Schlemmerküste: »Nada«, Vrbnik (o. l.); »Gastro Vista«, Bucht Slanao (o. r.); Stadt Rovinj (Mitte); Brancin an Möhrenpüree, »Puntulina« (u. l.); Seafood, »Fešta« (u. r.)
Von Trüffeln bis Boraschinken – kroatische Spezialitäten
Istrische Trüffeln
Die Geschichte des teuersten Pilzes der Welt lässt sich bis zu 3000 Jahre zurückverfolgen, galt er doch schon den ägyptischen Pharaonen als Delikatesse. Auch die Römer kannten den kostbaren Pilz. Sie meinten, dass Trüffeln dort wüchsen, wo der Gott Jupiter mit seinem Blitz den Stamm einer großen Eiche getroffen hätte. Als Aphrodisiakum wurden die unterirdisch wachsenden Pilze im Römischen Reich mit Gold aufgewogen.
Trüffeln gedeihen in verschiedenen Teilen Europas, wobei Experten meinen, dass die hochwertigsten Trüffeln in der norditalienischen Provinz Piemont und auf der Halbinsel Istrien wachsen. Die begehrten Pilze dringen nur selten bis an die Erdoberfläche, wo sie auch nur von erfahrenen Sammlern erkannt werden.
Die meisten Trüffeln wachsen in Tiefen um 20 Zentimeter und sind für den Menschen nicht ohne Hilfe auffindbar. Bekannt ist die Suche mithilfe von Trüffelschweinen, wobei geschlechtsreife Sauen eingesetzt werden. Denn die unterirdisch wachsenden Pilze geben Androstenon ab, ein Derivat des Sexualhormons Testosteron.
Giancarlo Zigante fand 1999 einen 1,31 Kilogramm schweren Weißen Trüffel. Heute betreibt er in Livade ein Trüffelrestaurant .
Damit riechen die Trüffeln ähnlich wie ein paarungsbereiter Eber. Ob die Einnahme von androstenonhaltigen Trüffeln auch beim Menschen die Paarungsbereitschaft erhöht, wird viel diskutiert, ist aber nicht wissenschaftlich nachgewiesen.
Die Suche mithilfe von Schweinen hat den Nachteil, dass diese die Trüffeln sofort fressen wollen und dabei kaum zu zügeln sind. August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, führte 1720 die Trüffelsuche mit Hunden ein, die heute am meisten verbreitet ist. In Sardinien sucht man noch heute die Edelpilze mithilfe von Ziegen, während in Russland früher vor allem Bären eingesetzt wurden.
Trüffeln sind die teuersten Speisepilze. Allerdings sind die Preise seit 2017 aufgrund reichlicher Ernten deutlich gesunken. Für ein Kilo Weiße Trüffeln zahlt man in Europa bis zu 6 000 Euro, in Russland und Japan bis zu 10 000 Euro. Zum Vergleich: Der Goldpreis ist seit 2017 um über 30 % gestiegen und liegt momentan (Anfang 2021) bei rund 50 000 Euro das Kilo. Im Gegensatz zum Edelmetall variiert der Preis der Weißen Trüffeln extrem stark in Abhängigkeit von Nachfrage und Angebot. Je nach Witterung gibt es schlechte oder gute Trüffelernten und entsprechend astronomisch hohe oder extrem niedrige Trüffelpreise. Auch die Größe und die vorzugsweise kugelige Form der Trüffeln haben Einfluss auf den Marktwert.
Bei einer Auktion im November 2006 in Grinzane Cavour im Piemont ersteigerte ein Bieter aus Hongkong drei Trüffeln, die zusammen 1,5 Kilogramm wogen, für 125 000 Euro – etwa das zweifache des damaligen Goldpreises. Bei der Auktion im darauffolgenden Jahr wurden, wiederum von einem Käufer aus Hongkong, für einen 750 Gramm schweren Weißen Trüffel 143 000 Euro geboten – rund das Fünffache des damaligen Goldpreises!
Einen der größten und kostbarsten Trüffel aller Zeiten fand im Oktober 1999 der Kroate Giancarlo Zigante bei Buje im Nordwesten Istriens. Der Weiße Trüffel wog sensationelle 1,31 Kilogramm. Experten schätzen, dass der Trüffel auf einer internationalen Auktion bis zu einer halben Million Euro gebracht hätte. Doch Familie Zigante entschied sich anders. Sie veranstaltete in ihrem Ort ein großes Trüffelessen und lud dazu 100 Personen ein.
Seitdem zieht es jedes Jahr Hunderte Schatzsucher in den Wald von Motovun, wo die größten Trüffelschätze der Welt vermutet werden. Unweit des mittelalterlichen Städtchens Motovun hat man von einer magischen Anhöhe einen schönen Blick hinunter ins Tal des Flusses Mirna. Unter den alten Eichen dort ist der Boden sehr feucht. Trüffeln leben vorzugsweise in Symbiose mit Eichen und in der Nähe von Flüssen.
Es werden vor allem zwei Trüffelarten unterschieden: Der Weiße Trüffel (Tuber magnatum) , der von September bis Januar geerntet wird, ist der teuerste Edelpilz. Der Schwarze Trüffel (Tuber melanosporum) wächst von Januar bis zum Frühjahr und wird in Istrien als beste schwarze Art geschätzt. Neben diesem gibt es zwei weitere schwarze Trüffelarten, die ihm ähneln: den Sommer-Trüffel (Tuber aestivium) sowie den Muskat-Trüffel (Tuber brumale) . Ersterer wächst das ganze Jahr über, Letzterer nur im Winter. Beide Arten sind preiswerter als Tuber melanosporum .
In Istrien wird heute eine Vielzahl von Speisen mit Trüffeln veredelt: Teigwaren, Fisch, Meeresfrüchte, Fleisch, Süßspeisen, Kuchen und sogar Speiseeis. Trüffeln sind das Markenzeichen für die hochwertige Küche der herzförmigen Halbinsel im Norden Kroatiens.
Der Paški Sir, der Käse von der Insel Pag, ist das weltweit bekannteste Produkt Kroatiens, obwohl man es außerhalb von Kroatien nur schwer kaufen kann. Auf großen internationalen Käsemessen räumt der Paški Sir alljährlich Preise und Trophäen ab – gegen die führenden Käsehersteller aus Frankreich, England und der Schweiz. Dabei können sich die Schafe dieser Länder grüner Weideflächen erfreuen, während die Schafe der Insel Pag auf salzhaltigen Geröllhalden grasen. Aber sie gehören halt zu einer kleinen, genügsamen Art, die es nur auf Pag gibt.
Auf den karstigen Böden der Insel Pag ernähren sich die Schafe vor allem von Kräutern .
Die Nordosthänge von Pag gleichen einer Mondlandschaft. Hier weht im Winter die eiskalte Bora mit Orkanstärke aus dem Velebit, reißt Meerwasser mit sich, sprüht es über das in Jahrmillionen verwitterte Kalksteingeröll und löscht nahezu jede Vegetation aus. In den Felsspalten des karstigen Gesteins, das von einer Salzkruste überzogen ist, überleben nur wenige Pflanzen. Vor allem sind es wilder Salbei und niedrig bleibender Fenchel. Und eben von diesen salzhaltigen Kräutern ernähren sich die rund 28 000 Schafe der Insel. Schon das würzige Aroma der Pager Schafsmilch gibt einen Vorgeschmack auf den einzigartigen Käse. Es dürfte weltweit die einzige Schafsmilch sein, die – ohne Hinzufügen irgendwelcher Gewürze – nach Wildkräutern schmeckt.
Der Paški Sir aus der Käserei Gligora in Kolan zählt zu den besten der Welt .
Zentrum der Käseproduktion ist der auf einer Anhöhe gelegene Ort Kolan. Hier befindet sich die größte und bekannteste Käserei Sirana Gligora. Ihr jetzige Inhaber Ivan Gligora stammt aus einer Bauernfamilie, die schon in dritter Generation Pager Schafskäse produziert. Ivan hat in Rijeka und Zagreb studiert und auch die modernen Technologien der Käseherstellung erlernt. Nach dem Jugoslawienkrieg kehrte er zu seinen Wurzeln zurück und wurde Produktionsleiter der Molkerei Sirana in Kolan. In wenigen Jahren machte er den dort produzierten Schafskäse international bekannt. Gleichzeitig baute er sein Unternehmen, das jetzt seinen Familiennamen trägt, zu einer modernen Käsefabrik aus, wobei die traditionellen Reifungsprozesse beibehalten wurden.
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