Insgesamt ergibt sich also ein Bild des vorsichtigen, zum Teil aber auch offensiven Rückzugs der Kirche aus gesellschaftlichen Handlungsfeldern. Das ließe sich auch noch verdeutlichen an den vielen Beispielen der Preisgabe diakonischer Aufgaben. Zwar wird immer wieder betont, dies geschehe alleine aufgrund veränderter finanzieller Möglichkeiten; betrachtet man aber die kirchliche Gesamttendenz, so scheinen hierfür nicht nur ökonomische Fragen handlungsleitend zu sein, sondern durchaus auch pastorale Schwerpunktsetzungen und wesentliche Veränderungen in der Verhältnisbestimmung von Kirche und Gesellschaft.
Hier soll zunächst die Analyse der herrschenden kirchlichen Bedingungen unterbrochen werden, um in einem weiteren Schritt eine extraekklesiale Erhellung der Situation vorzunehmen, freilich auch hier ohne Anspruch auf Vollständigkeit, vielmehr gedacht als Versuch, einige für die Theologie relevante Grundbefindlichkeiten herauszuarbeiten. Wir werden aber im dritten Kapitel die Analyse der kirchlichen Praxis unter besonderer Berücksichtigung der Sakramentenpraxis wieder aufnehmen.
1Vgl. Belok, M., Kooperative Pastoral. Zauberwort oder pastoraler Paradigmenwechsel?, in: Pastoralblatt 54 (2002), 300-309
2Vgl., Haslinger, H., Diakonie zwischen Mensch, Kirche und Gesellschaft. Eine praktisch-theologische Untersuchung der diakonischen Praxis unter dem Kriterium des Subjektseins des Menschen, Würzburg 1996
3Vgl. Mette, N., Einführung in die katholische Praktische Theologie, Darmstadt 2005
4Vgl. Schöttler, H. G., Plädoyer für eine religionskritische Pastoraltheologie, in: Theologische Quartalschrift (Tübingen) 182(2002)101-127
5Vgl., Bünker, A., Missionarisch Kirche sein? Eine missionswissenschaftliche Analyse von Konzepten zur Sendung der Kirche in Deutschland (Theologie und Praxis 23), Münster 2004
6Vgl. Haslinger, H., Mystagogische Seelsorge. Eine lebensgeschichtlich orientierte Pastoral. Hg. gemeinsam mit Stefan Knobloch, Mainz (Grünewald) 1991
7Hunstig,H.-G. / Ebertz, M. N. (Hrsg.), Hinaus ins Weite. Gehversuche einer milieusensiblen Kirche, Würzburg 2008
8Vgl. Schöttler, H.-G., „Als in die Zeit Gebundene suchend finden sie…“ Überlegungen zu einer lebensdienlichen Konzeption der Pastoraltheologie, a.a.O.
9Vgl. Baumgartner, I., Pastoralpsychologie. Einführung in die Praxis heilender Seelsorge, Düsseldorf 21997
10Vgl. Nauer, D., Politisch-Befreiende Seelsorge. Zur gesellschaftspolitischen Dimension christlicher Seelsorge, in: Praktische Theologie und Politik. Hg. v. Bucher, Rainer, Rainer Krockauer. Münster 2006, 165-181
11Vgl. Höhn, H. J., Religion in der modernen Stadt. Soziologische Streiflichter, in: Hirschberg 56 (2003) 100-110
12Vgl., Ebertz, M. N., Kirche im Gegenwind. Zum Umbruch der religiösen Landschaft, Freiburg 1997
13Vgl. Steinkamp, H., Solidarität und Parteilichkeit. Für eine neue Praxis in Kirche und Gemeinde, Mainz 1994
14Vgl. zu all dem umfassend: Nauer, D., Seelsorgekonzepte im Widerstreit. Ein Kompendium, Stuttgart / Berlin / Köln 2001
15Vgl. dazu die breite Diskussion der vielfältigen Entwürfe in Nauer, D., Seelsorgekonzepte im Widerstreit. Ein Kompendium, Stuttgart / Berlin / Köln 2001
16Vgl. Pastoralamt des Bistums Basel, „Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit“. Ein Arbeitsinstrument für pastorales Handeln im Bistum Basel, Solothurn 1993
17Die Pastoralkonzepte selbst können hier nicht zum Gegenstand gemacht werden. Vgl. dazu Pock, J., Gemeinden zwischen Idealisierung und Planungszwang. Biblische Gemeindetheologien in ihrer Bedeutung für gegenwärtige Gemeindeentwicklungen. Eine kritische Analyse von Pastoralplänen und Leitlinien der Diözesen Deutschlands und Österreichs (Tübinger Perspektiven zur Pastoraltheologie und Religionspädagogik 26), Münster 2006
18Generalvikariat der Diözese Würzburg, Verwirklichung kooperativer Pastoral in der Diözese Würzburg, 2. veränderte und erweiterte Auflage, Würzburg 2003, 7
19Vgl. ebd., 8
20Vgl. ebd., 10; die Bemerkungen zum Pastoralplan von Würzburg sollen pars pro toto gelten und dienen einer symptomorientierten Wahrnehmung.
21Marx, R., Die Vergrößerung des pastoralen Raumes und die Nähe zu den Menschen, in: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), „Mehr als Strukturen … Entwicklungen und Perspektiven der pastoralen Neuordnung in den Diözesen“. Dokumentation des Studientages der Frühjahrs-Vollversammlung 2007 der Deutschen Bischofskonferenz. Arbeitshilfen, Nr. 213. Herausgegeben vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2007, 62-68; 65
22Vgl. Tebartz-van-Elst, F.-P, Gemeinden verändern sich. Mobilität als pastorale Herausforderung, Würzburg 2001
23Ebd., 47
24Vgl. Haslinger, H., „Um des Menschen willen!“ Worum es in der Jugendarbeit geht, wenn Gott ins Spiel kommt, in: Kruip, G. / Hobelsberger, H. / Gralla, A. (Hg.), Diakonische Jugendarbeit. Option für die Jugend und Option von Jugendlichen, München 1999, 57-82; in der Theologie der Befreiung gibt es ebenfalls eine interessante Erweiterung oder gar Präzisierung der Option für die Armen hin zu einer Option für die Anderen. Vgl. Suess, P., Junger Wein in alte Schläuche. Zum Theologietransfer aus und nach Lateinamerika, in: Schillebeeckx, E., Mystik und Politik. Theologie im Ringen um Geschichte und Gesellschaft. Johann Baptist Metz zu Ehren, Mainz 1988, 44-56
25Vgl. Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), „Mehr als Strukturen …“ Neuorientierung der Pastoral in den (Erz-)Diözesen. Ein Überblick. Arbeitshilfen 216, Bonn 2007, 78; vgl. auch Pock, J., Gemeinden zwischen Idealisierung und Planungszwang. Biblische Gemeindetheologien in ihrer Bedeutung für gegenwärtige Gemeindeentwicklungen. Eine kritische Analyse von Pastoralplänen und Leitlinien der Diözesen Deutschlands und Österreichs, Münster 2006; Belok, M. (Hrsg.), Zwischen Vision und Planung. Auf dem Weg zu einer kooperativen und lebensweltorientierten Pastoral. Ansätze und Erfahrungen aus 11 Bistümern in Deutschland, Paderborn 2002
26Ebd., 27
27Metz, J. B., Fehlt uns Karl Rahner? Oder: Wer retten will muß wagen, in: Rahner, K., Strukturwandel der Kirche als Aufgabe und Chance. Mit einer Einführung von Johann Baptist Metz, Freiburg 1989, 9-24; 11
28Ebd., 14
29Ebd., 15
30Synodenbeschluss Dienste und Ämter, 1.3.2
31Ebd.
32Vgl. Metz, J. B., „Wenn die Betreuten sich ändern“. Unterwegs zu einer Basiskirche, in: ders., Jenseits bürgerlicher Religion. Reden über die Zukunft des Christentums, Mainz 1980, 111-125
33Steinkamp, H., Selbst „wenn die Betreuten sich ändern“, in: Schillebeeckx, E. (Hrsg.), Mystik und Politik. Theologie im Ringen um Geschichte und Gesellschaft. Johann Baptist Metz zu Ehren, Mainz 1988, 354-363; 358
34In kirchenrechtlicher Perspektive ist Pfarrei im Anschluss an CIC, can. 515, §1 eine bestimmte, in einer Teilkirche auf Dauer angelegte und unter der Autorität des Diözesanbischofs mit einem Pfarrer als eigenem Hirten versehene Gemeinschaft zu verstehen. Sie ist der Ort, an dem sich alle Gläubigen zur sonntäglichen Eucharistiefeier versammeln können und die das christliche Volk in die christliche Liturgie einführt.
35Norbert Greinacher hält für die Gemeinde im Unterschied zur Pfarrei fest, die Identität einer Gemeinde ergebe sich aus ihrem Gegründetsein in Jesus Christus, sie sei eine funktionale Größe, die nicht für sich selbst, sondern als Verweis auf Jesus und dessen Basileia da sei, sie betätige sich im praktischen Widerspruch zu allem, was Menschen beschädige oder vernichte als Anwalt der Menschlichkeit, sie zeichne sich durch die grundlegende Gleichheit aller ihrer Glieder aus, trete für die Freiheit aller Menschen ein etc. Vgl. Greinacher, N., Zielvorstellungen einer kirchlichen Gemeinde von morgen, in: ders. u.a. (Hg.), Gemeindepraxis. Analysen und Aufgaben, München / Mainz 126-141; 131
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