64. Legendäre Szenelokale in Hietzing:
Café Dommayer und Casino Dommayer
65. Zu Grabe getragen und wieder auferstanden: Café Griensteidl
66. „Das Milieu der fließenden Übergänge“: Die Herrenhof-Saga
XI. Freizeitparadiese und Vergnügungsstätten
67. „Pferderennen, wie es in England und Frankreich sehr berühmt“:
Die Freudenau
68. Einst ein Ort der Wellness – heute traurige Brandruine: Die Sofiensäle
69. Der kleine Bruder des Volkspraters: Der Böhmische Prater
70. Hollywood am Laaer Berg: Das Filmteichgelände
71. Kronprinz Rudolfs Lieblingsheuriger: „Zur güldenen Waldschnepfe“
72. Badestrand der Wiener: Das Gänsehäufel
73. Von Fratschlerinnen und Bradelbratern: Der Naschmarkt
74. Schmetterlinge und Restaurantbetrieb: Das Palmenhaus
75. Denkmal der Forschungsfreude: Der Botanische Garten
XII. Verkehrsmittel einer Großstadt
76. Mit 18 km/h durch den Prater: Die Liliputbahn
77. Mit dem Schiff zum Stubentor: Der Wiener Neustädter Kanal
78. Mit der „Ruckerlbahn“ ins Gebirge: Die Kahlenbergbahn
79. Vom Stellwagen zur hypermodernen U-Bahn: Das Wiener Verkehrsnetz
80. Wege und Irrwege: Die Wiener U-Bahn
81. Um die Hektik des Alltags zu bannen:
Archäologie und Kunst in der U-Bahn
XIII. Außergewöhnliche Friedhöfe
82. Romantik des Todes: Der Friedhof St. Marx
83. Ein begrabener Friedhof: Der jüdische Friedhof Seegasse
84. „Vom Vergessen überwachsen…“: Der Währinger jüdische Friedhof
85. Von der Natur überwucherte Morbidität: Der Friedhof der Namenlosen
XIV. Museen, die es nicht in jeder Stadt gibt
86. Wo einem die Haare zu Berg stehen: Das Wiener Kriminalmuseum
87. Der letzte Weg: „… a scheene Leich …“: Das Bestattungsmuseum
XV. Denkmäler mit Geschichte und Geschichten
88. Jahrelanger Streit um ein Denkmal:
Mahnmal gegen Krieg und Faschismus
89. Ein russischer Soldat vor einem Barockpalais:
Das Denkmal der Roten Armee
90. Erinnerungen an einen Diktator: Die Stalingedenktafel
91. Denkmäler auf Wanderschaft: Ein Platz für die Ewigkeit?
XVI. Hell und dunkel
92. Einst ein mächtiges Gewässer: Der Wienfluss
93. Die Unterwelt des Harry Lime: Das Wiener Kanalsystem
94. Es werde Licht: Kommunale Beleuchtung
95. Gegenwelt zur imperialen Pracht:
Geheimgänge unter Wiens Prachtboulevard
Register

I. Von den Römern in die Neuzeit
1. Die Römer im Keller:
RÖMISCHE AUSGRABUNGEN
AM HOHEN MARKT UND
AM MICHAELERPLATZ
Sie hatten Kanalanlagen, wie sie in Wien erst wieder im 19. Jahrhundert erbaut wurden, öffentliche Badeanlagen und selbstverständlich Fußbodenheizungen, denn das Klima in der Garnison an der Donau war im Winter doch rau. Ja, römische Offiziere lebten auch in den fernen Provinzen nach einem hohen Lebensstandard.
Bei Bauarbeiten in den Jahren 1948/1949, aber auch in späteren Jahren wurden unter dem Hohen Markt Häuser von Tribunen, ranghohen Offizieren des römischen Lagers Vindobona, gefunden. Die reich ausgestatteten Häuser standen an der Lagerhauptstraße, ihre Besitzer waren die neben dem Kommandanten höchstgestellten Personen der Lagerhierarchie. Unter ihrem Kommando standen etwa 7.000 Mann einer Legion.
Diese hoch stehende Zivilisation, die sich aus den Funden – Keramikscherben, Münzen, Metallgegenstände, Mauerreste, Wandbemalungen, Steindenkmäler – rekonstruieren lässt, wurde durch die Wirren der Völkerwanderung unterbrochen. In der Vita Severini des Eugippius († nach 533), der Lebensbeschreibung des hl. Severin, der im 5. Jahrhundert an der Donau missionierte, wird recht anschaulich beschrieben, wie sich die römischen Besatzer, die wahrscheinlich schon mehrere Generationen in Vindobona ansässig waren, nach dem Süden zurückzogen. Von der keltischen Bevölkerung und allen jenen, die nicht mit den Römern mitzogen, blieben nur wenige in der Stadt zurück. Sie flohen vor den hereinbrechenden Völkermassen in abgelegene Täler.
Die Stadt selbst wurde in den kommenden Jahrhunderten als riesiger Steinbruch genutzt, die Steine der Häuser fanden in neu errichteten Bauten Verwendung. So wurden für die Vorläuferkirche des Stephansdomes einzelne Steinplatten wieder verwendet, etwa die Grabinschrift eines Soldaten der 10. Legion, wie jüngste Ausgrabungen unter dem Dom bewiesen.
Anlässlich von Bauarbeiten auf dem Michaelerplatz wurden 1990/91 neben den Fundamenten des alten Burgtheaters und barocken Kellern Reste der canabae legionis (= Vorstadt des Legionslagers) entdeckt. Man fand Werkstätten, aber auch mit Wandmalereien ausgestattete Wohnhäuser. Um Wienbesuchern einen Begriff von der römischen Vorzeit der Stadt zu geben, wurde am Michaelerplatz ein Schlitz offen gelassen (Gestaltung Hans Hollein). In diesem „Schnitt durch die Zeit“ kann man auch römische Reste sehen. In römischer Zeit war der heutige Michaelerplatz der Schnittpunkt zweier wichtiger Fernstraßen: Die eine führte von Klosterneuburg entlang des Limes (= Grenzbefestigung entlang der Donau, wörtlich Schwelle) über die römische Zivilstadt am Rennweg nach Carnuntum, die zweite aus dem Südtor des Lagers nach Süden Richtung Aquae (= Baden), das schon damals wegen seiner Schwefelquellen ein beliebter Wellnessort war.
1010 Wien,
Hoher Markt 3 und Michaelerplatz (Autobus 1 und 2)
2. Der Drache
im Hausbrunnen:
DAS BASILISKENHAUS
In einer Nische am Haus Schönlaterngasse 7, dessen Grundmauern bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen, ist eine seltsame Plastik zu sehen, darunter befindet sich eine Wandmalerei mit einer Inschrift, die in längst vergangene Zeiten zurückführt:
Im Hausbrunnen des habgierigen Bäckermeisters Martin Garhiebl sei eine Art Drache heimisch gewesen, der jeden, der in seine Nähe kam, mit seinem Gifthauch getötet habe. Wer ihn aber erblickte, der musste das Zeitliche segnen. Nur der in die Tochter des Bäckermeisters verliebte Geselle habe Rat gewusst. Er habe dem Ungeheuer einen Spiegel vorgehalten, sodass dieses vor Schreck über seine eigene Hässlichkeit zersprungen sei. Diese alte Überlieferung wurde schriftlich erstmals von Wolfgang Lazius, Humanist und Professor der medizinischen Fakultät der Wiener Universität, Mitte des 16. Jahrhunderts festgehalten.
Ein – der Legende nach – beim Graben des Hausbrunnens im Jahr 1212 aufgefundener bizarrer Gesteinsbrocken wurde als ein Teil des sagenhaften Basilisken, eine Kreuzung zwischen Hahn und Kröte, gedeutet und erhielt noch zusätzlich eine Bemalung, um das Scheusal deutlicher erkennen zu lassen.
Naturwissenschaftler des 19. Jahrhunderts wie der Geologe Eduard Suess haben den Gesteinsbrocken als Sandsteinkonglomerat und die giftigen Gase in einem Brunnen als austretendes Erdgas erklärt. Die Bezeichnung Basilisk soll auf einen Herrn Heinrich Pollitzer zurückgehen, der sich ganz bescheiden „Doktor der Weltweisheit“ nannte. Der ursprüngliche „Basilisk“ blieb nicht erhalten. Heute erinnert neben der merkwürdigen Figur, die aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammt, auch noch an der Rückseite des Hauses die Drachengasse, eine Sackgasse, die vom Fleischmarkt her führt, an diese Geschichte.
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