Manfred Gerspach - Verstehen, was der Fall ist

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Pädagogik ist Fallarbeit – die Arbeit am Fall strukturiert ihre Praxis. Fallverstehen meint hier immer sinnverstehendes Erfassen eines sozialen Phänomens, die Rekonstruktion von Sinnzusammenhängen. Das Buch zeigt, dass die Psychoanalyse mit ihrer besonderen Methode des Verstehens, mit ihrem auf Sinnverstehen gerichteten Wissen und Können Pädagogen ein vertieftes Fallverstehen und darüber einen erheblichen Kompetenzzuwachs ermöglicht. Mehr noch: Die Psychoanalytische Pädagogik weist weit über jene Selbstbeschränkungen und normativen Setzungen der reinen Beobachtungs- und Erklärungswissenschaften hinaus, denen ein empathischer Zugang zu den lebensgeschichtlich eingeschriebenen affektiven Nöten der Klientel verborgen bleibt.
Professor Dr. Manfred Gerspach ist Seniorprofessor am Institut für Sonderpädagogik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

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Kurze Zeit später erzählt Thomas, einer der Jungen aus der Klasse, dass sein Freund und er Vogelnester ausgenommen hätten. Mit halb entsetztem, halb lustvollen Gesichtsausdruck berichtet er, der Freund habe die Küken mit dem Fuß gekickt, bis sie tot gewesen seien. Auch die andern lauschten fasziniert dem Bericht. Vor kurzem hatten sie dasselbe angerichtet, aber was ein anderer tut, ist mit weniger archaischen Schuldgefühlen belastet. In den nächsten Tagen brachte die Lehrerin Bilder, Filme und Bücher über Vögel mit, holte Vogelnester und ausgestopfte Vögel aus der Lehrmittelsammlung und stelle Material zum eigenständigen Bearbeiten zur Verfügung. Mit den entsprechenden Verhaltensmaßregeln versehen beobachtete sie zusammen mit der Klasse Amseln, Spatzen und Krähen auf dem Schulhof. Die Kinder begannen von Nestern zu berichten, die sie nachmittags entdeckt hatten und verfolgten interessiert das Brüten, Füttern und schließlich das Flüggewerden der Jungen. In der Schule bastelten sie Papiervögel, die ihren Schnabel auf- und zusperren konnten, wenn man an einem verborgenen Faden zog. Clos fütterte sie immer wieder mit Schokoladentalern, worüber die Kinder begeistert waren.

»In unserem Spiel mit den Papiervögelchen konnten sie sich wechselweise mit den Jungen und mit den Vogeleltern identifizieren. Sie waren nun in der Lage, das im Spiel auszudrücken, was sie offenbar sehr beschäftigte – das Füttern, das Bemuttern, das Schützern, das Bedrohtsein, das Kleinsein und Großwerden« (vgl. Clos 1991, S, 70).

Viel Zeit verbrachten die Kinder damit, mit ihren Vögelchen zu spielen und sie sich gegenseitig hacken und beißen zu lassen. Und obwohl die Papierfiguren ziemlich instabil waren, hielten sie eine ganze Weile. Auf einer unbewussten Ebene, so Clos, spiegelten die zu fütternden Jungen ihren eigenen Entwicklungsstand. Dabei war bedeutsam, dass die Kinder ihre Gier, ihren Neid und ihre Versorgungswünsche nicht in ständigen Prügeleien, sondern zum ersten Mal im Spiel ausdrückten, und ihre Aggressionen waren deutlicher geringer geworden.

»Sie selbst waren auf der sinnbildlichen Ebene noch sehr verletzliche, gerade aus dem Ei geschlüpfte Wesen. Vielleicht waren sie auch von ihren Eltern so brutal aus dem Nest geworfen worden und getreten worden, wie es Thomas’ Freund mit den kleinen Vögelchen getan hatte« (vgl. ebd., S. 70).

Hinter ihrer Brutalität und Gefühllosigkeit im Umgang mit Mitschüler/innen, Lehrer/innen und Tieren hatten sie ihre Verletzlichkeit und ihre Wut über die ständigen Enttäuschungen ihrer geheimen Sehnsüchte zu verstecken gesucht. Über das Verstehen ihrer Befindlichkeit fand die Lehrerin einen Weg zu ihnen – und dies handelnd und nicht deutend. Sie bastelte ihnen kleine Vögel, die sie (stellvertretend) fütterte. Moralisches Zureden hatte nichts gebracht, die Enten konnten so nicht geschützt werden.

Erst als der eigentliche Grund der Aggressionen der Kinder durch ein spielerisches Angebot zum Gegenstand des Unterrichts gemacht wurde, kam bei ihnen eine reifere Entwicklung in Gang. Voraussetzung dafür war, dass die Verschiebung ihres psychischen Dilemmas auf ein harmloseres Terrain das Maß an Bedrohlichkeit entscheidend verringerte. Bis dahin waren ihre Wünsche nach »bedingungsloser Liebe, Versorgung, Schutz und Sicherheit« hinter einer »Fassade der antisozialen Abwehr« verschüttet gewesen. Nun entstand auf einer sinnlich-symbolischen Ebene ein Dialog, der ihre Wünsche und das Verständnis der Lehrerin darstellbar machte. Selbstverständlich ließen sich ihr narzisstischer Hunger und die dazu gehörigen Omnipotenzphantasien, alles zu vermögen, nicht real befriedigen, aber er konnte – über die Vögel-Metapher – zum Thema gemacht werden, so dass sie sich damit versöhnen konnten, »dass die Allmacht eben eine Illusion ist« (vgl. ebd., S. 71).

Clos stellte fast alle anderen Unterrichtsvorhaben zurück und konzentrierte sich auf das begonnene Thema. So behandelte sie das Leben der Mäuse, die Art ihres Nestbaus, die Aufzucht ihrer Jungen und ihre Vorratshaltung. Die Kinder entwickelten eine ungeahnte Ausdauer und ein Interesse, das sie zuvor nicht hatte beobachten können. Um den Kindern ein »greifbares Symbol« zu geben, nähte sie mit den Kindern aus Filz kleine graue Mäuse, die mit Reis gefüllt wurden. Auch hier blitzten ein bis dato unbekannter Eifer und eine Ausdauer auf. Ein Körbchen wurde bereitgestellt, das zum Mäusenest wurde, und auch zwei Elternmäuse wurden gebastelt. Jeden Morgen stürzten sich die Kinder auf das Nest, um möglichst viele der kleinen Mäuse zu ergattern und stritten sich darum. Zwar herrschte also kein Frieden in der Klasse und die Kinder drückten ihre gegenseitige Rivalität im Kampf um die Mäuse aus. »Aber insgesamt wurde es friedlicher, weniger anstrengend und konstruktiver.« Am Ende des Schultages wurde genau gezählt, das kein Mäuschen fehlte, sie wanderten zurück ins Körbchen, und die Elternmäuse wurden darüber gesetzt, damit sie nicht frieren mussten. »Ganz fürsorglich kümmerten sich die Kinder um diese Mäusefamilie.« Clos unterstreicht noch einmal, dass es nicht das Angebot des »richtigen« Spielzeugs an sich war, das die Wünsche der Kinder kommunizierbar machte, »sondern sie konnten dies nur nützen, weil und wenn sie sich verstanden und aufgehoben fühlten (…) Aber nun hatte in dieser Gruppe eine gemeinsame Zeit begonnen« (vgl. ebd., S. 73 ff.).

Was in diesem Beispiel als methodische Herangehensweise sichtbar wird, lässt sich mit dem bereits mehrfach angeführten Terminus des »szenischen Verstehens« umschreiben.

Lorenzer nahm Freuds Fallgeschichte vom kleinen Hans als Vorlage für sein Konzept vom szenischen Verstehen (vgl. Freud, S. 1909b). Ein befreundeter Kollege berichtete ihm von der Angst seines Sohnes, ein Pferd werde ihn beißen. Hans war einst Augenzeuge, wie ein Pferd stürzte, und er glaubte, es sei tot. Freud erkannte in dieser Phantasie sowohl eine Verdichtung wie auch eine Verschiebung und ging davon aus, dass Hans seinen ödipalen Wunsch, den Vater zu töten, mit diesem Erlebnis assoziativ in Verbindung brachte. Gleichzeitig fürchtete sich der Junge davor, vom Vater für diesen Wunsch kastriert zu werden, und so setzte er unbewusst Pferd und Vater in eins und entwickelte daraus eine Pferdephobie. »(…) beide Objekte, das beißende wie das fallende Pferd, sind der Vater, der ihn strafen wird, weil er so böse Wünsche gegen ihn hegt« (vgl. Lorenzer 1973, S. 127 ff.). Die ursprüngliche Bedeutung der Wörter ging verloren und wurde durch ein »Klischee« ersetzt (vgl. ebd., S. 113), und nach Lorenzer steht diese Desymbolisierung für eine Auftrennung von Sprache und Praxis. Sprache ist damit zur Privatsprache geworden, und die Gleichung lautet nun: Pferd = Vater. Die Angst vor dem strafenden Vater ist zur Angst vor dem Pferd geworden.

Aufgabe des Psychoanalytikers ist es, dazu beizutragen, dass diese Sprachverfälschung wieder aufgehoben werden kann. Indem über die Deutungsarbeit Wut und Angst dem Vater gegenüber bewusst erlebbar werden dürfen, können die alten Wortbedeutungen wieder in ihre Rechte eingesetzt werden. Fortan bedeuten also erneut Pferd = Pferd und Vater = Vater (vgl. ebd., S. 127 ff.).

Damit aber zurück zum Entenbeispiel. Clos verstand den Zusammenhang zwischen dem affektiven, lebensgeschichtlich gezeichneten Hintergrund der Kinder und ihren manifest gezeigten Aggressionen gegen die Enten. Hier kam es unbewusst wie auf einer Bühne zur Reinszenierung eines ungelösten Problems. Zudem wurde ihr ihre eigene Verstrickung deutlich, die sich in der Entrüstung über das unethische Gebaren als Widerstand gegen das Zulassen der Identifikation mit den verschlingenden narzisstischen Bedürfnissen der Kinder äußerte. Auf diese Weise ließ sich ein Weg zur symbolischen, spielerisch gestalteten Bearbeitung der Problematik finden.

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