In Kapitel 2 lernt der Leser den Aufbau eines Wertschöpfungssystems kennen. Die wichtigsten Bausteine des Systems werden dabei mit Leitsätzen und Methoden untersetzt. Auf diese Weise entsteht ein handlungsorientierter Leitfaden, der zahlreiche Tipps und Erfahrungen aus unserer Praxis enthält – und kein theoretisches Konstrukt.
Kapitel 3 liefert Antworten auf die Frage, wie man das entstandene Wertschöpfungssystem exzellent macht. Basis für den erfolgreichen Weg zur Wertschöpfungsexzellenz ist ein dynamischer Verbesserungsprozess. Dieser Prozess wird in seinen Bestandteilen vorgestellt und in seiner Wirkung erläutert. Einen Schwerpunkt bildet die Beantwortung der Frage, wie Verbesserung und Veränderung organisiert werden.
In Kapitel 4 geht es um die Dynamik der ständigen Verbesserung. Denn ein Wertschöpfungssystem soll nicht nur eingeführt, sondern auch nachhaltig und erfolgreich betrieben werden. Diesem Zweck dienen Instrumente wie Dokumentation und Auditierung. Die Auditierung ist gleichzeitig Gradmesser und Maßstab der Verbesserung.
Kapitel 5 präsentiert ein ausgewähltes, innovatives Beispiel aus einem Vorreiterunternehmen und liefert den Beweis, dass Wertschöpfungssysteme funktionieren und bereits auf den Weg gebracht werden.
Martin Haas, Michael Hahn und Michael Schurr
Bad Boll im Juni 2006
exzellent:
hervorragend, ausgezeichnet, vortrefflich
Exzellenz:
Vortrefflichkeit, Erhabenheit
konsequent:
1. |
folgerichtig, logisch zwingend |
2a. |
unbeirrbar, fest entschlossen |
2b. |
beharrlich, immer, jedes Mal |
Konsequenz:
1a. |
Folgerichtigkeit |
1b. |
Zielstrebigkeit |
2. |
Folge, Aus-, Nachwirkung |
DUDEN Band 5, Das Fremdwörterbuch
Kapitel 1
Herausforderung Exzellenz
von Martin Haas
Inhalt
1.1 Bestandsaufnahme
Die Ausgangsfrage
Die Herausforderungen kennen
1.2 Was exzellente Unternehmen anders machen
Die Leitsätze
1.1 Bestandsaufnahme
Die Ausgangsfrage
Wertschöpfungsexzellenz: „Nice to have“ oder unabdingbare Voraussetzung für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit?
„In Deutschland gehen jeden Tag 1.000 Arbeitsplätze verloren.“ Was ursprünglich als Wahlkampfslogan diente, ist doch annähernd die Wirklichkeit. Kontinuierlich baut das produzierende Gewerbe Arbeitsplätze ab, häufen sich die Insolvenzen, ohne dass der Dienstleistungssektor diese Verluste kompensieren könnte. Tatsächlich verliert die Dienstleistungswirtschaft derzeit viel von ihrem Glanz als Hoffnungsträger unserer Volkswirtschaft, wird sogar zum Ziel spöttischer Bemerkungen: „Dienstleistungswirtschaft heißt, dass wir uns gegenseitig die Haare schneiden“. Diese Sentenz mag polemisch sein, trotzdem enthält sie einen wahren Kern. Jedenfalls sind exportfähige Dienstleistungen, die die Industrie als Konjunkturmotor ablösen könnten, hierzulande bisher Mangelware. Seit Jahren geistert der Begriff der „High Services“ durch die Wirtschaftspresse, bis auf weiteres wird allerdings „High Tech“ am Standort Deutschland die Basis bleiben – und dies auch nur, wenn wir international wettbewerbsfähig sind. Dass das geht, beweisen uns exzellente Unternehmen, die auch hier am Standort weiter wachsen und die nach mehrjähriger Entwicklung in Richtung Exzellenz ihr Verbesserungspotenzial nach wie vor für „unerschöpflich“ halten – Unternehmen, die gelernt haben, die Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen und als Chance zu begreifen. Leider finden wir bei genauerer Analyse noch sehr viele Unternehmen, die anderen Gesetzmäßigkeiten gehorchen.
Nicht nur Menschen neigen bei wachsendem Wohlstand dazu, Fett anzusetzen. Dieses Phänomen ist auch in Unternehmen bekannt. Lebensbedrohlich ist vor allem das unsichtbare und deshalb gefährliche Fett, das sich in den Lebensadern eines Unternehmens, den Wertschöpfungsprozessen, ablagert. Und in den Köpfen von Managern und Mitarbeitern. Typische Symptome:
Entscheidungen werden vertagt, verschleppt oder erst gar nicht getroffen;
die Entwicklung reagiert nur auf Neuprodukte des Wettbewerbs, anstatt selbst offensiv zu agieren;
die Produktion kennt nur zwei Zustände: Vollgas oder Leerlauf, Schwankungen im „mittleren“ Bereich können nicht nachgefahren werden;
organisatorische Änderungen und Umstellungen werden diskutiert, aber nicht realisiert;
die Kapazitätsauslastung der kapitalintensiven Betriebsmittel ist wichtiger als die termingenaue Erfüllung des Kundenwunsches
usw.
Fett macht zufrieden, aber auch unbeweglich und träge. Fett gewordene Unternehmen sind buchstäblich nicht in der Lage, den unberechenbaren Schwankungen der Märkte zu folgen. Ihnen fehlt die lebensnotwendige Agilität, die Anpassungsfähigkeit an ständig veränderte Bedingungen. Und das zeigt bereits die Evolution schonungslos: wer nicht anpassungsfähig ist, gerät auf den absteigenden Ast (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Stufen der Evolution – die Metapher
Wettbewerbsfähigkeit: die erweiterte Sicht
Wettbewerbsfähigkeit ist Grundvoraussetzung für das Überleben eines Unternehmens. Deshalb ist es zunächst richtig, Wettbewerbsfähigkeit anzustreben. Allerdings muss die Sichtweise, dass man Wettbewerbsfähigkeit einmal herstellen und ohne weiteres Zutun auf Dauer erhalten kann, im heutigen, turbulenten Umfeld als überholt gelten. Wer verharrt und sich auf den Lorbeeren einer guten Wettbewerbsposition ausruhen will, wird unweigerlich von der Konkurrenz überholt. Der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit ist eine täglich neue Aufgabe.
Mittel- bis langfristig kann die Wettbewerbsfähigkeit nur durch ständiges Streben nach immer besserer Leistung, nach Exzellenz, gesichert werden. Diese dynamische Sichtweise setzt sich bei Vorreiterunternehmen immer mehr durch. Voraussetzung ist, dass das gesamte Unternehmen „in Bewegung“ gebracht und gehalten wird. Dabei reicht es nicht, einzelne Projekte aufzusetzen, Exzellenz muss gelebt werden.
Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist nicht nur von internen Faktoren, sondern in hohem Maße von den Umgebungsbedingungen, von den Standortfaktoren, abhängig. Und über die Bedingungen am Standort Deutschland wird seit Jahren heftig diskutiert. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft zeigt im globalen Wettbewerb einen deutlichen Trend ins Mittelmaß (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Weltweite Wettbewerbsfähigkeit: Rangordnung von Deutschland (Quelle: World Competitiveness Yearbook (IMD))
Verantwortlich für diesen Abstieg ist vor allem, dass neue Standort-Wettbewerber aufgetaucht sind, die sich um die Ansiedlung von Produktionsunternehmen bemühen und mit den traditionellen Industrieländern konkurrieren. Wir werden hierüber unter dem Stichwort der Globalisierung noch eingehender reden (vgl. Abschnitt 1.2).
Der internationale Wettbewerb ist ein Wettbewerb der Unternehmen und der Standorte. Diesem Trend kann sich auch der Mittelstand nicht mehr entziehen. „Mittelstand spürt den Aufstieg Chinas“ überschreibt die Stuttgarter Zeitung den Bericht über eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (StZ Nr. 100, 2. Mai 2006). Laut dieser Studie „sehen sich 26 Prozent der deutschen Mittelstandsunternehmen“ vom Aufstieg Chinas zur Wirtschaftsmacht betroffen. „Direkt im Geschäft mit den Chinesen sind 17 Prozent und machen dabei überwiegend gute Erfahrungen“ (vgl. ebd.).
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