Frithjof Bergmann - Neue Arbeit, neue Kultur

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Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen -
das Grundlagenwerk zur New-Work-Bewegung
Wie kann die Zukunft der Arbeit aussehen? Frithjof Bergmann beschreibt in diesem Buch die neuen Perspektiven der
Arbeitsgesellschaft, die als «New-Work»-Konzept bekannt wurden und heute aktueller sind denn je. Im Vordergrund seiner Arbeit steht die Frage, was wir wirklich wirklich wollen, wo Talente und Stärken liegen, und wie diese mit der Arbeitswelt verknüpft und Neue umgesetzt werden können.
Frithjof Bergmann, in Sachsen geboren, ist Philosoph und Anthropologe. Er wanderte als 19-Jähriger nach Amerika aus und lehrte als Philosophieprofessor in Princeton, Standford, Chicago, Berkeley und Ann Arbor.
Als Erfinder der «New Work» berät er seit Jahrzehnten Wirt- schaftsverbände, Unternehmen, Regierungen und Kommunen in aller Welt. Ausgehend von der Untersuchung des Freiheits- begriffs entwickelte er die Vision einer humaneren und lebens- werten Zukunft, durch den intelligenten Gebrauch innovativer Technologien.

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Viele haben beim Schreiben dieses Buches geholfen und sehr viele haben die - фото 1

Viele haben beim Schreiben dieses Buches geholfen, und sehr viele haben die Neue Arbeit auf andere Weise unterstützt, gestärkt und befördert. Es würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen, sie alle zu nennen und im Kontext ihrer Tätigkeiten einzeln zu würdigen. Um meiner „fröhlichen“ Dankbarkeit einen vorläufigen Ausdruck zu geben, widme ich dieses Buch all diesen wundervollen Menschen in ihrer Buntheit und ihrer Neuen Arbeit.

© 2004, Arbor Verlag, Freiamt

Alle Rechte vorbehalten

E-Book 2020

Lektorat: Eva Bachmann

Hergestellt von mediengenossen.de

E-Book-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim, www.brocom.de

www.arbor-verlag.de

ISBN E-Book: 978-3-86781-284-9

Inhalt

Einleitung

Die Polarität der Arbeit

Abriss der Entwicklung der Neuen Arbeit

Kapitel I

Der Zustand nach dem Kalten Krieg

Der Tod des Sozialismus

Die andere Kultur

Die Kopplung von Business und Arbeitsplätzen

Das Ableben der Linken

Die Selbstverstümmelung geht weiter

Kapitel II

Das Lohnarbeitssystem

Die Pathologie des Lohnarbeitssystems

Arbeit ist unendlich

Arbeitsplätze sind knapp

Erste Schritte in Richtung Neue Arbeit

Kapitel III

Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen

Das Projekt in Flint

Die Armut der Begierde

Finanzen, Gewerkschaft und Management

Zwei Beispiele

Unser zentrales Anliegen

Arbeit, die Menschen, die im Elend leben, wirklich, wirklich wollen

1. Gärten auf den Dächern

2. Stümpfe im Schnee

3. Stöhnen vor Neid

Kapitel IV

Die Wirtschaftsform der Neuen Arbeit

Das System der Produktion in kleinen Werkstätten

Das Neue-Arbeit-Autoprojekt

High-Tech-Eigen-Produktion in der Dritten Welt

Die Wende im Gebrauch von Computern

Der „Personal Fabricator“

Das Produktportfolio der Neuen Arbeit

Die festen Kosten

1. Das Telefon

2. Die Miete

3. Das Automobil

4. Die Gesundheit

5. Die Altersvorsorge

Die Medien

Die Konzerne

Die Struktur der Ökonomie der Neuen Arbeit

1. Arbeit

2. Neue Arbeit und die im Elend Lebenden

3. Die Leichtigkeit der High-Tech-Eigen-Produktion

4. High-Tech-Eigen-Produktion für die „Laptop-Menschen“

5. Die Kraft der weltweit gebündelten Ideen

6. Der Niagarafall der menschlichen Energie

7. Der Reichtum, den die Neue Arbeit erzeugt

8. Der Staat und die Steuern

9. Der schärfste Kontrast

High-Tech-Eigen-Produktion als materielle Grundlage des Lebens

Kapitel V

Das Finden der Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen

Möglichkeiten vorstellen

Experimentieren

Die Selbstunkenntnis

Zurück zu der einfachen Frage

Sich der Tatsache stellen, dass wir nur halb lebendig sind

Die Umkehrung

Kapitel VI

Das Leben und die Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen

Endlose Ferien am Strand

Die Feinschmecker-Phantasie

Der „Werde Unternehmer!“-Rummel

Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen, und Therapie

Die säkulare Welt und die Arbeit, die wir wirklich, wirklich wollen

Feminismus

Die große romantische Liebe

Eine Zusammenfassung

Literatur

Einleitung

Die Neue Arbeit hat nicht mit einem flüsternden Wind hoch in den Bäumen angefangen, sondern mit einem Paukenschlag. Sie begann nicht mit zögernden, kleinen Schritten, sondern mit einem originären Vorschlag, über den gleich zu Beginn sehr viel geschrieben, in Radio und Fernsehen berichtet und auch sehr viel gestritten wurde. Es geschah während der Rezession der frühen achtziger Jahre, zu einer Zeit, als in den Fabriken überraschend schnell auf beiden Seiten des Fließbandes Computer auftauchten. Der Ort war Flint, die Automobilstadt in den Vereinigten Staaten, die etwa dem entspricht, was Wolfsburg für Deutschland bedeutet. Es gab keine eindeutige Ankündigung, aber Gerüchte machten die Runde, die sich immer weiter hochschaukelten: Es würde Entlassungen geben in einer Größenordnung, die alles bisher Gekannte überträfen. Als Antwort darauf gründeten „wir“ (das war zu diesem Zeitpunkt eine zusammengewürfelte Gruppe sehr unterschiedlicher Freunde – einige kamen aus der Gewerkschaftsbewegung, andere aus dem Management, einer war Priester, einige waren Unternehmer, einer war der stellvertretende Bürgermeister der Stadt) das erste Zentrum für Neue Arbeit.

Ich hatte bereits zuvor über das Thema Arbeit geschrieben, unter anderem in meinem Buch Die Freiheit leben . Außerdem hatte ich eine zehnteilige Fernsehserie mit dem Titel Culture after the Elimination of Labor („Kultur nach der Abschaffung der Arbeit“) geschrieben, produziert und gesendet. Ich war also nicht ganz unvorbereitet, aber die Dinge entwickelten sich sehr viel schneller, als ich es erwartet hatte. Basierend auf dem, was wir über Flint wussten – und das war eine Menge, da die meisten Mitglieder des Zentrums den größten Teil ihres Lebens in der Automobilbranche tätig gewesen waren –, und einer Ansammlung noch unreifer Ideen, formulierten wir einen ersten Vorschlag.

An diesem Vorschlag entzündete sich zu unserer eigenen Überraschung eine lebhafte Debatte, nicht nur in Flint, sondern darüber hinaus in Detroit, in Michigan und in der gesamten Automobilindustrie. Es gab Presseberichte, Radio- und Fernsehinterviews, und fast jeder in der Stadt beteiligte sich an der Diskussion.

Der Kern unseres Vorschlags lautete: „Es gibt eine Alternative zur Massenentlassung der Arbeiter.“ Wenn es zu diesen Entlassungen käme, so sagten wir, „würde halb Flint arbeitslos werden, und die andere Hälfte würde erdrückend viele Überstunden machen müssen“. Die Alternative bestand darin, die arbeitende Bevölkerung von Flint nicht derart vertikal in zwei Teile zu spalten, sondern mit einem horizontalen Schnitt eine sehr viel sinnvollere Teilung vorzunehmen: „Selbst nach der Einführung der Computer wird es noch genug Arbeit geben, so dass alle Arbeiter sechs Monate im Jahr in den Fabriken arbeiten können.“

Das Wichtigste sollten unserer Ansicht nach jedoch die verbleibenden sechs Monate sein. In dieser Zeit sollten die Arbeiter nämlich nicht einfach zu Hause sitzen und warten. Vielmehr sollte das neu gegründete Zentrum für Neue Arbeit zum Zug kommen. Dieses Zentrum sollte zwei Aufgaben erfüllen: Zum einen wollten wir unser Bestes tun, um die Talente, die verborgenen Fähigkeiten und brachliegenden Fertigkeiten, aber auch die Wert- und Wunschvorstellungen der Arbeiter ans Licht zu bringen. Wir wollten herausfinden, welche Arbeit sie „wirklich, wirklich“ tun wollten – das war der Ausdruck, der, bevor wir uns versahen, zu unserem Markenzeichen wurde. Zum anderen wollten wir alle Anstrengungen unternehmen, damit sie in diesen sechs Monaten tatsächlich diese sinnvollere und erfüllendere Arbeit tun konnten und darüber hinaus mit dieser Arbeit auch noch ein substantielles Einkommen erzielen würden.

In den seither vergangenen 25 Jahren sind insgesamt etwa 30 Zentren für Neue Arbeit gegründet worden, und das nicht nur in den Vereinigten Staaten und Kanada, sondern auch in Europa (hier besonders in Deutschland) sowie in Asien und Afrika.

Vom ersten Tag an vertraten wir den Standpunkt, dass das Lohnarbeitssystem nur eine Weise ist, die Arbeit zu organisieren und zu strukturieren, und eine problematische noch dazu. Wir betonten, dass der größte Teil der Menschheit Tausende von Jahren nicht in einem Lohnarbeitsverhältnis, sondern auf Bauernhöfen gearbeitet hatte. Die besondere Form der Arbeit, die wir „Lohnarbeit“ nennen, ist erst so alt wie die industrielle Revolution, also ungefähr 200 Jahre. Schon als dieses System eingeführt wurde, gab es warnende Stimmen, die ihm keine gute Zukunft voraussagten. Heute krankt das Lohnarbeitssystem an vielfältigen und schweren Mängeln. Deshalb ist es an der Zeit, die Arbeit von Grund auf neu zu organisieren. Das Lohnarbeitssystem ist dabei, zu sterben, und das nächste System, die Neue Arbeit, muss aufgebaut werden.

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