Ein „Roter“ in der braunen Trutzburg: Heinz Tietjen

Kraft durch Wagner. Bayreuth im Zweiten Weltkrieg

Kapitel 5 Neues Bayreuth mit alten Kameraden (1945–1966)

Neubeginn unter amerikanischer Ägide

Zwischen Idealismus und Propaganda. Winifred vor der Spruchkammer

Die nächste Generation: Wieland und Wolfgang Wagner

Der Weg zur Wiedergründung

Politisches Schweigen um das „tödliche Thema“

Kunst des Übergangs: Entrümpelung am Grünen Hügel

Ausblick Das Wagnertheater und die Welt

Die letzten fünfzig Jahre

Bayreuth zwischen Anpassung und Alternative

Anmerkungen

Abkürzungen

Siglen

Quellen und Literatur

Personenverzeichnis

Einleitung

Die Politisierung der Kunst

Am Anfang war Wagner. Ohne den Komponisten und seine Opern hätte es die Festspiele in Bayreuth naturgemäß nicht gegeben. Ohne die Festspiele wäre die Stadt in Oberfranken niemals zu einer Stätte deutscher Hochkultur von Weltrang und zum alljährlichen Mekka von Kunstfreunden aus allen Erdteilen geworden. Richard Wagner (1813–1883) ist der bisher einzige Musiker der Geschichte, der ein so riesiges Werk wie den Opernvierteiler Der Ring des Nibelungen schuf, in dem er in totalitärer Manier versuchte, „den Weltprozess als ganzen einzufangen“ (Theodor W. Adorno)1 und seinen politischen Umsturzphantasien damit eine „nachgeschobene theatrale Legitimation“ (Udo Bermbach)2 zu geben. Um diese Tetralogie präsentieren zu können, rief er eine seither fast ununterbrochen durchgeführte Veranstaltungsreihe ins Leben, die ausschließlich der „festlichen Aufführung“3 seiner eigenen Werke gewidmet ist. Er baute sich dafür in Bayreuth ein Theater, das allein zu diesem Zweck benutzt wird und ansonsten zehn Monate im Jahr leersteht. Wagner wurde zum Stammvater einer Familie, die bis heute die Fäden des Unternehmens in den Händen hält und neben dem seriösen Feuilleton regelmäßig auch die Boulevardmedien beschäftigt. Doch nicht nur deshalb sind die 1876 gegründeten Bayreuther Festspiele ein einzigartiges Phänomen. Trotz einer künstlerischen Stagnation, über die sich die Fachkritik seit längerem einig ist und die als Verlust der Hoheit in der internationalen Wagnerdeutung beschrieben wird, gilt das Festival als wirtschaftlich solide und ist beim Publikum weiterhin sehr erfolgreich. Das hat auch mit einer Verknappung des Kontingents zu tun. 2007 gingen in Bayreuth 460.500 Kartenwünsche aus 80 Ländern ein, von denen lediglich 53.900 erfüllt werden konnten.4 Die Nachfrage ist seither zwar etwas zurückgegangen, doch jeder Platz im Festspielhaus ließe sich immer noch mehr als sieben Mal verkaufen. Ist er nur dreifach überbucht wie bei Christoph Schlingensiefs umstrittenem Parsifal , der von 2004 bis 2007 gezeigt wurde, oder bleiben bei Katharina Wagners jüngster Meistersinger -Inszenierung einige wenige Plätze in den hinteren Reihen frei, ruft eine respektlos erschütterte Kulturwelt sogleich das Ende des Mythos Bayreuth aus.5

Dieser Mythos ist eng verbunden mit den spezifischen Kunstauffassungen Richard Wagners sowie mit seiner kulturpolitischen Festspielidee. In der Oper nutzte der Komponist das modernste Massenmedium, das es zu seiner Zeit gab. Die heute verbreitete Musikhäppchenkultur, bei der man sich über ein anrührend gesungenes „Nessun dorma“ freut, meist ohne zu wissen, aus welchem Werk die Arie stammt, ganz zu schweigen von ihrem Inhalt, hätte Wagner schärfstens abgelehnt. Ihm kam es neben der Emotionalisierung vor allem auf die Erziehung des Publikums an. Er hatte durchaus das berühmte Diktum des österreichischen Kaisers Joseph II. verinnerlicht, das Theater solle „zur Veredelung der Sitten und des Geschmackes der Nation beitragen“.6 Um dieses Ziel zu erreichen, strebte Wagner nach mustergültigen Aufführungen seiner Werke im Rahmen von Festspielen in der Provinz, weitab von den hektischen Kulturmetropolen mit ihrem als routiniert und verschlampt kritisierten Theaterbetrieb. Erholung und Ermüdung bilden in Bayreuth einen eigentümlichen Gegensatz: auf der einen Seite die idyllische Abgeschiedenheit des Ortes, der ideale Voraussetzungen für Kunstgenuss und Naturerlebnis zu gewährleisten scheint, auf der anderen Seite die zum Teil ausufernde Dauer der Werke. Opern wie

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