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E-book 2020
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E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de
www.arbor-verlag.de
ISBN E-Book: 978-3-86781-201-6
Vorwort
Einleitung
Was ist Arbeit?
Was ist Neue Arbeit?
1. Selbstversorgung
2. Entdecken, was man wirklich, wirklich will
Wie fangen wir damit an?
Die Theorie
Die Welt im 21. Jahrhundert
Wohin geht die Fahrt?
Das tote Gleis
An der nächsten Weiche
Die andere Kultur
Psychologie der Reisenden
Psychologie der Reisenden
Weiter Richtung Abgrund
Das Lohnarbeitssystem – ein Auslaufmodell
Die Neue Arbeit als Alternative zum Lohnarbeitssystem
Die Geschichte der Neuen Arbeit
Die Armut der Begierde
Neue-Arbeit-Projekte – Beispiele
Dezentrale Ökonomie
High-Tech-Eigen-Produktion
Der Personal Fabricator
Die Neue Arbeit in der Dritten Welt
Die wirklich, wirklich gewollte Arbeit
Die Praxis
Andreas Gebhardt
Wie soll das denn konkret gehen?
Rosalind Honig
Ich will nicht gleich …
Frauke Hehl
Das eigene Leben ändern
Peter Grottian
Über sinnvolle Arbeit nachdenken
Lola Güldenberg
Der Luxus, zu arbeiten, wie man …
Jaqueline Eddaoudi
Die Neue Arbeit ist wie Bambus
Ditz Schroer
Eine Alternative, wie man …
Margrit Kennedy
Das fremdbestimmte Rädchen-Dasein …
Günter Faltin
Den Markt nicht den …
H. Peter Friedl
Ein Konzept der neuen Solidarität
Stefan Schwarzer
Höhenflüge
Katja Barloschky
In der Realität angekommen
Michael Birkenbeul
Anfangen!
Günter Thoma
Scheitern heißt nur, dass man …
Nachwort von Frithjof Bergmann
Über Frithjof Bergmann
Vorwort
Das sprichwörtlich Gewordene an der Neuen Arbeit ist das Mantra, dass man eine Arbeit tun soll, die man „wirklich, wirklich will“. Und mit der gleichen Regelmäßigkeit stellt sich die Frage: Kann man davon leben? Wer wollte das nicht – eine Arbeit, die einen aufregt, die einen gefangennimmt, die einen in einen seligen Taumel versetzt? Tja, wer hätte das nicht gern! Fragt sich nur, wer die Rechnungen bezahlt. Kann man mit solch einer Arbeit genug verdienen, um damit für die Kosten des Lebens aufzukommen? Für die Miete, den Strom, das Auto, die Beiträge für die Rente und die Versicherungen und last, but not least für gesunde Nahrungsmittel, für Obst und Gemüse?
Eine Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: In vielen Fällen kann man mit Arbeit, die man wirklich will, bedeutend besser Geld verdienen als mit der bisher im Trott verrichteten Arbeit in irgendeinem Job, die man über sich ergehen lässt wie eine „milde Krankheit“. Wenn ich im ICE unterwegs bin, spricht mich oft jemand an und berichtet mit feucht glänzenden Augen, dass sich sein Leben total gewendet habe: dass er im „ersten Leben“ dem allgegenwärtigen Druck nachgegeben und sich sehr bemüht habe, ein braver Steuerberater zu sein, sich dabei aber nicht nur elend gefühlt, sondern auch miserabel verdient habe – eben weil seine Arbeit ihn letztlich bis an die Substanz strapazierte. Im „zweiten Leben“ sei er Musiker geworden. Das sei absolut das, was er schon immer wollte, und jetzt sei er nicht nur gesünder und fröhlicher und sprühe geradezu vor Lebenslust – jetzt verdiene er auch unvergleichlich mehr.
Man könnte ganze Bücher mit solchen Beispielen füllen. (In Wahrheit gibt es solche Bücher jeodch schon zuhauf.) Dass man mit Arbeit, die man leidenschaftlich liebt, in der grausam-realen Welt tatsächlich tüchtiger Geld verdienen kann als mit Arbeit, die man nur erträgt – das stimmt, und es ist zweifellos von Bedeutung. Allerdings ist das nur die glitzernde Silberverpackung. Arbeit, die man nicht leiden kann, macht einen schwach und krank. Sie vergrämt einen so, dass sogar die eigenen Kinder einen zu hassen beginnen; und wenn man an der Arbeit, die man macht, vertrocknet, dann vertrocknet alles andere auch.
Diesen Zustand könnte man als ein Merkmal unserer Kultur bezeichnen. Die Arbeit hat so vieles aus unserem Lebensraum verdrängt, dass man unbedingt eine Arbeit braucht, die man leidenschaftlich liebt. Solche Arbeit nicht zu haben, bedeutet eigentlich schon, dass man den Versuch, sich selbst zum Menschen zu entwickeln, aufgegeben hat; denn was man an Kraft, an Lebenssaft in sich hat, wird im Normalfall von unserem Jobsystem gnadenlos bis auf den letzten Tropfen herausgepresst, und übrig bleibt die Schale, einem ausgetrockneten Brunnen vergleichbar. Deshalb steht es im Mittelpunkt der Neuen Arbeit, jeden Einzelnen persönlich anzusprechen in seiner brunnentiefen Einsamkeit und zu versuchen, ihn aus dem bloßen Schein des Lebens hinaus in ein wirkliches Leben zu begleiten.
Obwohl die Neue Arbeit nicht locker lässt bei der Konzentration auf das Besondere in jedem Einzelnen, fehlt bei diesem Bild etwas, um wirklich rund zu sein, nämlich nichts weniger als die zweite Hälfte: Neue Arbeit ist bewusst und mit aller Kraft auch ein politisches Konzept. Nach einer langen Vorbereitungszeit, mit der wir durchaus gerechnet hatten, wird sie jetzt schrittweise auch auf dieser Ebene realistisch und praxisnah. Das zu zeigen ist eine der wichtigsten Beiträge dieses Buches. Diese zweite Hälfte ist bisher zu kurz gekommen. Viele haben in der Neuen Arbeit hauptsächlich etwas zu ihrer eigenen Erbauung finden wollen und in dem 2004 erschienenen Buch Neue Arbeit – Neue Kultur nur eine Anleitung dafür gesehen, wie man einen Job finden könnte, der einem mehr entspricht.
Das Unterfangen Neue Arbeit, das vor dreißig Jahren initiiert wurde, war von allem Anfang an beides – höchst persönlich und individuell, aber gleichzeitig ebenso politisch und sozial. Man könnte sagen, dass gerade in dem Zusammenkommen dieser zwei Hälften ein Hauptcharakteristikum der Neuen Arbeit liegt, eine Qualität, in dem sie sich von vielem anderen unterscheidet.
In diesem Vorwort möchte ich das Politische besonders unterstreichen. Und zwar auch deshalb, weil Stella Friedland dieser Seite gerechter wird als andere und sie es verstanden hat, diesen Aspekt aus dem Schatten zu holen und angemessen ins Licht zu rücken. In ausgiebigen Gesprächen über viele Wochen hinweg haben Stella Friedland und ich immer wieder neu nach dem Ausschau gehalten, was den Kern der Neuen Arbeit ausmacht. Und dankenswerter Weise hat Stella Friedland es dann auf sich genommen, aus alldem ein kleines dichtes Buch zu formen. Es ist ihr aus ihrer eigenen Biographie und dem davon bestimmten Denken heraus gelungen, dem Leser mit Kunst und Charme und manchmal auch mit sanftem Drängen ein viel helleres Verständnis von dem größeren, dem umfassenderen politisch-sozialen Anliegen der Neuen Arbeit zu vermitteln.
Das Absterben des Sozialismus war der Ur-Impuls, der bei der Geburt der Neuen Arbeit Pate stand. Der Kern des sich weiterentwickelnden Komplexes von Vorschlägen und Ideen ist der Versuch, einen Weg zu zeigen – von der Seite des Verfalls hinüber auf die andere Seite eines durchdachten Aufstiegs. Das Aufzeigen dieses Weges hat Ähnlichkeit mit dem Überqueren eines Bachs: Hier ist der erste und da der zweite und dort der dritte Stein, auf den man treten kann.
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