Bernd Buchner
Die Geschichte der Bayreuther Festspiele
zwischen Kunst und Politik
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© 2013 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt
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die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.
Redaktion: Christina Kruschwitz, Berlin
Layout, Satz und Prepress: Janß GmbH, Pfungstadt
Umschlaggestaltung: Peter Lohse, Heppenheim
Umschlagabbildung: „Die Walküre“ bei den Bayreuther Festspielen 2003
© Bayreuther Festspiele/Jochen Quast/dpa
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ISBN 978-3-534-25165-0
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:
eBook (PDF): 978-3-534-72994-4
eBook (epub): 978-3-534-72995-1
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Innentitel
Inhaltsverzeichnis
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Einleitung Die Politisierung der Kunst
Kultur und Politik
Spiegel der deutschen Geschichte
Literatur mit Lücken
Eine politische Festspielgeschichte
Kapitel 1 Richard Wagner in Bayreuth (1870–1883)
Wagner und Bismarck
Der politische Wagner: Ein Rückblick
Idee und Wirklichkeit. Auf dem Weg zum Grünen Hügel
Die Geburt der Festspiele aus dem Geiste der Bürgerlichkeit
Ökonomische Voraussetzungen. Das Pumpgenie Wagner
1876 und die Folgen
„Weltabschiedswerk“ und Weltabschied
Kapitel 2 Die schwarze Witwe (1883–1906)
Verstetigung und Kanonisierung
Der Kampf der Wagnervereine
Wilhelm, der verhinderte Schirmherr
Ideologie I: Bayreuther Kreis und neue „Regeneration“
Ideologie II: Geist und Gefolgschaft
Wagners Judenfeindschaft. Ein Rückblick
Ideologie und Hass: Antisemitismus in Bayreuth
Die „hohe Frau“: Cosima Wagner
Kapitel 3 Zwischen Wilhelminismus und Weimar (1906–1924)
Das zweite Schicksalsjahr
Ideologische und künstlerische Tendenzen in Siegfrieds Anfangszeit
Das entweihte Bühnenfestspiel. Dauerstreit um Parsifal
Krieg und Frieden
Stiftungspläne
Bayreuth statt Weimar: Kulturkampf gegen die Republik
Der Unzeitgemäße: Siegfried Wagner
Kapitel 4 Hitlers Hoftheater (1924–1945)
Hitler in Wahnfried
Bayreuthifizierung der Nazis, Nazifizierung Bayreuths
Bündisches Bayreuth
Die Festspiele im „Dritten Reich“
Die schwierige Schwiegertochter: Winifred Wagner
Ein „Roter“ in der braunen Trutzburg: Heinz Tietjen
Kraft durch Wagner. Bayreuth im Zweiten Weltkrieg
Kapitel 5 Neues Bayreuth mit alten Kameraden (1945–1966)
Neubeginn unter amerikanischer Ägide
Zwischen Idealismus und Propaganda. Winifred vor der Spruchkammer
Die nächste Generation: Wieland und Wolfgang Wagner
Der Weg zur Wiedergründung
Politisches Schweigen um das „tödliche Thema“
Kunst des Übergangs: Entrümpelung am Grünen Hügel
Ausblick Das Wagnertheater und die Welt
Die letzten fünfzig Jahre
Bayreuth zwischen Anpassung und Alternative
Anmerkungen
Abkürzungen
Siglen
Quellen und Literatur
Personenverzeichnis
Einleitung
Die Politisierung der Kunst
Am Anfang war Wagner. Ohne den Komponisten und seine Opern hätte es die Festspiele in Bayreuth naturgemäß nicht gegeben. Ohne die Festspiele wäre die Stadt in Oberfranken niemals zu einer Stätte deutscher Hochkultur von Weltrang und zum alljährlichen Mekka von Kunstfreunden aus allen Erdteilen geworden. Richard Wagner (1813–1883) ist der bisher einzige Musiker der Geschichte, der ein so riesiges Werk wie den Opernvierteiler Der Ring des Nibelungen schuf, in dem er in totalitärer Manier versuchte, „den Weltprozess als ganzen einzufangen“ (Theodor W. Adorno)1 und seinen politischen Umsturzphantasien damit eine „nachgeschobene theatrale Legitimation“ (Udo Bermbach)2 zu geben. Um diese Tetralogie präsentieren zu können, rief er eine seither fast ununterbrochen durchgeführte Veranstaltungsreihe ins Leben, die ausschließlich der „festlichen Aufführung“3 seiner eigenen Werke gewidmet ist. Er baute sich dafür in Bayreuth ein Theater, das allein zu diesem Zweck benutzt wird und ansonsten zehn Monate im Jahr leersteht. Wagner wurde zum Stammvater einer Familie, die bis heute die Fäden des Unternehmens in den Händen hält und neben dem seriösen Feuilleton regelmäßig auch die Boulevardmedien beschäftigt. Doch nicht nur deshalb sind die 1876 gegründeten Bayreuther Festspiele ein einzigartiges Phänomen. Trotz einer künstlerischen Stagnation, über die sich die Fachkritik seit längerem einig ist und die als Verlust der Hoheit in der internationalen Wagnerdeutung beschrieben wird, gilt das Festival als wirtschaftlich solide und ist beim Publikum weiterhin sehr erfolgreich. Das hat auch mit einer Verknappung des Kontingents zu tun. 2007 gingen in Bayreuth 460.500 Kartenwünsche aus 80 Ländern ein, von denen lediglich 53.900 erfüllt werden konnten.4 Die Nachfrage ist seither zwar etwas zurückgegangen, doch jeder Platz im Festspielhaus ließe sich immer noch mehr als sieben Mal verkaufen. Ist er nur dreifach überbucht wie bei Christoph Schlingensiefs umstrittenem Parsifal , der von 2004 bis 2007 gezeigt wurde, oder bleiben bei Katharina Wagners jüngster Meistersinger -Inszenierung einige wenige Plätze in den hinteren Reihen frei, ruft eine respektlos erschütterte Kulturwelt sogleich das Ende des Mythos Bayreuth aus.5
Dieser Mythos ist eng verbunden mit den spezifischen Kunstauffassungen Richard Wagners sowie mit seiner kulturpolitischen Festspielidee. In der Oper nutzte der Komponist das modernste Massenmedium, das es zu seiner Zeit gab. Die heute verbreitete Musikhäppchenkultur, bei der man sich über ein anrührend gesungenes „Nessun dorma“ freut, meist ohne zu wissen, aus welchem Werk die Arie stammt, ganz zu schweigen von ihrem Inhalt, hätte Wagner schärfstens abgelehnt. Ihm kam es neben der Emotionalisierung vor allem auf die Erziehung des Publikums an. Er hatte durchaus das berühmte Diktum des österreichischen Kaisers Joseph II. verinnerlicht, das Theater solle „zur Veredelung der Sitten und des Geschmackes der Nation beitragen“.6 Um dieses Ziel zu erreichen, strebte Wagner nach mustergültigen Aufführungen seiner Werke im Rahmen von Festspielen in der Provinz, weitab von den hektischen Kulturmetropolen mit ihrem als routiniert und verschlampt kritisierten Theaterbetrieb. Erholung und Ermüdung bilden in Bayreuth einen eigentümlichen Gegensatz: auf der einen Seite die idyllische Abgeschiedenheit des Ortes, der ideale Voraussetzungen für Kunstgenuss und Naturerlebnis zu gewährleisten scheint, auf der anderen Seite die zum Teil ausufernde Dauer der Werke. Opern wie
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