Die Natur ist eine hervorragende Medizin, und sie lässt uns an ihrer Leben spendenden Kraft teilhaben, wenn wir unseren Platz in dieser großen Schöpfung finden. In jedem von uns steckt das Potenzial, seine Urkraft zu entwickeln. Haben Sie den Mut, bestehende Glaubenssätze zu hinterfragen und neue Muster zu entwickeln! Entdecken Sie die Natur in sich!
Berufung – Eine Begegnung mit sich selbst
»Man muss an seine Berufung glauben
und alles daransetzen, sein Ziel zu erreichen.«
Marie Curie
Als soziale Wesen sind wir darauf angewiesen, dass wir schwingungsfähig sind und unseren Mitmenschen mit Empathie begegnen. Die goldene Regel der Christen: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!« oder »Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst!«, bringt es auf den Punkt.
Lebt man danach, eröffnet sich die wunderbare Möglichkeit, den anderen ohne die Verzerrungen der eigenen Ansprüche anzunehmen. Als Nächstenliebe ist helfendes Handeln für andere Menschen zu verstehen. »Liebe« bedeutet hier jede dem Gedeihen des Mitmenschen zugewandte uneigennützige Gefühls-, Willens- und Tatenhandlung. Der »Nächste« kann jeder Mensch sein, der uns begegnet, aber der Schlüssel zur Empathie liegt in einer gesunden Selbstliebe verborgen – in einer entwickelten, reflektierten und emotional anpassungsfähigen Persönlichkeit. Selbstliebe bedeutet somit nicht, dass man ein ungesundes Leben führen kann oder gar ein Leben, das ausschließlich auf den eigenen Vorteil hin ausgerichtet ist. Nein, Selbstliebe bedeutet, Verantwortung zu übernehmen!
Wir leben in einem System, das auf Konkurrenz, Leistung und Klassenspaltung basiert. Dass uns eine solche Form des Zusammenlebens auf Dauer krank und wenig glücklich macht, liegt auf der Hand. Wenn wir uns den Wald als Vorbild nehmen, dann stellen wir fest, dass der einzelne Baum in seiner gesamten Wachstumsphase die Bäume ringsum integriert und rücksichtsvoll achtet, anstatt sein Kronendach über alle Maßen auszubreiten. Er gesteht auch seinen Artgenossen einen Platz an der Sonne zu, denn er weiß instinktiv, dass er selbst und ebenso alle anderen nur in der Gemeinschaft stark sind. Ein einzelner Baum hält keinem großen Sturm stand, aber als Wald stützen sich die Bäume gegenseitig. Zum Gelingen eines gesunden Wachstums und eines fruchtbringenden Zusammenlebens gesellen sich Farne, Pilze, Insekten, Vögel und Tiere zu ihnen. Im steten Austausch spenden sie sich gegenseitig Nährstoffe, Wohnraum, speichern füreinander Wasser, Licht und Wärme, und selbst der Tod des Einzelnen wird zum Lebensraum und Geburtsmoment Tausender neuer Lebensformen.
Im Ökosystem Wald ist alles von einem tiefen Sinn durchdrungen. Auch wir Menschen müssen unserer individuellen, inneren Bestimmung folgen, um ganz im Sinne der Nächstenliebe andere Menschen an unseren Gaben teilhaben lassen zu können. All das setzt Großzügigkeit voraus! Großzügigkeit gegenüber unseren Mitmenschen und uns selbst. Wenn ich in meinem Leben reife Früchte ernten möchte und auf Chancen und Gerechtigkeit hoffe, so muss ich auch selbst fruchtbare Saat ausbringen.
In den Worten Pablo Picassos: »Der Sinn des Lebens besteht darin, deine Gabe zu finden. Der Zweck des Lebens ist, sie zu verschenken.«.
Großzügigkeit, Nächstenliebe und Individualität scheitern meist an der Missgunst und dem Neid des Einzelnen. Im Buch der Sprüche (14,30) steht geschrieben: »Ein gelassenes Herz bedeutet Leben für den Leib, doch Knochenfraß ist die Leidenschaft.«
Dieser Vers will uns sagen, dass uns die Orientierung am Außen, an Besitz, Prestige oder dem Erfolg anderer daran hindert, unserer eigenen Berufung zu folgen. Wenn uns Eifersucht, Gier oder Selbsthass zerfressen, lernen wir erst gar nicht, auf diesen zarten leisen Ruf in uns zu hören. Alles wird übertönt vom Frust und von der Anstrengung, es den anderen gleichzutun.
In Jakobus (4,1 – 2) heißt es: »Woher kommen Kriege bei euch, woher Streitigkeiten? Etwa nicht von den Leidenschaften, die in euren Gliedern streiten? Ihr begehrt und erhaltet doch nichts. Ihr mordet und seid eifersüchtig und könnt dennoch nichts erreichen. Ihr streitet und führt Krieg. Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet.«
Wenn wir nur ein Auge dafür haben, wie die Gesetze der Ganzheitlichkeit in den Leben anderer wirken, werden wir oft blind für die Optionen unserer eigenen Welt. Der Weg zur inneren Zufriedenheit, zur eigenen Gesundheit oder in die eigene Berufung wird nicht gelingen, wenn Sie versuchen, ausschließlich den Wegen anderer zu folgen.
Es klingt so selbstverständlich, aber die wenigsten Patienten, die neu in meine Praxis kommen, haben sich bisher tatsächlich gefragt, ob zur Besserung ihrer Situation womöglich eine gänzlich neue Lebenshaltung der erste Schritt sein könnte. Unser Leben besteht aus Lektionen und Prüfungen. Neid, Passivität und Geltungssucht sind nur einige wenige davon. Wenn Sie diese Motive zum Antrieb Ihres Handelns wählen, wird dies früher oder später durch das Leben selbst entlarvt und Ihr Selbstbild erschüttert werden. Wahre Freude entsteht im Inneren und ist das Resultat eines mutigen, dynamischen Lebens. Richten Sie Ihre Gedanken immer wieder neu aus. Seien Sie nie zu alt oder zu jung! Die verschiedenen Phasen und Zyklen unseres Lebens sind gleichwertig, und diese Gewissheit spendet uns die Zuversicht, dass jede Einsicht ihre Zeit hat. Vergleichen Sie sich nicht mit Ihren Mitmenschen, lassen Sie sich nicht auf den Wettstreit der Leistungsgesellschaft ein, sondern seien Sie einzigartig.
Ich musste über viele Jahre lernen, dass meine Andersartigkeit gut ist und dass sie mir gefällt. Einzigartigkeit hat Wert! »Wasche dein Herz vom Bösen rein, Jerusalem, damit du gerettet wirst! Wie lange noch wohnen in dir deine frevelhaften Gedanken?« (Jeremia 4,14). Am Beispiel der Israeliten sehen wir, dass Habsucht, Gier und Neid nicht ins gelobte Land führen. Die Orientierung am Außen führte die aus Ägypten befreiten Israeliten auf eine vierzigjährige Reise durch die Wüste, und viele von ihnen erlebten die Ankunft nie. Die nur etwa 400 Kilometer weite Reise der Israeliten wurde zu einer 40 Jahre dauernden Irrwanderung eines ganzen Volkes.
»Und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene« (Römer 12,2).
Natürlich fordert eine solche Lebenseinstellung Einsatz, Geduld und Fleiß. Sie werden Ihren Tagesablauf verändern müssen, möglicherweise früher aufstehen, alte Gewohnheiten ablegen und neue Dinge lernen müssen, dann werden Sie aber erkennen, dass sich die eigene Berufung in der Zusammenarbeit mit anderen erfüllt. Während der ersten Jahre meiner Praxistätigkeit habe ich viel Schmerz, Einsamkeit und emotionale Entfremdung in den Gesichtern der Menschen gesehen. Sie kamen aus so vielen Beweggründen. Ich erkläre meinen Patienten, dass ihr Schmerz, egal ob physischer oder psychischer Natur, in erster Linie in guter Absicht kommt. Schmerzen wollen uns schützen. Sie sind unmissverständliche Signale, die uns, ganzheitlich betrachtet, zur Umkehr auffordern.
Ich sehe meine Gabe und meine Berufung als Heilpraktiker nicht darin, ein Verwalter von Krankheiten zu sein. Ich sitze meinem Besucher gegenüber, um ihm neue Räume zu öffnen und um ihm bedingungslose Liebe zu schenken. Um sich dazu zu befähigen, braucht es eine sehr bewusste Routine der Selbstfürsorge. Ich liebe es, Bäume zu besuchen, zu umarmen und mit ihnen zu sprechen. Ich klage ihnen meine Sorgen und Ängste. Das ist eine Übung, die ich ganz besonders mag. Ich sitze auch gern mit geschlossenen Augen am Fluss und stelle mir vor, wie das Wasser all meine Sorgen mit sich wegträgt. Dann schöpfe ich neue Kraft und Inspiration für meine Arbeit.
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