Nicht nur der Techniker, auch der Mensch Ghega imponiert dem Museumsdirektor. »Die Sicherheit der Arbeiter war ihm sehr wichtig, zum Beispiel hat er den Beruf des Schulungsbeamten eingeführt. Mit seinesgleichen, den hohen Herren, zerstritt er sich hingegen oft.«
Noch eine Schlüsselfigur aus den Anfängen der Semmeringbahn wird in der Ausstellung gewürdigt. Der heute fast vergessene Wilhelm Freiherr von Engerth konstruierte die erste praxistaugliche Gebirgslokomotive, erst durch seine Leistung wurde die Fahrt über den Semmering möglich. »An den Techniker Engerth erinnert genau nichts«, ärgert sich Zwickl. »Selbst sein Grab in Baden wollte man schleifen. Das konnte ich verhindern. Nun pflege ich das halt auch noch.«
Ob ihm die selbstauferlegte Verantwortung nicht doch manchmal über den Kopf wachse? »Wenn ich etwas bereue, dann nur, dass ich nicht schon vor 30 Jahren hierhergezogen bin.« Er sei gekommen um zu bleiben, und zwar für immer. »Ich habe bereits veranlasst, dass meine Urne an diesem Ort versenkt wird«, erzählt Zwickl. »Ich bin der ewige Wächter der Kalten Rinne.«
Kalte-Rinne-Straße 45, 2673 Breitenstein
An den Wochenenden und an Feiertagen geöffnet, an Wochentagen wird um telefonische Voranmeldung gebeten.
• www.ghega-museum.at
Tipp
Bahnfahren für Romantiker
Der Gumpoldskirchner Tunnel auf der Südbahnstrecke zwischen Gumpoldskirchen und Pfaffstätten wurde 1841 fertiggestellt und ist der älteste Bahntunnel Österreichs. Bekannt ist er unter dem Namen »Busserltunnel«, weil die Durchfahrt durch den Katzenbühel früher so lang wie ein kurzer Kuss gedauert haben soll. Bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h und eine Länge von 165 m war es etwa für 10 Sekunden dunkel. Der Name »Busserltunnel« tauchte bereits 1857 in einem Reiseführer auf.
2Vinodukt, Payerbach
Weinseligkeit unter Schienen
Zum 150-jährigen Jubiläum der Semmeringbahn eröffneten die Payerbacher eine Weinstube in einer ungewöhnlichen Location.
Lokomotiven fahren die Decke entlang, Schienen tauchen auf den zwölf Meter hohen Wänden auf und verschwinden wieder, Landschaftsaufnahmen vom Semmering wandern im Raum umher. Passend dazu hören wir alle paar Minuten einen Zug über unseren Köpfen rattern. Dieses Geräusch ist allerdings kein Teil der Multimediashow, sondern ganz real. Treffend werben die Payerbacher mit dem Slogan »Da fährt der Zug drüber« für ihr Vinodukt.
»In nur einem halben Jahr haben wir das Projekt auf die Beine gestellt«, erzählt Peter Pasa. Er ist der Altbürgermeister der Gemeinde Payerbach, in der die Strecke hinauf zum Semmeringpass ihren steilen Anfang nimmt. Die Vinodukt-Betreiber schenken ausschließlich Wein aus den Anbauregionen entlang der Südbahn zwischen Wien und Triest aus. Im Rahmen der Verkostung läuft im ersten der beiden mit Bahn-Devotionalien dekorierten Räume ein Film über die Geschichte der Semmeringbahn. Das Ungewöhnlichste an dem kleinen Heurigen ist jedoch die Adresse, ist er doch in einem zwölf Meter hohen Gewölbe direkt in einem Viadukt untergebracht. Daher auch der Name »Vinodukt«, eine Kombination aus »Vinothek« und »Viadukt«. Mit seinen 13 Bögen ist das Schwarza-Viadukt das längste der Semmeringbahn und vermutlich weltweit das einzige, das eine Weinstube beherbergt.
Zum 150-jährigen Jubiläum der Semmeringbahn 2004 wollte sich die Gemeinde etwas Besonderes einfallen lassen. Lediglich ein halbes Jahr blieb Zeit, um eine Geburtstagsüberraschung für das Weltkulturerbe umzusetzen. Es war sozusagen höchste Eisenbahn, doch man stellte die richtigen Weichen, denn der Bürgermeister hatte eine Idee. »Wir wussten, dass es im Viadukt zwei leerstehende Räume gab, die die ÖBB nicht nutzten«, erzählt er. Carl Ritter von Ghega hatte sie einst in das Schwarza-Viadukt einarbeiten lassen. Vermutlich sollten sie im Falle eines Krieges zur Verteidigung als Sprengkammern dienen. Die Bundesbahnen überließen der Gemeinde die historischen Räumlichkeiten, die wiederum engagierte einen Architekten und einen Videokünstler für die Umsetzung des Projekts.
Multimediashow im Vinodukt.
Das Jubiläum ist schon lange vorbei, das Vinodukt ist in der Zwischenzeit ein lieb gewordener Treffpunkt für Einheimische und auch ein Ausflugsziel für Besucher geworden. Jeden Freitag ab 18.30 Uhr wird die Bahnschranke vor dem Eingang des Vinodukts hinaufgekurbelt, um zu signalisieren: »Ausg’schenkt wird!«. »Auf Anfrage öffnen wir auch jederzeit für Gruppen«, betont Pasa. In diesem Fall wird zum gewünschten Termin eine Verkostung arrangiert. Meist werden drei verschiedene Weine gereicht, dazu gibt es Nussbrot. Das ganze Jahr über hat es in dem Gewölbe rund 15 Grad, ein idealer Ort für eine gemütliche Wanderpause an Hundstagen.
im Schwarzaviadukt, 2650 Payerbach
Peter Pasa: 0660-2516160
• www.tourismus-payerbach.at
Tipp
Regionales Bier vom Feinsten
Auch Biertrinker werden in Payerbach fündig. Im Raxbräu beim Schwarzatal-Viadukt werden naturbelassene Helle und Dunkle gebraut, die weder filtriert noch pasteurisiert sind. Zwischenzeitlich überrascht Braumeister Franz Gerhofer immer wieder mit köstlichem Saisonbier. Der Gerstensaft wird in der eigenen Brauerei zu bestimmten Öffnungszeiten verkauft und ist so begehrt, dass eine telefonische Vorbestellung anzuraten ist.
• alt.tourismus-payerbach.at/attraktionen/das-raxbrau
3Schneebergbahn und Rax-Seilbahn, Rax-Schneeberg-Gebiet
Beschleunigte Gipfelsiege
Der höchstgelegene heimische Bahnhof liegt am höchsten Berg Niederösterreichs. Seit 1926 bringt die erste Seilschwebebahn Österreichs Passagiere auf die Rax.
»Wie heißt denn der Berg da vorne, der mit dem Schnee?«
»Schneeberg.« »Alles klar. Blöde Frage, blöde Antwort.«
Als sich dieser Dialog bei einem Rundflug zwischen einem Piloten und einem deutschen Touristen ereignete, flogen sie gerade über die imposante Alpenlandschaft. Obwohl Sommer, leuchteten auf dem massiven Zweitausender noch die Schneefelder. Mit 2.076 m ist der Schneeberg der höchste Gipfel Niederösterreichs, bereits seit 1897 muss man ihn nicht mehr komplett zu Fuß erklimmen. Seit mittlerweile über 120 Jahren bringt die Zahnradbahn Passagiere vom Bahnhof Puchberg am Schneeberg bis auf eine Höhe von 1.800 m. Ab 1999 sind neben den Dampflokomotiven auch die markanten Salamander-Züge im Einsatz. Seit der Eröffnung des Bergbahnhofs Hochschneeberg 2009 befindet sich hier zugleich der höchstgelegene Bahnhof Österreichs. Die Schneebergbahn fährt mehrmals täglich in der Saison die 9,8 km lange Strecke.
Bei unserer Fahrt ist der Salamander bis auf den letzten Platz besetzt. Langsam schiebt sich der auffällig grün-gelbe Zug hinauf, flankiert von dichten Nadelwäldern auf der einen und Felswänden auf der anderen Seite. Etwa 40 Minuten dauert die Fahrt mit der längsten Zahnradbahn Österreichs. Bei der vorletzten Haltestelle, der Station Baumgartner, wird eine 5-minütige Pause eingelegt. Grund sind die empfehlenswerten flaumigen Buchteln mit Powidl- oder Marillenfüllung, mit denen sich hier viele Fahrgäste (auch wir) versorgen.
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