Balduin Groller - Detektiv Dagobert

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Überarbeitete Fassung aller 17 Kurzgeschichten England hat Sherlock Holmes, Frankreich – Pardon, Belgien – Hercule Poirot und Österreich? Österreich hat den charmanten Detektiv Dagobert.Lesen Sie hier erstmals in überarbeiteter Fassung alle ursprünglich in 6 Bänden herausgebrachten 17 Kurzgeschichten mit dem sympathischen Ermittler, der seinen bekannten Kollegen an Spitzfindigkeit und Schläue in nichts nachsteht.Dagobert Trostler ist ein Wiener Ruheständler. Sein Vermögen erlaubt ihm ein Leben nach seinen Interessen. Und seine Interessen sind die Verbrechen der feinen Wiener Gesellschaft. Dabei geht er stets charmant vor – immer Gentleman, aber auch immer erfolgreich.Der Leser weiß heute, dass die Donaumonarchie da schon dem Untergang geweiht war – umso unterhaltsamer sind die Geschichten, bieten sie doch einen Blick durchs Schlüsselloch auf eine vergangene Epoche."Cozy Crime" wie man es heute nennt: Krimis zum Schmunzeln und Einkuscheln, ohne pathologische Serienkiller oder alptraumhafte Gewaltorgien.Null Papier Verlag

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Balduin Groller

Detektiv Dagobert

Kriminalgeschichten

Balduin Groller

Detektiv Dagobert

Kriminalgeschichten

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2021

EV: Philipp Reclam jun., Leipzig, 1910–12

1. Auflage, ISBN 978-3-962818-81-4

null-papier.de/722

nullpapierdekatalog Inhaltsverzeichnis Erster Band Die feinen Zigarren - фото 1

null-papier.de/katalog

Inhaltsverzeichnis

Ers­ter Band

Die fei­nen Zi­gar­ren.

Der Falsch­spie­ler

Der große Un­ter­schleif.

An­ony­me Brie­fe.

Zwei­ter Band

Da­go­berts un­frei­wil­li­ge Rei­se.

Der große Ru­bin.

Der große Schmuck­dieb­stahl.

Drit­ter Band

Der Kas­sen­ein­bruch.

Der schreck­li­che Brief.

Eine teu­re De­pe­sche.

Vier­ter Band

Ein son­der­ba­rer Fall.

Da­go­berts Fe­ri­en­ar­beit.

Fünf­ter Band

Die selt­sa­me Fähr­te.

Eine Ver­haf­tung.

Das Hals­band der Ge­sand­tin.

Sechs­ter Band

Empfang beim Mi­nis­ter­prä­si­den­ten.

Das ge­heim­nis­vol­le Käst­chen.

Dan­ke

Dan­ke, dass Sie sich für ein E-Book aus mei­nem Ver­lag ent­schie­den ha­ben.

Soll­ten Sie Hil­fe be­nö­ti­gen oder eine Fra­ge ha­ben, schrei­ben Sie mir.

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Erster Band
Die feinen Zigarren.

1.

Nach dem Abendes­sen be­gab man sich in das Rauch­zim­mer. Das war ei­ser­nes Ge­setz und durf­te durch­aus nicht an­ders sein. Die bei­den Her­ren wä­ren viel­leicht lie­ber noch bei Ti­sche sit­zen­ge­blie­ben, um im Nach­ge­nus­se der ku­li­na­ri­schen Meis­ter­leis­tun­gen in al­ler Be­hag­lich­keit ihre Zi­gar­re zu rau­chen, aber das ging nicht, ging ab­so­lut nicht. Das wuss­ten sie so schon lan­ge, und nun schi­en ih­nen der Auf­bruch und die Aus­wan­de­rung nur das Selbst­ver­ständ­li­che. Die schö­ne Haus­frau hat­te das so ein­ge­führt. In ih­rem Hau­se durf­te nur im Rauch­zim­mer ge­raucht wer­den. Dort hielt sie so­gar ge­le­gent­lich mit und rauch­te selbst in Ge­sell­schaft eine Zi­ga­ret­te, aber für alle an­de­ren Ge­mä­cher be­stand – das setz­te sie durch – strengs­tes Rauch­ver­bot.

Frau Vio­let Grum­bach hielt wie auf sich selbst, so auch auf den Rah­men für ihre Per­sön­lich­keit, auf ihre Woh­nung. Wie ihre äu­ße­re Er­schei­nung mit al­ler nur er­denk­ba­ren Sorg­falt, mit Ge­schmack und gu­ter Be­rech­nung in Sze­ne ge­setzt war, so auch die Woh­nung. Die Ein­rich­tung war mo­dern, war kost­bar, al­les war blitz­blank und fun­kel­te förm­lich vor Sau­ber­keit. Und da sagt man noch manch­mal, dass ge­we­se­ne Künst­le­rin­nen im All­ge­mei­nen kei­ne gu­ten Haus­frau­en ab­gä­ben!

Frau Vio­let war Schau­spie­le­rin ge­we­sen. Nicht eine von den al­ler­ers­ten, aber si­cher­lich eine der al­ler­hüb­sche­s­ten. Auch jetzt noch – al­les, was wahr ist! – war sie eine un­ge­mein an­zie­hen­de Frau. Et­was un­ter Mit­tel­grö­ße, die For­men von an­ge­nehm ent­wi­ckel­ter rund­li­cher Fül­le, jetzt doch schon be­trächt­lich mehr ent­wi­ckelt als zu­zei­ten ih­rer ak­ti­ven Künst­ler­schaft; licht­blon­des, im­mer kunst­reich ge­ord­ne­tes Haar, leb­haft blit­zen­de graue Au­gen, fein­ge­zeich­ne­te zar­te, rote Lip­pen und ein pi­kan­tes, keckes Stumpf­näs­chen, das dem run­den Ge­sicht­chen auch jetzt noch eine Art kind­li­chen Aus­druckes lieh, – al­les in al­lem ein sehr an­ge­neh­mes En­sem­ble.

Zu den Mahl­zei­ten lieb­te sie es, im­mer in be­son­ders ge­wähl­ter Toi­let­te zu er­schei­nen. Kin­der wa­ren nicht im Hau­se, so hat­te sie Zeit dazu, über­haupt be­saß sie eine ganz gute Art, sich das Le­ben zu ver­schö­nen; sie schmück­te sich und ihre Um­ge­bung. Da be­greift es sich denn, dass sie ihre Vor­hän­ge, ihre Spit­zen und Deck­chen, ihre Pla­fonds und Sei­den­ta­pe­ten nicht der bö­sen Wir­kung des Ta­baks­qualms aus­set­zen woll­te.

Heu­te war nur ein Gast an­we­send, der alte Haus­freund Da­go­bert Trost­ler, und der war im Hau­se Grum­bach so zu Hau­se, dass man sei­net­we­gen kei­ner­lei Um­stän­de mehr mach­te; wenn Frau Vio­let doch wie­der große Toi­let­te an­ge­legt hat­te, so galt das nicht ein­mal ei­gent­lich ihm. Es war ein­mal Ge­pflo­gen­heit, die ein­ge­hal­ten ward, auch wenn sie mit ih­rem Mann al­lein zu Ti­sche ging. Höchs­tens dass ei­ni­ge Nuan­cen auf Rech­nung des Gas­tes ka­men, so der herz­för­mi­ge Aus­schnitt der wei­ßen Spit­zen­blu­se, der dem Beo­b­ach­ter ei­ni­ge Aus- und Ein­bli­cke ge­stal­te­te, und die halb­lan­gen Spit­zen­är­mel, die den rund­li­chen Un­ter­ar­men, die sich zu den sei­nen Hand­ge­len­ken und den hüb­schen klei­nen Hän­den zart ver­jüng­ten, den wün­schens­wer­ten Spiel­raum ge­währ­ten.

An­dre­as Grum­bach, Be­sit­zer ei­ner großen und sehr ein­träg­li­chen Ju­te­spin­ne­rei, Prä­si­dent der All­ge­mei­nen Bau­un­ter­neh­mungs­bank und au­ßer­dem Trä­ger zahl­rei­cher Ti­tel und Wür­den, war ganz er­heb­lich äl­ter als sei­ne Gat­tin; so an zwan­zig Jah­re, und wenn es ver­wehrt ist, das Al­ter der Da­men mit all­zu bru­ta­ler Ge­nau­ig­keit nach­zu­rech­nen, so darf es bei ihm schon ver­ra­ten wer­den. Er moch­te doch so sei­ne drei- oder vierund­fünf­zig Len­ze ge­se­hen ha­ben, aber er sah so­gar noch et­was äl­ter aus, als er war. Sein schö­nes dun­kel­brau­nes, glatt­ge­bürs­te­tes Haar be­wies nichts. Er hät­te auch au­ßer Haus fri­sie­ren las­sen kön­nen. Der Ba­cken­bart zu bei­den Sei­ten schim­mer­te schon sehr stark ins Sil­b­ri­ge, und da­bei trug er doch das Kinn aus­ra­siert in dem Be­stre­ben, doch et­was jün­ger aus­zu­se­hen und den Sil­ber­se­gen nicht all­zu sehr an­wach­sen zu las­sen.

Da­go­bert Trost­ler, sein al­ter Freund, war durch­aus nicht da­mit ein­ver­stan­den ge­we­sen, als Grum­bach, ei­nem hol­den Jo­han­nis­trie­be nach­ge­hend, vor etwa sechs Jah­ren die Schau­spie­le­rin Vio­let Moor­lank als sein ehe­lich Ge­mahl in sein Haus führ­te. Es war aber nichts da­ge­gen zu ma­chen, und schließ­lich hat­te Da­go­bert auf der gan­zen Li­nie un­recht be­hal­ten. Es ward eine ganz ak­zep­ta­ble und re­spek­ta­ble Me­na­ge dar­aus, die Ehe ge­stal­te­te sich zu ei­ner durch­aus glück­li­chen.

Da­go­bert selbst war Jung­ge­sel­le ge­blie­ben. Er war ein aus­ge­dien­ter Le­be­mann mit stark ge­lich­te­tem Schei­tel und ei­nem Pe­trus-Schöpf­chen. Sein so­kra­ti­sches Ge­sicht wur­de be­lebt durch zwei dunkle aus­drucks­vol­le Au­gen. Jetzt hat­te er nur noch zwei große Pas­sio­nen, die Mu­sik und die Kri­mi­na­lis­tik. Sein großes Ver­mö­gen ge­stat­te­te ihm, sich die­sen sei­nen bei­den so di­ver­gie­ren­den Lieb­ha­be­rei­en ohne jeg­li­che an­de­re Sor­ge zu wid­men. Zur Mu­sik hat­te er ein ge­nie­ßen­des und ein schaf­fen­des Ver­hält­nis. Sei­ne Freun­de be­haup­te­ten, dass er stär­ker war im ers­te­ren. Auch er hat­te Vio­let schon ge­kannt, als sie noch dem Thea­ter an­ge­hör­te, und wenn es da­mals ir­gend­ei­ne ih­rer Rol­len mit sich brach­te, dass sie ei­ni­ge Lie­der zu sin­gen hat­te, so war er es, der sie ihr ein­stu­dier­te. Na­tür­lich als Ama­teur. Auf al­len Tä­tig­keits­ge­bie­ten, aus de­nen er sich um­tat, blieb er Ama­teur, pas­sio­nier­ter Di­let­tant, gent­le­man-ri­der. Sei­nen Pro­fit hat­te er aber bei je­nen mu­si­ka­li­schen Ein­pau­kun­gen doch. Es ge­lang ihm näm­lich manch­mal, auf die­sem Wege die eine oder die an­de­re sei­ner ei­ge­nen Kom­po­si­tio­nen als Ein­la­gen in die Öf­fent­lich­keit zu schmug­geln.

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