Horst Bosetzky
Von Gontards siebenter Fall
Criminalroman
Jaron Verlag
Horst Bosetzkyalias –ky, emeritierter Soziologieprofessor, lebt in Berlin und gilt als »Denkmal der deutschen Kriminalliteratur«. Mit einer mehrteiligen Familiensaga, zeitgeschichtlichen Spannungsromanen und biographischen Romanen (wie »Turnvater Jahn«, 2014) avancierte er zu einem der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart. Im Jaron Verlag erschienen von ihm daneben zahlreiche Titel für die erfolgreichen Krimiserien »Es geschah in Berlin« (zuletzt »Auge um Auge«, 2014) und »Es geschah in Preußen« (zuletzt »Aufruhr am Alexanderplatz«, 2013).
Originalausgabe
1. Auflage 2014
© 2014 Jaron Verlag GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.
www.jaron-verlag.de
Umschlaggestaltung: Bauer+Möhring, Berlin,
unter Verwendung einer Abbildung von akg-images
Satz: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014
ISBN 978-3-95552-036-6
Inhalt
Cover
Titel Horst Bosetzky Von Gontards siebenter Fall Criminalroman Jaron Verlag
Über den Autor Horst Bosetzky alias –ky, emeritierter Soziologieprofessor, lebt in Berlin und gilt als »Denkmal der deutschen Kriminalliteratur«. Mit einer mehrteiligen Familiensaga, zeitgeschichtlichen Spannungsromanen und biographischen Romanen (wie »Turnvater Jahn«, 2014) avancierte er zu einem der erfolgreichsten Autoren der Gegenwart. Im Jaron Verlag erschienen von ihm daneben zahlreiche Titel für die erfolgreichen Krimiserien »Es geschah in Berlin« (zuletzt »Auge um Auge«, 2014) und »Es geschah in Preußen« (zuletzt »Aufruhr am Alexanderplatz«, 2013).
Impressum Originalausgabe 1. Auflage 2014 © 2014 Jaron Verlag GmbH, Berlin Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien. www.jaron-verlag.de Umschlaggestaltung: Bauer+Möhring, Berlin, unter Verwendung einer Abbildung von akg-images Satz: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin 1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2014 ISBN 978-3-95552-036-6
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Dreizehn
Vierzehn
Fünfzehn
Sechzehn
Siebzehn
Achtzehn
Neunzehn
Zwanzig
Einundzwanzig
Zweiundzwanzig
Lucusta ist eine der berühmtesten Giftmischerinnen der Geschichte. Sie lebt im Rom des ersten nachchristlichen Jahrhunderts und hat ein enges Verhältnis zur Kaiserin Agrippina. Für sie mischt Lucusta das Gift, mit dem die Kaiserin ihren Mann und Onkel, den Kaiser Claudius, umbringt. Agrippina möchte den Sohn aus ihrer ersten Ehe an die Macht bringen, einen Mann namens Nero. Allerdings steht diesem Vorhaben Neros Stiefbruder Britannicus im Wege, Sohn des Claudius und der Valeria Messalina. Nero fürchtet, dass Britannicus wegen seiner edlen Herkunft im Volke beliebter sein könnte als er. Außerdem neidet er ihm die klangvollere Stimme. Der Stiefbruder muss also verschwinden! Nero wendet sich an Lucusta, und die lässt sich nicht lange bitten. Aber ihr Gift wirkt nicht, und Britannicus erleidet lediglich eine harmlose Diarrhö. Daraufhin gerät Nero in Rage. Er lässt Lucusta kommen und verprügelt sie eigenhändig. Sie solle ihm sofort ein Gift mischen, das augenblicklich Wirkung zeige. Lucusta macht sich an die Arbeit. Um das Gift zu testen, lässt sie den Sklaven Tiro rufen. Der freut sich über das Pilzgericht, das man für ihn aufgehoben hat – und stirbt auf der Stelle. Jetzt kann Nero seinen Stiefbruder aus dem Weg räumen.
So hatte der Theaterdichter Ernst Raupach sein Stück Die Giftmischerin im Kopf. An diesem Morgen kam er jedoch partout nicht voran, denn er litt unter dem trüben Januar. Wenn er eine besondere Gabe für die Poesie besessen hätte, wäre eine Elegie nach der anderen entstanden.
Vier Jahre waren seit dem Scheitern der großen Revolution vergangen, die Hoffnung auf eine liberale Verfassung wie auch auf einen einigen deutschen Nationalstaat hatte begraben werden müssen. Die politische Reaktion hatte auf ganzer Linie gesiegt. So mancher Bürger schlich bedrückt durch die Straßen, und besonders die geistige Elite Preußens war von einer nie gekannten Lethargie befallen. Selbst nach den Karlsbader Beschlüssen und der Demagogenverfolgung war man reger gewesen. Der verhasste Polizeipräsident Carl Ludwig von Hinckeldey beherrschte die Berliner Gesellschaft mit Hilfe von Spitzeln, Pressezensur, Passkontrollen, Razzien in Wirts- und Vereinshäusern, Verhaftungen von Demokraten und anderen Schikanen. Er schreckte nicht einmal davor zurück, höhere Regierungsbeamte und die Leibgarde des Königs zu überwachen.
Ernst Raupach war im Jahre 1784 in der Nähe von Liegnitz zur Welt gekommen, hatte einige Jahre in Russland verbracht und lebte seit dem Jahre 1824 in Berlin. Ein Reisebericht mit dem Titel Hirsemenzel , das Theaterstück Die Fürsten Chawansky und andere Werke hatten ihm die Gunst des Publikums wie der Kritiker gesichert, und man hatte ihn schon als Nachfolger Friedrich Schillers gehandelt. Nun, daraus mochte nichts geworden sein, aber immerhin schätzte man ihn in Preußen so sehr, dass die Hohenzollern ihm den Rothen Adler-Orden III. Classe verliehen und einen beachtlichen Ehrensold bewilligt hatten. Seine nunmehr 67 Jahre empfand Raupach als Last, aber seit seiner zweiten Eheschließung im Jahre 1848 fühlte er sich doch ein wenig jünger. Seine Ehefrau Amalie Pauline, geborene Werner, hatte sich als Schauspielerin und Schriftstellerin einen gewissen Namen gemacht und war mit ihren 41 Jahren erheblich jünger als er. Und so wollte Raupach an diesem Morgen beim gemeinsamen Frühstück nicht übermäßig klagen, als sie ihn nach seinem Wohlergehen fragte. Doch ganz darauf verzichten mochte er auch nicht. »Ich habe wie immer schlecht geschlafen. Ständiger Harndrang, Nachtschweiß, Rückenschmerzen und schlimme Träume haben mich geplagt.«
»Du Armer!« Amalie Raupach streichelte voller Mitgefühl seine Hände, auf deren Oberfläche sich die Adern immer deutlicher abzeichneten. Eine ironische Bemerkung konnte sich Raupachs Ehefrau jedoch nicht verkneifen. »Bitte erzähle mir stets ausführlich von deinen Leiden! Du weißt, dass ich nach deinem Ableben eine Raupach-Biographie veröffentlichen möchte.«
»Das ist lieb von dir, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass das Buch im Himmel käuflich zu erwerben sein wird.«
Kaum hatte das Dienstmädchen den Frühstückstisch abgeräumt und Amalie Raupach sich zum Schreiben zurückgezogen, wurde am Klingelzug gerissen, und Ludwig Rellstab erschien zu einer kleinen Plauderei. Rellstab, geborener Berliner, war ein bedeutender Musikkritiker der Vossischen Zeitung , hatte aber auch schon historische Romane, Novellen, Dramen, Reiseschilderungen und Gedichte veröffentlicht und sich als Buchhändler versucht. In Berlin kannte ihn nahezu jeder, denn zum einen hatte er während der Märzrevolution 1848 den König Friedrich Wilhelm IV. – leider vergeblich – überreden wollen, sich für eine Einigung zwischen Militär und Volk einzuset- zen, und zum anderen hatte er sich musikalische Heroen wie Donizetti, Rossini, Wagner und Meyerbeer durch ätzende Kritiken zu Erzfeinden gemacht und war von ihnen obendrein verklagt worden. Der Komponist und Berliner Generalmusikdirektor Gaspare Spontini hatte es sogar geschafft, Rellstab für sechs Wochen hinter Gitter zu bringen. Da Rellstab großes Geschick darin bewies, Künstler lächerlich zu machen, deren Werke ihm nicht zusagten, war Raupach bei aller Freundschaft immer etwas befangen, wenn der Musikkritiker zu ihm nach Hause kam. Und richtig, kaum war Rellstab eingetreten, hatte er im Bücherregal Raupachs sechzehnteiligen Hohenstaufen-Zyklus entdeckt. »Nun«, fragte Rellstab mit einem maliziösen Lächeln, »jetzt arbeiten Sie an den Folgen siebzehn bis fünfundzwanzig?«
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