Die Gedichte beginnen mit Gedanken zu Liebe und Leben, thematisieren Kindheit und Alter, die Jahres- und Tageszeiten, die christlichen Festtage, die Erlösung durch Jesus Christus, Leid und Trost, die Zeichen der Zeit und das Ereignis der Wiederkunft Christi. Diese erforderliche Auswahl bedeutet gleichzeitig Beschränkung. Das gilt auch für die weiteren Teile des Buches. Insgesamt soll es ein Gebrauchsbuch sein, das man durchaus mehrmals zur Hand nehmen kann. Es könnte auch für Personen hilfreich sein, die Beiträge für den Gottesdienst suchen.
Zu den einzelnen Rubriken im Buch gibt es jeweils eine kurze Einführung. Das Stichwortverzeichnis erleichtert das schnelle Auffinden eines Textes.
Leicht zu erkennen ist, dass die Bibel meine eigentliche Inspirationsquelle ist. Als dichtender Christ höre ich gern auf das, was Gott mir durch sein Wort sagen will. Und ich versuche – auf meine Weise – darauf zu antworten. Insofern ist mein Dichten eigentlich Verkündigen. Ich möchte nachdenklich machen, loben, erfreuen, ermutigen. Manchmal gehört auch das Wachrütteln und Zurechtweisen dazu. Sehr wohl weiß ich, dass so ein Ansinnen in der allgemeinen Literatur verpönt ist. Ich schäme mich dessen nicht. Ich muss es tun. Meine Begabung und was daraus geworden ist, verdanke ich Gott. Trotzdem bringe ich nur „gestammelte Werke“ hervor. Gott, der sogar durch Bileams Esel geredet hat, kann es, denke ich, auch ab und zu durch mich tun.
So hoffe ich, dass durch mein Buch die Liebe Gottes, die nicht nur alle Erkenntnis, sondern auch alles literarische Schaffen übertrifft, Ihr Herz erreicht und dazu bewegt, in der Liebe zu wachsen, bis alles in Worte gefasste menschliche Bitten, Sehnen, Klagen und Preisen abgelöst wird von einem neuen Dasein und damit auch von einer ganz neuen Sprache.
Josef Butscher
Bietigheim-Bissingen, Oktober 2013
Ge dichte
Wenn Luther die Menschen vor der Sintflut in seiner Übersetzung von 1. Mose 5,6 so charakterisiert, dass „alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war“, dann erklärt er damit, dass man früher unter Dichten alles Gedachte verstand.
Vielfach bringt man mit „Gedicht“ die Ausdrucksweise mit Versmaß und Strophenform, nicht zuletzt mit dem Reim zusammen. Aber die ältesten Dichtungen, so zum Beispiel auch die Psalmen, kamen ohne Reim aus.
In diesem Buch stehen gereimte Gedichte und auch solche im sogenannten freien Rhythmus verfasste, die meines Erachtens eine noch breitere Möglichkeit der Gestaltung bieten.
Bewusst sind in den Gedichten verschiedene Stilmittel eingesetzt. Ich habe dabei auch an die unterschiedlichen Leser gedacht; wie überhaupt – das ist meine Meinung – nicht allein der Poet, sondern letztlich der Leser in seiner Befindlichkeit darüber entscheidet, was ein Gedicht wert ist.
Unsere Zeit
ist gemeinsame Zeit:
Zeit zum Schweigen,
Zeit zum Hören,
Zeit zum Achtgeben,
Zeit, Geduld zu lernen,
Zeit, einander zu begreifen,
Zeit, einander zu raten,
Zeit, einander beizustehen,
Zeit, miteinander zu planen,
Zeit, gemeinsam zu handeln,
Zeit, miteinander zu trauern.
Zeit, gemeinsam zu lachen.
Unsere Zeit
ist gemeinsame Zeit:
Zeit, sich zu erinnern,
Zeit, Nähe spüren zu lassen,
Zeit, auf Zukunft zu hoffen,
Zeit, Liebe zu üben.
Gott, der die Liebe erweckt,
hat ihr ein lichtes Haus gebaut,
uns zur Wohnung bestimmt.
Die Zimmer sind geräumig,
die Aussicht ist gut,
Wachsein und Planen,
Tage der Arbeit und Zeiten der Stille
sind geprägt vom Rhythmus der Ewigkeit.
Wenn der Herr das Haus baut,
ist die Mühe nicht umsonst.
Sein Segen schenkt Gelingen.
Seine Fürsorge hört nicht auf.
Was sich auch immer ereignen mag:
Nichts kann das Haus der Liebe zerstören,
weil Gottes Engel vor der Tür Wache hält.
Engherzigkeit ist schädlich für die Liebe.
Was Liebende brauchen, ist Weite.
Weite, die Raum zur Entfaltung schafft,
offen ist für neue Ideen,
Vertrauen schenkt,
Ängste überwindet,
Rücksichtnahme fördert.
Liebende müssen es wagen, zu sein
und zu werden.
Dann ist das Zusammenleben
federleicht und schön,
hat Tiefe und Bestand.
Friede
durchdringt die Zeit der Liebenden.
Alles Trennende ist überbrückt.
Die Bedürfnisse,
gestützt von den Pfeilern des Vertrauens,
haben den Widerstreit beendet.
Erwarten und Schenken fließen zusammen.
Das Alltägliche ist täglich neu
Anlass zur Überraschung.
Die Prägung der Seele gelangt zur Reife,
und die Schwingung der Sprache mündet
in die Freundlichkeit des Schweigens.
Der Einfallsreichtumder Liebe
Das Leben ist Beweis der Liebe.
Liebe, eine unüberwindliche Kraft,
gegründet in Gott!
Ist Distanz eingetreten:
Liebe überbrückt das Tal der Zertrennung.
Fehlt Klarheit und Helle:
Liebe räumt den Berg der Verblendung hinweg.
Sind Wege unbegehbar geworden:
Liebe trocknet den Sumpf der Vorwürfe aus.
Greift Ratlosigkeit um sich:
Liebe rodet den Urwald der Verstrickung.
Scheint Leben und Freude erstorben:
Liebe beendet die Wüste der Verschlossenheit.
Geriet Hoffnung ins Wanken:
Liebe errichtet ein Haus,
das den Erschütterungen standhält.
Alles findet einmal ein Ende;
der Einfallsreichtum der Liebe aber wird bleiben.
In der Liebe ruhen
wie der Baum im Acker dieser Erde.
Gegründet sein, um zu wachsen.
Dem Eignen zugewandt
in Dankbarkeit und Pflicht,
verwurzelt der Natur, und doch
täglich sich ausweiten, sich selbst
vergessen, sich hingeben, da sein;
ausgesetzt den Stürmen,
sehnsuchtsvoll nach dem Lichte:
Erfordernis und Weisung des Lebens.
Gegründet sein,
über sich hinauswachsen,
reifen, Frucht bringen.
Alles empfangen,
alles verschenken,
alles gewinnen.
Ruhen in der Liebe,
ruhen in Gott.
Zupacken,
aktiv sein,
keine Zeit verschwenden,
dran bleiben,
vorwärts,
aufwärts …
sich rückwärts setzen,
das Gefälle
als Höhenflug simulieren,
Stärke demonstrieren.
Jeder weiß:
Das Leben ist hart.
Jeder weiß:
Das Leben ist hart dabei,
verlebt zu werden.
Geheimnisvoll verwoben
die Windungen des Geistes,
unergründlich
die Brunnen des Zweifels.
Niemand ist klug.
Selbst das zwielichtige Blendwerk
lebt vom Licht.
Alle Tarnungen gefertigt
aus Vorhandenem.
Niemand ist klug.
Niemand erschafft sich selbst.
Die glorreiche Flamme Leben
lodert nicht zufällig.
Schön wäre es,
wenn sich die nervlich Sensiblen
in seelisch Sensible verwandeln könnten
und sich Empfindsamkeit
mit Tatkraft verbinden würde.
Schön wäre es,
wenn die Nüchternen
ihre Frostigkeit aufgeben könnten
und Überlegung und Phantasie
dasselbe Haus bewohnen würden.
Schön wäre es,
wenn die Grundsatztreuen
mehr Verständnis entwickeln könnten
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