Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Epilog oder Meine Seele gehört dir
Meine Seele gehört dir
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Meine Seele gehört dir
Lisa Lamp
Erstausgabe
Juli 2021
© 2021 DerFuchs-Verlag
D-74889 Sinsheim
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ISBN 978-3-96713-022-5 (Taschenbuch)
ISBN 978-3-96713-023-2 (ePub)
Für Sonja!
Weil ich dank dir weiß, dass es nie zu spät ist, um nach dem Glück zu streben, das wir alle verdienen. Manchmal ist es das Kämpfen wert, um die Liebe seines Lebens zu finden.
Kapitel 1
Früh aufstehen war mir zuwider. Besonders im Winter, wenn es draußen noch dunkel war und es einem vorkam, als wäre es mitten in der Nacht. Viel lieber wäre ich in meinem überdimensionalen Bett, das für eine Person eindeutig zu groß war, liegen geblieben und hätte mich in meiner kuscheligen Decke eingerollt. Trotzdem riss mich der Wecker erbarmungslos aus dem Schlaf und hörte einfach nicht mehr auf zu klingeln.
Das nervige Piepsen klang viel zu laut in meinen Ohren und ich drückte mir das Kissen auf mein Gesicht, um mich vor dem Lärm zu schützen. Ich wusste, dass die meisten Leute mich für einen Morgenmenschen hielten, weil ich immer perfekt zurechtgemacht war, doch an manchen Tagen wollte auch ich bloß liegen bleiben und so tun, als wäre die Schule abgebrannt.
Aber das war etwas, das ich mir nicht leisten konnte, wenn ich einen guten Schulabschluss wollte. Der war in dieser Gegend unerlässlich, um zur Gesellschaft dazuzugehören. Auf keinen Fall wollte ich mir meine Zukunft verbauen, nur um einmal ausschlafen zu können. Letztendlich konnte ich ja am Wochenende länger schlafen. Deshalb schnaubte ich nach gut zehn Minuten frustriert, weil mich die gedämpften Klänge nicht wieder einschlafen ließen. Ich fuhr mir mit dem Handrücken über meine kitzelnde Nase, die Gott sei Dank nicht mehr entzündet war. Das ganze Wochenende hatte ich mit einer Erkältung gekämpft, doch pünktlich zum Wochenstart hatte ich sie überwunden. Es wäre auch eine Schande gewesen, mit tropfender Nase im Unterricht zu sitzen und gebrauchte Taschentücher auf meinem Tisch zu horten. Widerlich menschlich nannte meine Mom das, schließlich zeigte es, dass wir keine perfekten Wesen waren, sondern ebenfalls die Grippe bekamen.
Ich bewegte meine müden Knochen aus dem Bett und gähnte ausgiebig, während ich mir den Schlaf aus den Augen rieb. Halb gebeugt schlurfte ich ins angrenzende Badezimmer und sah in den Spiegel, nachdem ich meine Brille, die wie jeden Morgen am Waschbeckenrand lag, aufgesetzt hatte. Schläfrig blickten mir zwei kristallblaue Augen entgegen, als ich mir die Zähne putzte und meine Haut mit Seife säuberte.
Ich fand mich an den meisten Tagen schön mit meiner hellen Haut und den geschwungenen Lippen, trotzdem hatte ich immer etwas zu meckern. Egal, ob es um einen Pickel ging, der genau dann auftauchte, wenn ich es am wenigsten gebrauchen konnte, oder um eine Strähne, die einfach nicht richtig sitzen wollte. Obwohl ich Mädchen kannte, die weitaus schlimmer dran waren als ich, hörte ich täglich die Stimme meiner Tante im Kopf, die mir sagte, ich könnte mich noch so sehr anstrengen, würde aber niemals perfekt sein. Immer wieder zeigten mir die Kleinigkeiten, dass ich nie so aussehen würde, wie meine Cousinen, die perfekte Kopien meiner Tante waren. Sie war bereits zum zweiten Mal zur schönsten Schauspielerin gekürt worden.
»Isabella, bist du schon aufgestanden?«, rief meine Mom aus der Küche und ich war sogar zu müde, um sie zu korrigieren.
Jahrelang hatte ich sie gebeten, mich nicht Isabella, sondern Isa zu nennen, doch sie wehrte sich strikt, meinen schönen Namen zu verschandeln , wie sie selbst sagte. Dass ich ihn nicht mochte, ignorierte sie dabei gekonnt.
»Ja«, schrie ich, bevor ich meinen Pyjama auszog und zusammengelegt auf der Kommode neben den Handtüchern ablegte.
Es war ein Ritual, das ich mir seit meiner frühesten Kindheit eingeprägt hatte. Niemals würde meine Wäsche zerknüllt auf dem Boden in einer Ecke liegen, wie es bei den meisten Jugendlichen der Fall war.
»Sehr gut. Beeil dich, sonst kommst du zu spät!«, hörte ich noch, bevor ich unter die Dusche sprang und meine Umgebung ausblendete.
Ich liebte meine Mom, aber seit sie nicht mehr arbeitete, überwachte sie jeden meiner Schritte. Das war für ein Mädchen mitten in der Pubertät eine Qual.
Unter dem Duschkopf ließ ich das heiße Wasser über meinen Körper fließen und lehnte mich an die Wand, um zu entspannen und den Halbschlaf abzuschütteln. Ich hatte einen anstrengenden Tag vor mir. Zum einen mussten wir in Kunst unsere Bilder fertigstellen, zum anderen war es dringend nötig, den Stoff in Literaturgeschichte zusammenzufassen, wenn ich dieses Jahr meinen Notendurchschnitt halten wollte. In nicht einmal drei kurzen Wochen würde die Prüfungsphase beginnen und ich fühlte mich absolut unvorbereitet, obwohl ich schon seit Tagen lernte.
Nachdem ich fertig war und meine Haut trocken rubbelte, verschwand die Müdigkeit ein wenig und meine Motivation kehrte zurück. Ich schlüpfte in die weiße Bluse, die ich mir gestern zurechtgelegt hatte, und zog meinen schwarzen, perfekten Faltenrock an, der knapp meine Knie bedeckte. Kürzer wäre nuttig gewesen und länger zu prüde.
Ich band mir die blonden Haare zu einem Zopf, da sie mir sonst ins Gesicht fielen, und legte mir die Silberkette meiner Grandma um, die ich seit ihrem Tod täglich trug. Ich hatte meine Granny geliebt. Sie hatte mich verteidigt, mich mit ihrer unbeschwerten Art aufgeheitert und mir das Gefühl gegeben, ihr eigenes kleines Wunder zu sein. Der Verlust war hart für mich gewesen. Plötzlich war da niemand mehr, der meine Tränen trocknete oder mich zum Lachen brachte. Stattdessen hatte ich einen grauen Grabstein, auf dem ihr Name stand und die Erinnerung an schrottreifes Metall, das mit viel Fantasie entfernt an ein Auto erinnerte, in dem sie stets saß, ehe ein betrunkener Fahrer sie gerammt hatte.
Ein letztes Mal kontrollierte ich mein Aussehen im Spiegel und schluckte die aufkommenden Tränen hinunter, bevor ich die Treppe hinablief, um zu frühstücken.
»Du siehst fantastisch aus, Engelchen«, meinte mein Dad, wofür ich ihm ein Lächeln schenkte.
Dad war vollkommen anders als meine Mom, auch wenn er kaum da war, um das zu beweisen. Er hätte mich ebenfalls schön gefunden, wenn ich mit Jogginghosen und Turnschuhen aus dem Haus gegangen wäre, während Mom mir bereits einen Vortrag hielt, wenn ich Socken zu offenen Schuhen anzog oder mehr als drei Farben trug.
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