1 ...8 9 10 12 13 14 ...18 „Aber Riley hat auch recht“, wandte Zac ein. „Wir brauchen wenigstens einige Referenzen.“
„Ja, es kann sicher nicht schaden, etwas mehr über sie in Erfahrung zu bringen“, stimmte Riley zu, schaute dann zu Beau hinüber und fuhr fort: „Das ist ja wohl dein Ressort, oder?“
„Ja, aber vor vierzehn Uhr kann ich da nichts machen. Wir sind uns also alle einig?“
Paige und Zac nickten, aber Riley zuckte nur mit den Achseln, nickte dann ebenfalls etwas widerstrebend und wandte noch ein: „Aber ihre Unterbringung kostet uns ja dann noch zusätzlich etwas.“
„Du kannst ja die Unterkunft, die sie bei mir bekommt, noch von ihrem Lohn abziehen, wenn du unbedingt willst“, sagte Paige. „Aber das Zimmer bei mir steht ja sowieso leer, und ich kann weiß Gott ein bisschen mehr Östrogen in meiner Umgebung gebrauchen.“
Dankbar lächelte Beau Paige an und sagte: „Also gut, dann fahre ich jetzt bei dir zu Hause vorbei und rede mit ihr. Es kann sein, dass ich ein bisschen zu spät zum Gottesdienst komme.“
Eden wachte mit einem Ruck auf, blieb dann aber ganz ruhig liegen, bis sie wieder wusste, wo sie war. Ach ja, das Bett, in dem sie lag, stand im Haus von Beau Callahans Freundin. Die Morgensonne schien durch die einfarbig blauen Vorhänge auf Micahs Gesicht. Er lag neben ihr im Bett, ein Bein seitlich abgewinkelt, sein Teddy eingequetscht zwischen seinem Brustkorb und der Matratze.
Es war Sonntag, und sie wäre am liebsten in die kleine Kirche gegangen, die sie schon im Ort entdeckt hatte, und hätte sich einfach unter die Gemeindemitglieder gemischt.
Jetzt kam die Erinnerung an den vergangenen Abend zurück, und sie dachte an Beau … ein interessanter Mann. Als Webdesignerin war es ihre besondere Stärke, Websites zu gestalten, die den Charakter der jeweiligen Firma widerspiegelten. Deshalb beschrieb sie die Persönlichkeit von Menschen, die sie neu kennenlernte, gerne mit Hilfe der Farben, welche sie bei der Gestaltung von deren persönlicher Website verwendet hätte.
Eden kannte Beau zwar noch kaum, aber mit ihm brachte sie Blau in Verbindung. Blau stand bei ihr für Loyalität, Zuverlässigkeit und eine Beschützermentalität. Als Farbe für sein Selbstbewusstsein würde sie noch ein wenig Weiß mit ins Spiel bringen und eine weitere Akzentfarbe sowie vielleicht einen kleinen Schuss Gelb, um den starken Unabhängigkeitsdrang auszudrücken, den sie bei ihm vermutete.
Als es jetzt an der Tür läutete, erschrak Eden und presste sich die Bettdecke an die Brust.
Böse Menschen läuten doch nicht.
Außerdem hatte sie wirklich sehr sorgfältig ihre Spuren verwischt. Zwei Mal hatten sie das Taxi gewechselt, bevor sie den Wagen gekauft hatte, und jedes Mal hatte sie ihr Aussehen verändert, genau so, wie die Bundespolizisten Walter und Brown sie instruiert hatten. Langley würde sie hier bestimmt nicht finden.
Bitte nicht, Gott!
Wieder läutete es, und ihr wurde bewusst, dass Paige wahrscheinlich gar nicht mehr zu Hause, sondern schon auf dem Weg in die Kirche war. Sie stand also schnell, aber so leise sie konnte auf, weil sie auf keinen Fall Micah wecken wollte, tapste barfuß durch den Flur und war sich dabei bewusst, dass sie eine geliehene Yogahose und nur ein dünnes Hemd trug. Als sie durchs Wohnzimmer kam, sprang Paiges graue Katze vom Sofa und folgte ihr zur Tür.
Beim Blick durch den Spion sah sie ein bekanntes Gesicht, öffnete deshalb die Tür und verschränkte die Arme vor dem Körper, um sich vor der eisigen Luft draußen zu schützen.
„Guten Morgen“, sagte sie.
Bei Tageslicht sah Beau noch besser aus. Er war frisch rasiert, und sie bemerkte, dass er zwei kleine Kerben im Kinn hatte, so als hätte er sich geschnitten.
„Kann ich hereinkommen?“, fragte er.
Sie trat zur Seite, und ein würzig maskuliner Duft strich an ihr vorbei, als sie die Tür wieder schloss.
Er rieb sich die Hände, während die Katze um seine Beine strich, und sagte: „Heute morgen sehen Sie schon ausgeruhter aus.“
„Ich bin gerade erst vor ein paar Minuten aufgewacht“, erklärte sie, strich sich das kurze Haar hinter die Ohren und versuchte, es etwas zu ordnen, obwohl sie wusste, dass das ziemlich zwecklos war. Außerdem war es sowieso egal, wie sie aussah, denn er hatte ja eine Freundin. Wahrscheinlich tat sie ihm einfach leid, denn man brauchte keine übersinnlichen Fähigkeiten, um das Mitleid in seinem Blick zu erkennen.
Sie trat von der Tür weg und fragte sich, wieso er wohl gekommen war.
„Möchten Sie einen Kaffee?“, fragte sie, zog dann aber eine Grimasse und fuhr fort: „Aber wahrscheinlich wäre es gut, auch zu wissen, wo der Kaffee ist, wenn ich Ihnen welchen anbiete, oder?“
Er hatte ein nettes Lächeln, und die kleine Furche neben seinem linken Mundwinkel war fast ein Grübchen – aber nur fast.
„Da machen Sie sich mal keine Gedanken“, beruhigte er sie. „Ich habe gerade schon einen Kaffee gehabt. Aber zu Ihrer Information: Der Kaffee steht links von der Spüle, nur für den Fall, dass Sie jetzt erst mal eine Dosis Koffein brauchen.“
„Ich glaube, was ich noch dringender brauche, ist eine heiße Dusche“, erklärte sie.
Beau nahm die Katze vom Boden auf, die daraufhin sofort zu schnurren begann, und sagte mit einem schiefen Grinsen: „Sie haben noch gar nicht gesagt, was Sie eigentlich in unsere Stadt führt. Dass zurzeit nicht gerade Hochsaison für Touristen ist, ist Ihnen ja wahrscheinlich auch klar, oder?“
Er bemühte sich dabei zwar um einen scherzhaften Ton, aber sie wusste aus Erfahrung, wie misstrauische Fragen klangen.
„Wir sind nur auf der Durchreise, aber mein Wagen ist liegengeblieben“, antwortete sie.
Er nahm eine Krippenszene aus Keramik in die Hand, die als Weihnachtsdekoration aufgestellt war, stellte sie dann wieder hin und fragte: „Woher kommen Sie denn?“
„Aus dem Süden. Aber ich habe schon überall gelebt. Ich bin gern unterwegs und immer offen für Neues.“
Vielleicht hatte Paige ihn geschickt, um nach dem Rechten zu sehen und sich zu vergewissern, dass sie sich nicht mit ihrem Laptop oder anderen Wertsachen aus dem Staub gemacht hatte. Paige war wirklich nett zu ihnen gewesen – und Beau war es auch.
„Ich lasse für Paige eine Nachricht da, um mich zu bedanken“, sagte sie deshalb zu Beau. „Ich bin wirklich sehr dankbar für Ihre Gastfreundschaft, und die zerbrochene Scheibe ersetze ich natürlich, sobald ich …“
Aber er winkte nur ab und entgegnete: „Ach, da machen Sie sich mal keine Gedanken. Eigentlich bin ich nämlich gekommen, um Ihnen zu sagen, dass …
Als er plötzlich mitten im Satz innehielt, schaute sie ihm ins Gesicht und sah, dass er die Lippen fest zusammengepresst hatte.
Sie folgte seinem Blick zu der Reihe von Blutergüssen auf ihrem Oberarm – Resultat ihrer kleinen nächtlichen Rangelei in dem Schuppen.
„Oh nein …“, sagte er, streckte seine Hand aus und berührte mit den Fingerspitzen ganz, ganz sachte ihre Haut.
„War ich das?“, fragte er.
Die Berührung und seine belegte Stimme sorgten für Gänsehaut bei ihr, und sie entzog ihm rasch den Arm, weil sein Blick und ihre Reaktion darauf sie verlegen machten.
„Ach was … das ist doch fast nichts“, erklärte sie. „Beim Raufen mit Mi … Jack habe ich mir schon schlimmere blaue Flecken geholt.“
Doch ihre Worte änderten nichts an seiner gequälten Miene – die sie noch schlimmer fand als sein Mitleid.
„Es tut mir wirklich leid“, sagte er, woraufhin sie die Arme vorm Körper verschränkte, sodass man die blauen Flecke nicht mehr sehen konnte, und antwortete: „Ich bin sehr dankbar, dass ich einen warmen Platz zum Schlafen hatte. Paige war so nett zu uns, und sie hat uns zum Aufwärmen sogar noch eine tolle Suppe gekocht.“
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