Als Mann charakterisiert Hans von Wedemeyer eine besondere Mischung von Zartheit und Konsequenz. War es ihm in seiner Jugend äußerst wichtig, die Wahrheit über jede Sache herauszufinden und zu verbreiten, sodass er gelegentlich die Menschen darüber vergessen konnte, wurden ihm mit zunehmendem Alter der einzelne Mensch immer wichtiger und die Erforschung dessen, was diesem im Augenblick Not tat.
Den Familienvater charakterisiert ein ausgeprochenes pädagogisches Geschick. Er ist in seinen Erziehungsgrundsätzen fordernd. Doch vermittelt er gleichzeitig allen seinen Kindern und Mitarbeitern, dass er sie bedingungslos zu lieben sucht. Sie waren gewollt, geliebt und wurden gebraucht. – So könnte man seine Einstellung der Großfamilie im Gutshaus gegenüber beschreiben. Die Lebensweise in Pätzig unterschied sich wesentlich von einer heutigen Kleinfamilie. Bei einer siebenköpfigen Kinderschar war eine Überbehütung des Einzelnen gar nicht möglich. Hinzu kam das Eingebettetsein in den Gesamtrahmen des großen Gutsbetriebes. Stille und Andacht am Morgen waren die Basis des alltäglichen Zusammenlebens. Man wurde nicht gezwungen, die Andachten zu besuchen. Doch spürte jeder sehr schnell, dass in ihnen die einende Mitte des gemeinsamen Lebens lag.
Hans von Wedemeyer gehört zu den Gründungsmitgliedern der Berneuchener Bewegung, aus der später die Michaelsbruderschaft hervorgegangen ist. Es ging ihm darum, die Nähe Gottes mitten in der Welt zu erfahren. Dankbarkeit wurde darum für ihn zum hervorragenden Lebenselement. – Genau dies versucht auch die »Offensive Junger Christen« heute als seelsorgerliche Grundhaltung auf Schloss Reichenberg vielen Teilnehmern der Seelsorge-Kurse und den jungen Erwachsenen unserer Lebensgemeinschaft mitzugeben.
Als Landwirt war Hans von Wedemeyer ein Mensch, der die Natur achtete und hegte. Selbst in seinen Briefen aus dem Krieg spricht noch seine Liebe zur Natur. Er hatte mitten in den unmenschlichen Kämpfen an der Ostfront noch Augen für die Schönheit der Schöpfung. Seine Ausführungen sind angefüllt mit Poesie.
Schließlich war er von seinem ganzen Selbstverständnis her Preuße. Er fühlte sich immer für das Gemeinwohl mitverantwortlich. Damit verbunden war die Bereitschaft, das Recht im Land weit über den eigenen Vorteil und das eigene Wohlergehen zu stellen. Hans von Wedemeyer hatte die Freiheit, furchtlos in unmittelbarem Kontakt mit Gott zu leben und bereit zu sein, diese Überzeugung zu bekennen. So schreibt es seine Frau Ruth.
Unserer Gesellschaft ist die Verantwortung des Einzelnen für andere fremd geworden. Sich durchzusetzen auf Kosten des Nächsten gilt als normal. Vor diesem Hintergrund soll das vorliegende Buch eine Hilfe zum Nachdenken und zum Umdenken werden. So empfehle ich es allen, Jungen und Alten, die als Christen Verantwortung für ihre Mitmenschen übernehmen wollen.
Ich danke der Großfamilie der »Offensive Junger Christen« in Reicheisheim im Odenwald für die Hilfe bei der Erstellung der Druckvorlage sowie besonders Gerrit Boomgaarden, Helmut Hammer, Evelyn Hoffmann, Philipp Meier, Tobias Weisflog und Michael Weyer-Menkhoff.
Schloss ReichenbergPeter Zimmerling
1965 holte mein Bruder Hans-Werner unsere Mutter zu sich in den Schwarzwald in die Stille und Geborgenheit seiner Gaststube. Er fühlte, dass sie in diesem Moment die Kraft hatte, Rückschau zu halten. So schrieb sie in wenigen Wochen ihre Lebensgeschichte mit ihrem Mann nieder. Heiße Tränen mischten sich mit großem Glücksempfinden. Sie verstand selber kaum, wie unter ihren Händen die Gestaltung dieser Erinnerungen entstand.
Ich selber war als der Jüngste nach dem Krieg lange an ihrer Seite und erlebte, wie sie bis an ihr Ende im inneren Dialog mit meinem schon 1942 gefallenen Vater war. Gerade deswegen bin ich für dieses Buch besonders dankbar, weil es, im Grunde für die Enkel geschrieben, meinen Vater und die Welt meines Herkommens schildert. Für mich, der ich jetzt kaum älter bin als Vater zum Zeitpunkt seines Todes 1942, ist diese Zeit 1918 - 1945 recht schwer zu verstehen. Das Buch regt mich an zum Dialog mit der noch lebenden Generation vor mir und insbesondere mit meinen Geschwistern, die Vater noch als Vater erlebt haben und mir noch die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus vermitteln können. Dabei fehlt allerdings meine Schwester Maria. Sie starb 1977 in Boston. Sie stand unserem Vater besonders nah. Ich vermute, dass Mutter ihr deshalb dieses Buch widmete.
So ist ein Gedanke an sie, ihre unendlich glückliche und so schmerzvoll endende Verbindung zu Dietrich Bonhoeffer, in den »Erinnerungen an die Familie« enthalten. Seine Freundschaft mit unserer Großmutter, Ruth von Kleist-Retzow, die der Verlobung vorausging, wird von meiner Schwester Ruth-Alice beschrieben, die beide besser als ich gekannt hat. Sie schreibt auch über das Engagement unserer Eltern im Entstehen der liturgischen Bewegung, an dem sie selbst beteiligt war (s. S. 250).
Die Urfassung des Buches, so, wie es meine Mutter für die Enkel geschrieben hat, wurde von Peter Zimmerling leicht bearbeitet. Das gilt auch für die Kapitelordnung und die Überschriften. Hinzugefügt wurden drei Briefe meiner Großmutter Ruth von Kleist-Retzow an Dietrich Bonhoeffer, für deren Abdruckrechte ich Konstantin von Kleist-Retzow danke, und Mutters Bericht über ihre Reise ans Sterbebett ihrer Mutter in Pommern im Oktober 1945. Mutters besonderes Verantwortungsbewusstsein ihr und dem ganzen Dorf gegenüber lässt die enormen Gefahren beiseite, sich der Vertreibung entgegen nach Osten durchzuschlagen. Sie erreicht die Mutter in der letzten Lebensstunde, wird gefangen genommen, bricht aus, findet die Pätziger Dorfbewohner, die über die Oder nach Hohenfinow ausgewiesen waren, und kehrt nach sechs Wochen zurück zu ihren teils noch kleinen Kindern.
Im Anschluss daran habe ich einen kurzen Abschnitt über das Leben meiner Mutter nach dem Zweiten Weltkrieg geschrieben.
Anmerkungen, Lebensdaten, Ahnentafeln und Orientierungskarte sind zum Verständnis und zur leichteren Lesbarkeit des Buches beigefügt.
Ich danke allen, die mir bei der Vervollständigung und Herausgabe dieses Buches geholfen haben, insbesondere meinen Geschwistern Ruth-Alice und Hans-Werner.
Peter von Wedemeyer
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