1 ...6 7 8 10 11 12 ...42 Sie können sehr wohl gemeinnützige »Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege« betreiben, allerdings nicht mit ihrem Krankenhaus, sondern nur auf andere Weise, z. B. durch Maßnahmen der Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten (Seuchen), des Arbeitsschutzes, der Unfallverhütung, der Rettung aus Lebensgefahr, der Bekämpfung von Zivilisationskrankheiten, von Krebs und Aids oder der Bekämpfung des Drogen- und Rauschmittelmissbrauchs. 89
Zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens gehören auch die Förderung der Jugendzahnpflege 90 und die vorbeugende Gesundheitshilfe i. S. d. § 47 SGB XII 91 , ferner die Förderung der gesundheitlichen Selbsthilfe / Prävention 92 im Sinne der §§ 20 bis 24 SGB V. Außerdem rechnen dazu die Lebensmittelüberwachung 93 und die Überwachung des Apotheken- und Arzneimittelwesens sowie des Verkehrs mit Giften 94 und die Pflege kranker Menschen außerhalb von Krankenhäusern, also z. B. in Rehabilitationseinrichtungen oder zu Hause. 95 Auch sog. Kurmittel-, Kneipp- und Naturheilvereine fallen grundsätzlich unter § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO 96 , ebenso arbeitsmedizinische Zentren. 97
Die Förderung der Rettung aus Lebensgefahr ist allerdings ein eigenständiger gemeinnütziger Zweck (§ 52 Abs. 2 Nr. 11 AO). Gleiches gilt für die Förderung des Feuer-, Arbeits-, Katastrophen- und Zivilschutzes sowie der Unfallverhütung (§ 52 Abs. 2 Nr. 12 AO).
Nicht zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens sollen – jedenfalls nach Auffassung des BFH – wirtschaftsberatende Tätigkeiten gehören, z. B. die Entwicklung eines Krankenhausfinanzierungssystems (konkret: die Entwicklung, Errichtung und Pflege eines Vergütungssystems für die allgemeinen vollstationären und teilstationären Krankenhausleistungen auf DRG-Grundlage nach Maßgabe des KHG), auch wenn diese Tätigkeiten nach Maßgabe gesetzlicher Vorgaben (hier: § 17b Abs. 2 KHG) erbracht werden. 98 Entsprechendes wird für die Entwicklung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische Einrichtungen (§ 17d KHG) zu gelten haben.
Für einen steuerbegünstigten Krankenhauszweckbetrieb ist zwingend die Erfüllung der Voraussetzungen des § 67 AO erforderlich. Insbesondere kann insoweit nicht auf die Vorschrift des § 66 AO (»Wohlfahrtspflege«) hilfs- oder ersatzweise zurückgegriffen werden. Dies ist durch § 66 Abs. 3 Satz 2 AO, der für Krankenhäuser ausdrücklich auf die Regelung des § 67 AO verweist, ausgeschlossen. 99 Andererseits macht dieser Verweis deutlich, dass Krankenhäuser dem Grunde nach zu den Einrichtungen der Wohlfahrtspflege zu zählen sind. 100
Wegen dieses Verweises kommt die Verfolgung gemeinnütziger Zwecke durch einen Krankenhausbetrieb als »Einrichtung der Wohlfahrtspflege i. S. d. § 66 AO« grundsätzlich nicht in Betracht.
Eine abweichende Beurteilung ist für Medizinische Versorgungszentren (MVZ) vorzunehmen. Nach einer Entscheidung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder sind Medizinische Versorgungszentren nach § 95 SGB V als Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (i. S. d. § 66 AO) anzuerkennen, wenn mindestens zwei Drittel der Leistungen hilfsbedürftigen Personen (i. S. d. § 53 AO) zugute kommen. 101 Ein MVZ ist kein Krankenhaus (i. S. d. § 2 Nr. 1 KHG bzw. des § 107 Abs. 1 SGB V); somit ist für ein MVZ § 67 AO nicht einschlägig, sondern § 66 AO.
Ob diese Rechtsauffassung auf Dauer gültig sein kann, ist nicht zweifelsfrei, und zwar wegen eines BFH-Beschlusses vom 18.09.2007 zur (fehlenden) Gemeinnützigkeit von Rettungsdiensten und Krankentransporten. 102 Dessen Entscheidungsgründe können sich durchaus auf die Tätigkeit eines MVZ übertragen lassen. 103 Dieser BFH-Beschluss wird von den Finanzbehörden allerdings bei Rettungsdiensten und Krankentransporten über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewendet. 104
Der Träger eines Krankenhauses kann seinen Status als steuerbegünstigte Körperschaft auch über die Förderung mildtätiger Zwecke (i. S. d. § 53 AO), also nicht über die Förderung gemeinnütziger Zwecke (i. S. d. § 52 AO), begründen (s. o.). Diese muss allerdings in der Satzung eindeutig so festgelegt werden. Bei bestehenden Satzungen müsste dies durch eine Anpassung der Satzung bzw. der dort definierten Satzungszwecke geschehen.
Der Betrieb eines Krankenhauses kann nicht nur auf die Verfolgung eines gemeinnützigen Zweckes (i. S. d. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO) gerichtet sein, sondern auch auf einen mildtätigen Zweck, weil Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind, im Rahmen eines Krankenhauses selbstlos unterstützt werden. Insoweit treten gewisse Überschneidungen der Verfolgung gemeinnütziger und mildtätiger Zwecke auf. 105
Bei einem Krankenhausbetrieb liegt regelmäßig (auch) eine selbstlose Unterstützung von Personen vor, die infolge ihres körperlichen, geistigen und/oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen oder wirtschaftlich unterstützungsbedürftig sind (§ 53 Nr. 1 und Nr. 2 AO). 106 Bei der wirtschaftlichen Unterstützungsbedürftigkeit sind stets eine Berechnung der maßgeblichen Einkünfte und Bezüge einerseits sowie eine Berechnung des Vermögens andererseits für jede unterstützte Person vorzulegen. 107 Für bestimmte Sachverhalte sieht § 53 Nr. 2 AO S. 6 ff. Nachweiserleichterungen bzw. -verzichte vor, die teilweise (formlos) beim zuständigen Finanzamt beantragt werden müssen. 108
Beim Betrieb eines Krankenhauses sind die in § 53 Nr. 1 AO definierten Voraussetzungen für eine mildtätige Körperschaft dem Grunde nach erfüllt, ohne dass es auf eine etwaige »wirtschaftliche Unterstützungsbedürftigkeit« im vorgenannten Sinne ankommt. Allerdings erstreckt sich die Tätigkeit eines Krankenhauses nicht nur auf die individuelle Unterstützung von Patienten (als »persönlich bedürftigen Personen«), sondern umfasst auch z. B. den diagnostischen Bereich sowie die vorbeugende Gesundheitspflege, sodass nicht ausschließlich mildtätige Aktivitäten entfaltet werden. Die unterschiedlichen Tätigkeiten in einem Krankenhaus lassen sich deshalb häufig nicht eindeutig dem mildtätigen oder dem gemeinnützigen Bereich zuordnen. Deshalb werden Krankenhäuser üblicherweise als gemeinnützige Einrichtungen zur Verfolgung der Zwecke i. S. d. § 52 Abs. 2 Nr. 3 AO (»Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege«) konzipiert. 109
In den Satzungen bzw. Gesellschaftsverträgen von freigemeinnützigen Krankenhausträgern finden sich z. T. Formulierungen, nach denen mit dem Krankenhaus (betrieb) gemeinnützige Zwecke – in der Form der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens – und mildtätige Zwecke verfolgt werden. Dies ist aus formalen satzungsrechtlichen Gründen, worauf später noch im Einzelnen einzugehen sein wird, u. U. problematisch (jedenfalls dann, wenn neben dem eigentlichen Krankenhausbetrieb keine weitere steuerbegünstigte (hier: mildtätige) Tätigkeit ausgeübt wird. Im Übrigen ist auch im Bereich der mildtätigen Zweckverfolgung der Krankenhausbetrieb nur dann ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb, wenn die Voraussetzungen des § 67 AO erfüllt sind. Das »Abstellen« auf die Mildtätigkeit hilft also bei Nichterfüllen der Voraussetzungen des § 67 AO hinsichtlich der Steuerbegünstigung des Krankenhausbetriebs nach § 67 AO nicht weiter.
Soweit es um Krankenhäuser in der (unmittelbaren) Trägerschaft von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften 110 geht, könnte schließlich eine » Förderung kirchlicher Zwecke« (i. S. d. § 54 AO) gegeben sein. Nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist der Betrieb eines solchen Krankenhauses grundsätzlich Gegenstand des kirchlichen Verkündigungsauftrages und Ausdruck der tätigen Nächstenliebe. 111
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