„Aua. Ist das nicht zu hart? Ich meine, sie hat ja nicht absichtlich …“
„Wenn sie es einmal gemacht hat, wird sie es auch wieder tun. Loyalität und Vertraulichkeit sind in diesem Geschäft alles. Wenn du mir gegenüber nicht loyal bist, sei es der Firma gegenüber. Wenn du der Firma gegenüber nicht loyal bist, sei es dem Kunden gegenüber, und wenn aus irgendeinem abscheulichen Grund nichts davon möglich ist, dann sei wenigstens dir selbst gegenüber loyal. Sonst bist du käuflich.“
Taylor lehnte sich kopfschüttelnd zurück. Er konnte spüren, wie sie dichtmachte. An diesem Punkt kamen sie einfach nicht zusammen. Er war zu direkt. Grob. Eine Verhaltensweise, die er vor langer Zeit gelernt hatte. So überlebte er.
Wenn er irgendwas wusste vom Leben, dann, dass man Verräter absägen musste. Er hatte keine Zeit übrig für Leute, die nicht loyal waren, für die Betrüger. Sein Herz war bereits voller Narben, die ihm von Leuten wie ihnen zugefügt worden waren.
Also wenn sie irgendwie wieder zu Voss neigen sollte …
„Du hast mir mal gesagt, du könntest deine Arbeit ohne Carmen gar nicht machen. Dass sie eine Lebensretterin sei.“
„Bis sie sich als Diebin herausgestellt hat.“
„Jetzt komm aber, Jack. Echt jetzt? Bist du so perfekt, dass dir nie jemand vergeben muss?“
„Ich versuche, keine Fehler zu machen.“
„Ich dachte, du hättest Perfektion erst im Kalender stehen, wenn du fünfundvierzig bist. Oder so.“
Er bedachte sie mit einem harten Blick. „Sie hat einen Kunden verloren.“
„Ja, na gut …“ Sie wandte sich ab und starrte aufs Wasser.
Jack fühlte die Macht seines Tonfalls, es war, als hätte er sie abgeschmettert. Taylor … Anders als er war sie weich, eine Wohltat für die Augen und das Herz. Sie vertraute zu viel – Voss war das beste Beispiel dafür –, aber sie hielt an Dingen fest. Sie ergriff das Wort für die Außenseiter.
„Mach dir keine Sorgen um Carmen. Sie könnte für Alpine arbeiten, aber sie hat eine Klausel im Vertrag, die ihr zwei Jahre lang verbietet, für einen Mitbewerber zu arbeiten. Sie kennt die Regeln, Taylor. Hey, ich habe ihr vergeben. Wir haben uns in den Arm genommen. Ich habe ihr mein Taschentuch gegeben, damit sie sich die Tränen trocknen und die Nase putzen konnte. Danach habe ich sie gefeuert. Wenn ich es nicht getan hätte, hätte Hops es gemacht.“
Taylor zog die Knie zum Kinn und verankerte ihre Fersen an der Stuhlkante. „Erinnere mich dran, dass ich keine Fehler machen darf.“
„Arbeite einfach nie für mich.“ Er lachte, es sollte ein Versuch sein, sie an seine hellere Seite zu erinnern. Aber dem Wutleuchten nach, das in ihren Augen aufblitzte, bewirkte seine Antwort eher das Gegenteil.
„Willst du den AQ -Job zurück?“
„Nein, der gehört dir. Betrachte dich als Auftragnehmer.“ Er beugte sich zu ihr. „Ich habe eine Frage. Warum latscht Voss hier rein und fragt dich, ob du mit ihm nach Los Angeles gehst, während ich mit im Raum bin?“
„Das habe ich dir schon gesagt. Er ist unglaublich arrogant.“ Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich, während sie ihn eine lange Weile musterte. „Aber wäre es dir denn lieber gewesen, wenn er mich gefragt hätte, wenn du nicht mit im Raum gewesen wärst?“
„Ich kann nicht glauben, dass er dich nur für einen Auftrag will. Ich vertraue ihm nicht. Er liebt dich immer noch.“
„Was?“ Sie klang ungläubig. „Er hat nie gesagt, dass er mich liebt. Du hörst, was du hören willst. Was spielt das außerdem für eine Rolle? Ich stehe nicht auf ihn. Ich bin mit dir verheiratet.“ Sie stand auf und ging Richtung Wohnung. „Ich gehe ins Bett.“ Als sie vorbeiging, erwischte der Wind den losen Saum ihres Kragens und legte die runde Wölbung ihrer Brust bloß.
„Taylor …“ Entschuldige dich, und geh mit ihr rein . Dennoch konnte er sich nicht dazu bringen, sich zu bewegen oder sich ihren Reizen hinzugeben, seinem eigenen Verlangen, sie auf seinen Schoß zu ziehen und ihre verführerische Haut zu küssen. Sag ihr, dass du dankbar für sie bist. Liebe sie. Sein früherer Zorn verblasste zu einem Schmerz. Er liebte sie, aber er schaffte es nicht, seinen Gefühlen durch Taten Ausdruck zu verleihen.
„Früher oder später wirst du dich der Sache stellen müssen“, sagte sie und hielt im Türrahmen inne.
„Welcher Sache?“
„Diesem Geist, den du in deiner Seele mit dir herumträgst.“
Schon wieder? Sie bestand darauf, dass sein Vater ihn heimsuche. „Rise Forester lebt. Es gibt keinen Geist.“
„Es gibt den Geist dessen, was er dir angetan hat. Jeden Tag lebe ich mit seinem Schatten.“
Sie schlüpfte durch die Tür, und Jack stützte seinen Kopf in die Hände. Sein ganzer Körper schmerzte von dem Verlangen, ihr nach drinnen zu folgen.
Sie hatte recht, sein biologischer Vater verfolgte ihn. Aber er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie er ihn vertreiben sollte.
Taylor Branson war das Beste, das ihm je passiert war. Besser als die zehn Millionen Dollar, die er 105 letztes Jahr eingebracht hatte, und besser als der Bonus, den er dafür bekommen hatte.
Wenn er die Energie, die er für die Werbung aufbrachte, in seine Ehe investieren könnte, hätte er die glücklichste Ehefrau der Welt. Aber er wusste nicht, wie er ein Ehemann, wie er offen und echt sein sollte, wie er ihr sagen sollte, dass er ohne sie nicht würde atmen können, falls sie je aus seinem Leben verschwinden sollte.
TAYLOR
Taylor lag im Bett und lauschte auf die Bewegungen ihres Mannes in der Wohnung. Das rote Glimmen des digitalen Weckers auf der Eckkommode zeigte 2 Uhr morgens an.
Nachdem sie ins Bett gekrabbelt war, hatte sie sich überlegt, ob sie noch einmal auf seine Frage nach Doug eingehen sollte, aber beschlossen, es sein zu lassen. Sie wieder anzusprechen würde vielleicht wirken, als würde sie sich verteidigen. Oder es könnte ihn misstrauisch machen, als ob sie etwas vor ihm verbergen würde.
Die Wahrheit war, dass sie ihre Zeit mit Doug hasste. Bedauern lag über ihren Erinnerungen.
Sie setzte sich auf und betrachtete die Tür, während sie nach den Geräuschen horchte, die Jack in der Küche verursachte – wie er ein Sandwich machte, ein Glas Milch einschenkte, zum Sofa ging, von wo das blaue Leuchten des Fernsehers durch den Türspalt schimmerte.
Heute war sie einkaufen gewesen, hatte Schränke und den Kühlschrank gefüllt und gedacht, sie würden vielleicht zusammen essen können. Immerhin hatte er ihr gesagt, er wolle, dass sie sich um das Essen kümmerte. Aber als er nicht nach Hause gekommen war und auch ihren Anruf nicht erwidert hatte, hatte sie sich eine Schale Müsli gemacht und gearbeitet.
Das Licht des Fernsehers flackerte, als Jack die Sender wechselte. Bestimmt würde er beim Sportsender zögern und dann bei irgendeinem Heimwerkerkanal landen. Da. Sie lächelte, als sie den gedämpften Klang einer Kreissäge hörte.
Sollte sie rausgehen und mit ihm fernsehen? Ein Salamibrot klang gut. Aber wollte er vielleicht allein sein?
Eins war klar, er wollte nicht bei ihr hier im Bett sein.
Seit sechs Monaten waren sie verheiratet, waren sie da nicht noch in den verlängerten Flitterwochen? Sollten sie nicht jeden Abend nach Hause eilen, um zusammen zu sein, um sich zu lieben, sollten sie nicht Wochenendausflüge ins Hinterland oder nach New England unternehmen?
Sie ließ sich auf ihr Kissen fallen und rollte sich auf die Seite, vergrub sich unter dem dünnen Laken und Jacks Ohio-State-Kuscheldecke. Ein Roadtrip war ja der Grund, warum sie überhaupt geheiratet hatten.
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