Uwe Klausner
Operation Werwolf – Fememord
Kriminalroman
Lynchjustiz Bei der Jagd nach dem »Werwolf«, einem der berüchtigtsten Serientäter in der Kriminalhistorie der Stadt, stößt Tom von Sydow, Kommissar bei der Mordinspektion Berlin, auf die langersehnte heiße Spur. Dass er selbst damit in Gefahr gerät, wird dem Ermittler jedoch bald klar. Stellt sich doch heraus, dass es sich bei dem »Phantom der S-Bahn« um ein Mitglied der SS handelt, dessen Verbindungen bis in höchste Kreise reichen. Eine Erkenntnis, mit der sich Sydow bei seinen Vorgesetzten keine Freunde macht – und die dazu beiträgt, dass er und sein Partner Kalinke ins Visier des allmächtigen Sicherheitsapparates geraten, allen voran Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamts und Himmlers rechte Hand. Gerade Ersterer, Herr über ein weitverzweigtes Spitzelsystem und Architekt der »Endlösung der Judenfrage«, lässt nichts unversucht, um den unbequemen Quertreiber auszuschalten – und dies mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Ein ungleiches Duell, bei dem Sydow denkbar schlechte Karten zu besitzen scheint …
Uwe Klausner wurde in Heidelberg geboren und wuchs dort auf. Sein Studium der Geschichte und Anglistik absolvierte er in Mannheim und Heidelberg, die damit verbundenen Auslandsaufenthalte an der University of Kent in Canterbury und an der University of Minnesota in Minneapolis/USA. Heute lebt Uwe Klausner mit seiner Familie in Bad Mergentheim. Neben seiner Tätigkeit als Autor hat er bereits mehrere Theaterstücke verfasst, darunter »Figaro – oder die Revolution frisst ihre Kinder«, »Prophet der letzten Tage«, »Mensch, Martin!« und erst jüngst »Anonymus«, ein Zweiakter über die Autorenschaft der Shakespeare-Dramen, der 2019 am Martin-Schleyer-Gymnasium in Lauda uraufgeführt wurde.
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Willy Pragher, Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, W 134 Nr. 009499b
https://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-727030-1
ISBN 978-3-8392-6968-8
»Die Nazi-Partei duldete keine kriminellen Banden neben sich. Sie machte Berlin zur Kommandozentrale von Verbrechen einer ganz neuen Dimension: der staatlich gedeckten Entwürdigung, Freiheitsberaubung, Ausplünderung und Ermordung von Millionen unschuldiger Menschen.«
(Michael Bienert / Elke Linda Buchholz, Die Zwanziger Jahre in Berlin. Ein Wegweiser durch die Stadt, Berlin 2018, S. 255)
(alphabetisch, Teil I–III)
Elsa Bruckmann, Schülerin
Paul Derpa, Revierleiter
Paul Hanke, Polizeibeamter
August Henschel, Justizoberrat
Erich Kalinke, Kriminalassistent und Sydows rechte Hand
Hertha Krause alias ›Bijou‹, Animierdame im Tanz-Kabarett »Kakadu«
Max Jakubeit, Unterscharführer des SD der SS
Rudolf Lehmann, Kriminalhauptsekretär der Gestapo
Emil Leschek, genannt Hantel-Emil, Türsteher im Tanz-Kabarett »Kakadu«
Brad Macintosh alias Mark Cameron, Redaktionsleiter der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin
Jacques Mannsdörfer, Pathologe
Jens Marquardt, Internist
Erna Mentzel, Hausverwalterin
Hagen Mertz, Kriminalobersekretär der Gestapo
Eberhard Michalski, Kriminalassistent und stellvertretender Leiter der Spurensicherung
Adele Mürwitz, Pensionärin
Adolf Peschke, Frührentner
Erna Pommerenke alias »Tante Lola«, Grande Dame der Berliner Halbwelt
Karl Prittwitz, Oberbahninspektor
Mira Schultz, Personalsachbearbeiterin beim RSHA
Friedbert Schultze-Maybach, Sydows Vorgesetzter und Leiter der Kriminalgruppe M der Kripo Berlin
Ava Schumann, Revue-Tänzerin
Tom von Sydow, Kommissar der Mordinspektion Berlin
Ida Varese, Ehefrau des italienischen Botschafters
Theodor Wattke, Leiter der Spurensicherung
Bodo Wilmers, Chefarzt
Heinz Wischulke, Sanitätsgefreiter
(alphabetisch)
Reinhard Heydrich (1905–1942), Chef des RSHA
Heinrich Himmler (1900–1945), Reichsführer-SS, Reichsinnenminister und Chef der Deutschen Polizei
PROLOG
FREITAG, 4.7.1941
Berlin-Friedrichshain, Betriebsbahnhof Rummelsburg
14:00 Uhr
Angst vor dem Dunkeln, in deinem Alter.
Wenn deine Freundinnen davon erfahren, die lachen dich aus.
Du bist doch schon sieben, Elsa. Schluss mit dem Theater, ab ins Bett.
Von wegen Theater. Die Angst vor dem Dunkeln, die sie nach dem Zubettgehen packte, für Elsa Bruckmann war sie real gewesen. Egal was ihre Eltern sagten, so sehr sie auch mahnten, drohten oder mit Engelszungen auf sie einredeten, gegen ihre Angst vor der Finsternis kamen sie nicht an.
Ob mit sieben oder siebzehn, das Problem, vor dem sie stand, war das gleiche.
Wenn es dunkel wurde, kam die Angst.
Heute, am Tag ihrer Entführung, heftiger denn je zuvor.
Fast schien es, als sei sie wieder klein, ein Mädchen von sieben Jahren, das den Umzug nach Berlin nicht verkraftet hatte. Jeden Abend war es dasselbe Theater gewesen, insofern hatten ihre Eltern recht. Kaum hatte ihre Mutter das Licht ausgeknipst, verschwand sie auch schon unter der Decke. Fest zusammengekauert, um sich die Ausgeburten der Fantasie vom Leib zu halten.
Vergeblich.
Die Finsterlinge, die in ihrem Kinderzimmer auf der Lauer lagen, in Elsas Augen waren sie aus Fleisch und Blut, wie frisch aus den Dreigroschenheften, die ihr Bruder Alfred heimlich las. Die Schritte ihrer Mutter waren noch nicht verhallt, da standen sie auch schon neben ihrem Bett, an der Spitze Graf Dracula und der Golem, gefolgt von Nosferatu, der danach lechzte, ihr das Blut aus dem schweißgebadeten Körper zu saugen. Doktor Mabuse, Gestaltwandler und Finsterling in einer Person, durfte im Reigen der Schreckensgestalten nicht fehlen, mit Doktor Frankenstein, dessen Blick sie vollends in Panik versetzte, als schaudererregendem Finale.
Doch dann, vor etwa drei, vier Jahren, war der Spuk auf einmal vorbei gewesen, zur Erleichterung ihrer Eltern, die geglaubt hatten, sie sei nicht mehr ganz richtig im Kopf. Im Rückblick hatte sich die Sorge als unbegründet erwiesen, und wie um sie Lügen zu strafen, wurde eine intelligente und ansehnliche junge Frau aus ihr. Keck, adrett und mit auffallend dunklem Teint. Ein echter Hingucker, da waren sich die Nachbarsjungen einig. Doch waren es nicht nur sie, die ihr schmachtende Blicke hinterherwarfen, sondern auch Männer im fortgeschrittenen Alter, weit jenseits der 20 und absolut nicht nach ihrem Geschmack. Letztendlich war sie ja erst 17, und was ihre Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht betraf, da war außer Händchenhalten nicht viel gewesen.
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