Helmut Konrad - Meine Gedanken zur Zeit

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Mit der Sendereihe «Gedanken zur Zeit» im ORF Radio Steiermark begeistert der Grazer Zeithistoriker Helmut Konrad seit vielen Jahren seine Hörerinnen und Hörer. Eine Auswahl seiner Sendungen aus den Jahren 2008–2016 kommt nun nach Themen geordnet und in gedruckter Form heraus. Nicht nur seine kritische Auseinandersetzung mit den Fragen der Zeit und den Veränderungen in der Gesellschaft, sondern vor allem seine Liebe zum Kochen, zum Kaiser-Josef-Platz und zum Fußball sind es, was seine Hörerinnen und Leserinnen bzw. Hörer und Leser an ihm schätzen.

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Helmut Konrad

Meine Gedanken zur Zeit

2008–2016

Leykam

Gedanken zur Zeit

Historische Gesellschaftsentwicklungen, aktuelle Lebenswelten und individuelle Zukunftskonzepte sind so vielfältig, dass man jede Woche neue Themen, neue Blickwinkel und neue Zugänge für „Gedanken zur Zeit“ finden kann.

Diese Vielfalt unserer Lebenswirklichkeiten darzustellen, Zeitgeist und Strömungen aufzuspüren, Befindlichkeiten wahrzunehmen, Vergangenes, Gegenwärtiges und Zukünftiges gegenüberzustellen und für wenige Minuten in dieser Sendung von Radio Steiermark publikumswirksam aufzubereiten, bedarf einer besonderen Begabung.

Helmut Konrad gelingt es in exzellent angenehmer Weise, sein humanistisches Wissen und seine Erfahrung, eingebettet in die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“, der Öffentlichkeit als Impuls zum Nach- und Weiterdenken zur Verfügung zu stellen und damit kontinuierlich zu einer im Geiste freien, solidarischen und friedlichen Welt beizutragen.

Gerhard Draxler

Landesdirektor ORF Steiermark

Einleitung

Samstags um sieben Uhr in der Früh, wenn ich meine Einkaufsrunde am Kaiser-Josef-Markt drehe, werde ich fast immer auf meine „Gedanken zur Zeit“, auf deren Inhalte, aber auch auf meine Rundfunkstimme hin angesprochen. Auch außerhalb von Graz, von Bad Aussee bis nach Ratsch an der Weinstraße, stoße ich immer wieder auf Menschen unseres Landes, die mir seit Jahren an den Sonntagen um 8 Uhr zuhören.

Das ist für mich, der ich nicht aus der Medienbranche komme, eine erfreuliche Erfahrung. Schreibe ich nämlich einen fachwissenschaftlichen Beitrag, dann dauert es Monate, bis er erscheint. Und er wird vielleicht von ein paar Dutzend Menschen gelesen. Reaktionen darauf gibt es meist erst, wenn ich längst mit anderen Themen und Fragestellungen befasst bin.

Nach den Sendungen klingelt hingegen oft das Telefon, es treffen Mails oder Briefe ein, und Zustimmung oder, wenn auch durchaus selten, Kritik schaffen sich ganz spontan Raum. Es ist ein lebendiger Dialog, in den man eingebunden ist – spannend, bewegend und manchmal auch belastend. Jedenfalls empfinde ich das alles als sehr bereichernd.

Die Sendungen und der Kontakt zu den Hörerinnen und Hörern sind Teil meines Lebens geworden. Immer wieder, nach etwa 250 Sendungen in den letzten 17 Jahren, neige ich dazu, einen Schlusspunkt setzen und aufhören zu wollen. Ich werde dann aber durch das Echo des Publikums und auch durch meine Freude an der knappen Form und der Zeitnähe meiner Sendungen dazu verführt, weiterzumachen. Und wie die Zeiten sich ändern, sind auch die Gedanken dazu stets (oder zumindest meist, da ich mich bemühe) neu.

Klar, manchmal, wenn der berufliche Druck groß ist, wenn ich im Ausland lebe oder wenn mich die Familie auf Trab hält, ist es mühsam, zeitgerecht einen Text zu schreiben und zur Aufnahme in das Studio des ORF Steiermark zu kommen. Aber die Herzlichkeit, mit der man mich dort seit so vielen Jahren aufnimmt und als Teil des Teams akzeptiert, entschädigt mich auch in Stresssituationen.

Aus Anlass meines 60. Geburtstags im Jänner 2008 haben sich zwei enge Freunde von mir, Elisabeth Fiorioli und Wolfgang Muchitsch, die Mühe gemacht, komplett hinter meinem Rücken in Tateinheit mit meiner Sekretärin Edith Wirthler, eine Auswahl meiner Sendungen bis 2007 herauszugeben. Da ich tatsächlich noch als Fossil in einer durchtechnisierten Gesellschaft mit der Feder schreibe (und nur so denken kann), landen fast alle Sendungen im Sekretariat und werden dort auch archiviert. So war es möglich, den Band als gelungene Überraschung zu präsentieren.

Für die Herausgabe hatten Elisabeth Fiorioli und Wolfgang Muchitsch ein Konzept entwickelt. Sie sortierten jene Sendungen, die aus aktuellen Anlässen wie etwa Wahlkämpfen geschrieben wurden, aus und gruppierten die verbleibenden Texte rund um Themen. Dieses Konzept wurde auch für den nunmehr vorliegenden Band beibehalten, da es meine wichtigsten Bereiche, die ich in den Sendungen bespreche, recht gut spiegelt. In der Rückschau ist das möglich, im aktuellen Schreibprozess hat man solche Zuordnungen nicht vor dem Auge. Heute sehe ich auch in diesem Aufbau eine gute Struktur zu den Fragen, die mich bewegen, die in meinem Leben wichtig sind, und die damit wohl auch einen recht umfassenden Einblick in mein persönliches Werte- und Normensystem geben können.

Ob manches zu persönlich ist, wage ich nicht zu beurteilen. Aber wie in meiner akademischen Lehre, so bin ich auch hier überzeugt davon, dass es kein Nachteil ist, die eigene Lebensgeschichte, die Erfahrungen und die Lebensweichenstellungen in die Darstellung einfließen zu lassen.

Es ist mir in allen Sendungen ein Grundbedürfnis, mein Selbstverständnis und meine gesellschaftspolitische Grundposition nicht zu verleugnen. Meine Prägung aus der Zeit der späten Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts, meine Haltung zu Fragen von Humanität und Menschenrechten, meine Erfahrungen in den etlichen Semestern im Ausland und den vielen Reisen, meine Neugier für alles Neue in Kunst, Kultur oder auch Kulinarik, meine Erfahrungen in der Familie und in der Erziehung meiner Kinder, meine Leidenschaft als akademischer Lehrer, all das darf und soll sichtbar werden. „Das Private ist politisch“, das war einst eine politische Losung, die aber meinen ganz klaren Grundpositionen bis heute entspricht. Daher enthalten die Sendungen auch viele private Botschaften. Eine hochrangige Politikerin hat mir einmal gesagt, sie höre meine Sendungen und wisse dann immer auch, was es im Leben meiner Familie so an Neuigkeiten gebe. Das war durchaus nicht als Kritik, sondern wohl als Kompliment formuliert.

Die Frage, ob sich das gesprochene Wort auch für die Herausgabe in Buchform eignet, hätte ich, wäre ich eingebunden gewesen, beim ersten Band sicherlich gestellt. Das Echo auf das Buch hat hier Zweifel ausgeräumt. Das Lesen wird wohl nicht, wie bei einem Roman, von der ersten bis zur letzten Seite erfolgen, sondern selektiv, nach Interessenslage oder aber nach Stimmung. Man kann weiterblättern, es gibt ja keine durchgehende Geschichte, sondern es werden Gedankensplitter ausgestreut, die man individuell zu kleinen Mosaiken zusammensetzen kann. Klar, ein Hörbuch würde dem ursprünglichen Format eher entsprechen, aber meine nicht geschulte Stimme stört wohl eher. Ein Tondokument aller Sendungen würde zudem auch schon über ٢٤ Stunden ergeben, und ein Abspielen würde wohl einer grausamen Folter gleichkommen.

Ich selbst höre die „Gedanken zur Zeit“ relativ regelmäßig, natürlich auch die meiner Kolleginnen und Kollegen, die ich alle sehr schätze. Derzeit sind wir ein besonders starkes Team, und wenn vier Personen sich abwechseln, ist auch der individuelle Zeitaufwand überschaubar.

Dass der nunmehr vorliegende Band zustande gekommen ist, ist mehreren Personen zu danken. Zu allererst ist Frau Magistra Elisabeth Klöckl-Stadler zu nennen, die mir die Bereitschaft zu diesem Buch abgerungen und die Auswahl der Beiträge vorgenommen hat. Ihr ist auch die gefällige Gestaltung zu danken. Der Dank gilt auch dem ORF, namentlich Frau Sylvia Rauter, die das Entstehen der Sendungen in ihren Händen hat und der es zu danken ist, dass alle meine Versprecher und Holperer sorgsam aus der ausgestrahlten Version verschwunden sind. Und zu danken ist meiner Frau, die jede Sendung vor der Aufnahme gelesen und, wo notwendig, inhaltlich korrigiert hat. Besonders aber danke ich allen jenen Menschen, vorwiegend in der Steiermark, die mir zuhören und deren Zuspruch mir immer wieder den Mut gegeben hat, auch in dem mir eigentlich fremden Milieu weiterzumachen.

Helmut Konrad

Oktober 2016

... zum Leben

Katzenbegleitung

Wenn man wie ich auf dem Land aufgewachsen ist, ist das Zusammenleben mit Tieren eine Selbstverständlichkeit. Selbst bei uns im Schulhaus in St. Gertraud gab es einen Hühnerstall, und wir sammelten Jausenbrotreste, um den Tieren eine Freude zu machen. Meine erste Katze, ein Kater namens Murli, hatte ich im Volksschulalter, und als sie sich an einem ausgelegten Rattenköder vergiftete und starb, begruben wir sie feierlich im Wald, was zwar verboten, inzwischen aber ganz sicher schon verjährt ist.

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