Er zögerte einen Augenblick, bevor er ebenfalls leise antwortete: «Ich habe eine fantastische Wohnung in der Nähe des Anhalter Bahnhofs.»
Sie hörte ihm zu und lauschte seinen Ausführungen über das Nachtleben in West-Berlin, führte ihn aber immer wieder auf jenes Thema zurück, das ihr besonders wichtig zu sein schien: Politik.
«Natürlich interessiere ich mich für Politik», behauptete er, um ihr dann Dinge zu erzählen, denen allen eines gemeinsam war: Sie waren erstunken und erlogen. «Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass ich zu jenem erlesenen Kreis gehöre, der regelmäßig zu Feierlichkeiten des West-Berliner Senats eingeladen wird. Das hängt mit meiner Aufgabe in der Bundesdruckerei zusammen. Willy Brandt kenne ich sogar persönlich, noch aus seiner Zeit als Regierender Bürgermeister.» Er schaute die junge Frau an, die einen Augenblick irritiert zu sein schien, sich aber sofort wieder unter Kontrolle hatte. «Willy macht immer den Eindruck, als würde er beim Sprechen gleich einschlafen», begann er zu erzählen und ahmte die Stimme des jetzigen Bundeskanzlers nach: « Auch wenn zwei Staaten in Deutschland existieren, sind sie doch füreinander nicht Ausland; ihre Beziehungen zueinander können nur von besonderer Art sein. »
Er redete weiter über Persönlichkeiten der Politik, über Intrigen der Mächtigen und angebliche Pläne der Führung in West-Berlin. Der Falckner schmeckte zwar immer noch wie billiger Fusel, wirkte aber angenehm berauschend. Das letzte Glas, das der Barkeeper gebracht hatte, führte auf die Ziellinie. «In meiner Funktion habe ich ständig mit politischen Abgründen zu tun. Ein wirklich einsamer Job.» Er schwieg und schaute traurig in sein Glas. Traurig gucken war eine seiner Stärken.
Simone nahm ihn mit auf ihr Zimmer und besorgte es ihm prächtig.
Er faselte etwas von «Du bist eine fantastische Frau» und «Ich wünschte, ich könnte dich wiedersehen».
Ihren vermeintlichen Erfolg genießend, antwortete sie: «Warum nicht? Das liegt ganz an dir.»
Simone war, wie erwartet, größer als er und am ganzen Körper gebräunt. «FKK – Freikörperkultur am Ostseestrand», resümierte er bewundernd und genoss das falsche Spiel.
Nur kurz fragte er sich, wo die Kamera der Staatssicherheit diesmal versteckt war. Da er keine entdeckte, winkte er unauffällig lächelnd in Richtung des Spiegels. Major Schwarz erpresste ihn schon mit diversen Aufnahmen aus dem Café Chérie. Auf ein paar weitere schlüpfrige Bilder aus einem Ost-Berliner Hotel kam es nun auch nicht mehr an.
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