Oktober. Die Residenz des Landrats in Belgard steht fast leer, seit der Landrat nicht mehr in der Lage ist, seinen beruflichen Pflichten nachzukommen. Leidend schleppt er sich auf dem Gut umher, sitzt allein auf der Veranda und versucht, im Anblick des Waldes Trost zu finden. Weder seine Frau noch die Kinder, nicht einmal seine jüngste Tochter, können seine Leiden lindern, da die Schmerzen unerträglich geworden sind. Nach Ansicht des Arztes leidet Jürgen an einer Nierenerkrankung, die sich in ihrem weiteren Verlauf auch auf sein Gehirn auswirken wird. Die Diagnose bestätigt sich, denn mittlerweile erkennt Jürgen kaum mehr seine eigenen Kinder. Zwar hat der Arzt jede Hoffnung auf Heilung aufgegeben, aber dennoch schlägt er Ruth vor, Jürgen noch einmal in ein Sanatorium zu bringen.
Ruth ist hin- und hergerissen zwischen den Bedürfnissen ihres Mannes und ihren Mutterpflichten, letztendlich entscheidet sie sich zugunsten ihres Mannes. Der Winter steht vor der Tür und es kostet Ruth ihre gesamte Kraft, Jürgen in ein Sanatorium in den österreichischen Alpen zu bringen. Unter Mithilfe des Kutschers und des Gutsverwalters wird er in die Kutsche geladen zur Fahrt nach Belgard, wo er in ein Zugabteil, das in ein Kojenbett umgebaut worden war, getragen wird. Von da ab ist sie allein mit ihrem Patienten und versucht, ihm die Reise so bequem wie möglich zu machen. In Dresden müssen sie in einen anderen Zug umsteigen, um nach Österreich zu gelangen. Lange vor der Ankunft in Dresden verschlechtert sich Jürgens Zustand so dramatisch, dass Ruth den Entschluss fasst, nicht weiterzufahren. In Dresden angekommen, holt sie Hilfe herbei und lässt ihren sterbenden Mann in ein Hotelzimmer bringen.
November. Jürgen von Kleist verlässt diese Welt in einem ihm fremden Hotelzimmer in Dresden. Ruth kehrt mit dem Sarg ihres verstorbenen Mannes im Zug nach Kieckow zurück. Ihr ganzes Leben lang hat sie ein Übermaß an Tränen vergossen, auch wenn es manchmal gar nicht notwendig war, aber jetzt fließt keine einzige.
Der große Saal ist schwarz dekoriert, Jürgens Sarg steht bis zu seiner Bestattung in der Mitte des Raumes. Ruth, die noch kaum Todesfälle in der Familie erlebt hat, fühlt sich zunächst getröstet durch die kleineren Kinder, die, scheinbar ungestört durch den Sarg, weiterhin ihren Spielen nachgehen. Eines Nachmittags jedoch, als sie am Zimmer der Buben vorbeikommt, dringt herzerweichendes Weinen durch die geschlossene Tür. Sie betritt das Zimmer und findet den siebenjährigen Konstantin in tiefem Schmerz auf dem Boden liegend. Als sie ihn in die Arme nimmt und ihn endlich beruhigen kann, bittet der Junge sie, den Sarg zu öffnen, damit er einmal noch seinen Vater ansehen könne. Ruth muss es ihm verweigern. Nie wieder in seinem Leben wird Konstantin Tränen vergießen. Es wird gelegentlich vorkommen, dass sie ihm in die Augen treten, aber er wird so lange die Zähne zusammenbeißen, bis sie vergehen. Für einen Junker schickt es sich nicht, zu weinen.
Jürgens Schwester Elisabeth, sein Bruder Hans Anton, der Graf und die Gräfin von Zedlitz sowie Ruths Schwestern und Brüder sind mit ihren Ehepartnern in Kieckow versammelt. Elisabeth trägt Trauerkleidung und um den Hals das goldumrandete Stolbergsche Kreuz. Davon nimmt Ruth jedoch keine Notiz, ihre Trauer ist zu tief. Sie trägt das lange, schwarze Kleid, das damals für sie genäht wurde, als ihr Schwiegervater Hans Hugo starb.
Von nah und fern kommen Besucher, um an der Beerdigung teilzunehmen und um der jungen Witwe zu dem schweren Verlust ihre Anteilnahme auszusprechen, deren verstorbener Mann die Hoffnungen auf die Zukunft Preußens und des Deutschen Reiches verkörpert hatte. Die Kirche von Kieckow ist zum Bersten gefüllt, allein der Platz des Gutsherrn bleibt leer – für Ruth ein sehr schmerzhafter Hinweis, dass Jürgen nie wieder an ihrer Seite sein wird. Im Friedhof neben der Kirche war bereits ein Grab ausgehoben, nach dem Gottesdienst ordnet die Witwe jedoch an, der Sarg solle nicht auf den Friedhof, sondern in die Gruft unterhalb der Kirche neben die Särge seiner Eltern getragen werden.
Nachdem der Sarg dort abgestellt ist, bittet Ruth, allein gelassen zu werden. Mit der kleinen Ruth auf dem Arm führt sie dann ihre vier größeren Kinder die drei Stufen hinunter in die Gruft. Hans Jürgen hält Spes fest an der Hand, Maria klammert sich schutzsuchend an Konstantin. Ruth versammelt ihre Kinder rund um den Sarg und spricht Worte zu ihnen, die sie noch nicht verstehen: »Treu bis zum Tode – so war euer Vater und auch euer Großvater vor ihm. Das werden auch wir sein. So lautet mein Glaube, möge es auch der eure werden – treu bis zum Tode.«
An den darauffolgenden Tagen verabschieden sich die Freunde und Familienmitglieder nach und nach von der trauernden Familie in Kieckow. Schließlich ist nur noch Ruths Vater geblieben. Ruth, die zum ersten Mal mit ihm allein ist, wirft sich ihm in die Arme. Nun stürzen alle Tränen, die seit Jürgens Tod unterdrückt waren. »Vater, ich schaffe es nicht«, weint sie. Ohne zu zögern antwortet er: »Jetzt im Moment kannst du es nicht, mein Kind, aber du wirst es lernen.« Die beiden sprechen von der Zukunft Kieckows.
Unter den Junkern gibt es kaum Fälle, in denen Landbesitze nach dem Tod des Herrn von der Witwe weitergeführt werden. In der Familie Kleist war dies einmal bereits der Fall, als die verwitwete Mutter des ersten Hans Jürgen Mut genug hatte, Groß Tychow und Klein Krössin zu erhalten, bis ihr Sohn erwachsen war. Seither ist ihre Beherztheit immer wieder bewundert worden. Ruths Vater versichert ihr, sie sei aus dem gleichen Holz geschnitzt und könne es ebenso schaffen. Ruth erklärt sich bereit, die Herausforderung anzunehmen, auch wenn sie wenig Vertrauen in ihre Fähigkeit, ein Gut zu leiten, setzt.
Nach der Abreise des Vaters ist Ruth allein mit ihrer Trauer, ihren Kindern, dem Gutshaus, zwei Dörfern und einem großen landwirtschaftlichen Betrieb. Sobald seine Kutsche außer Sichtweite ist, geht sie an das Büfett im Speisesaal, entnimmt zwei Kerzenleuchter aus Zinn, zwei lange Kerzen, Streichhölzer und einen Feuerstein, eilt dann zu dem großen Garderobenschrank in der Eingangshalle, wählt einen Umhang mit Kapuze, zieht ihn an und verlässt leise das Haus. Die Sonne ist längst untergegangen, aber es ist noch nicht Zeit zum Abendessen. Sie läuft die Straße hinunter, nach links durch das Dorf, am Teich vorbei zur Rückseite der Kirche und steigt die drei Stufen zur Gruft hinab. Sie öffnet die Tür und betritt den dunklen, feuchten Raum. Vorsichtig tastet sie sich zum Altar, steckt die Kerzen in die Leuchter und entzündet sie mit einem Streichholz. Mehr als eine Stunde lang ist sie mit Jürgen allein, als die Hausdame in der Tür steht. »Gnädige Frau? Frau von Kleist, Ihre Kinder warten auf Sie und das Baby weint. Bitte kommen Sie zum Abendessen.«
1898, Juni. Zuversichtlich und voller Energie kommt Ruths Vater aus Großenborau in Kieckow an, bereit, die Situation des Landbesitzes mit seiner Tochter und dem Verwalter zu besprechen. Er wird in Belgard mit der Kutsche abgeholt und zum Gutshaus gebracht, wo er an der Tür von Ruth und einer Schar Kinder begrüßt wird. Dass die junge Mutter, gerade 32 Jahre alt, sogar zu Hause von Kopf bis Fuß tiefstes Schwarz trägt und ihr Gesicht mit einem schwarzen Schleier bedeckt, beunruhigt ihn. Dennoch ist es ein fröhliches Wiedersehen, als alle zusammen in der Bibliothek den Tee einnehmen. Ein Diener geleitet dann den Vater hinauf ins Gästezimmer im ersten Stock. Er öffnet gerade erst seine Tasche, als es schon an der Tür klopft. Es ist die Hausdame. »Der Herr Graf möge mich entschuldigen, ich würde ihn gerne einen Moment sprechen.« Graf Robert bittet sie einzutreten und schließt die Tür; beide bleiben stehen. »Es geht um Ihre Tochter, Frau von Kleist; es stimmt etwas nicht mit ihr. Jede Nacht ist sie unten in der Gruft und sitzt bei den Toten. Mindestens einmal die Woche beteiligt sie sogar die Kinder daran. Ich weiß, es ist nicht gut für sie, aber ich habe da keinen Einfluss. Ich wollte nur, dass Sie wissen, wie es steht. Bitte entschuldigen Sie mich, Herr Graf.«
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