Geri Thomann, Monique Honegger (Hrsg.)
Mit allem rechnen
Improvisieren in der Bildungsarbeit
ISBN Print: 978-3-0355-1698-2
ISBN E-Book: 978-3-0355-1699-9
1. Auflage 2021
Alle Rechte vorbehalten
© 2021 hep Verlag AG, Bern
hep-verlag.com
Vorwort zur Reihe Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung
Geri Thomann und Monique Honegger
Einleitung – Funktionen von Improvisieren in Bildung
Theo Wehner und Geri Thomann
Über den Geltungsbereich improvisierenden Handelns
Geri Thomann
Improvisieren, Planen und Scheitern in der Pädagogik – Denken und Handeln in Optionen
Monique Honegger
Lücken und Vielfalten: Querdenken als improvisierendes Lernen
Ursula Bertram
Nonlineares Denken und Handeln entwickeln – Improvisationskraft, Erfindungsgabe und Probierbewegungen
Wanja Kröger
Improvisation? – Ein Bildungsframework verschieben und erweitern
Natascha Kuhn
Improvisation Raum geben – Erfahrungsbericht aus studentischer Perspektive
Mathis Kramer-Länger
Improvisationskompetenz im Theater – oder eben nicht
Christopher Dell
Improvisation. Von den emanzipierten Lernenden
Bernhard Suter
Improvisationskompetenz erfassen – componere und improvvisare im didaktischen Handlungsfeld
Lucie Tuma
Während ich tanze
Rolf Kuhn
JAZZAGOGIK – Improvisation, Resonanz und Bildung
Sandra Wilhelm
Im Clinch mit der Improvisation – Rollenfindung zwischen Loslassen und Kontrolle
Autorinnen und Autoren
Register
Vorwort zur Reihe Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung
Lehren, prüfen, beraten, forschen, organisieren: Diese Themen sind Bestandteil des Aufgabenfelds von Dozierenden an Hochschulen oder Lehrenden in der Erwachsenenbildung. Sie sind die Akteurinnen und Akteure im Wissens- und Technologietransfer durch Weiterbildung und Dienstleistungen, betreiben Projektmanagement und engagieren sich in der Qualitätsentwicklung der eigenen Bildungsorganisation.
Lehre und Unterricht sind dabei herausgefordert. So gestalten Dozierende etwa gemeinsam Curricula oder einzelne Module, planen Leistungsnachweise, integrieren Phasen von selbstorganisiertem Lernen oder implementieren Konzepte von Blended Learning in ihre Lehrveranstaltungen.
Die Abteilung für Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich (PH Zürich) unterstützt seit 2009 Hochschulen, Berufsfachschulen sowie Organisationen der Erwachsenenbildung und ihr Lehrpersonal durch Weiterbildung und Beratung.
Themenschwerpunkte sind dabei Studierenden-/Lernendenorientierung, Rollenvielfalt bei Lehrenden, kompetenzorientierte Lehre, erwachsenenbildnerisches Handeln, Mentoring, Tutoring, Beratung, Schreib-, Denk- und Lernförderung in Lehre an Hochschulen und Bildungsorganisationen der Erwachsenenbildung, Hochschulentwicklung, Evaluation sowie Digitalisierung und ihre Folgen für die Weiterbildung.
Der vorliegende Band bezieht sich auf die Aktivitäten der Abteilung «Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung» im Jubiläumsjahr 2019 (10 Jahre ZHE).
Das ZHE wurde 2009 mit einem kleinen Team gegründet. Es ist das heutige Zentrum für Hochschuldidaktik und -entwicklung. Im Lauf der Jahre stiessen das «Schreibzentrum», das «Zentrum Berufs- und Erwachsenenbildung», das «Zentrum für Evaluation» und die «Professur Höhere Berufsbildung und Weiterbildung» dazu. Seit 2018 sind wir die Abteilung «Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung».
«Improvisation – zwischen Chaos und Determinierung»: Unter diesem Motto stand unser Jubiläumsjahr.
Herausgebende des vorliegenden Bands sind Geri Thomann und Monique Honegger.
Die Reihe Forum Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung regt Diskussionen über und Auseinandersetzungen mit aktuellen und praxisrelevanten hochschuldidaktischen und erwachsenenpädagogischen Fragen an. Sie stellt Dozierenden an Fachhochschulen, in der Höheren Berufsbildung sowie Verantwortlichen von Aus- und Weiterbildungen in Institutionen der Erwachsenenbildung Reflexions- und Handlungsinstrumente zur Verfügung. Üblicherweise erscheint ein Band jährlich.
Geplant ist folgender Band:
Band 11 (2021)
Umgang mit Unerwartetem: Führen in Expertenorganisationen – Bildung und Gesundheit im Vergleich (Hrsg. Geri Thomann, Niels Anderegg, Sylvia Kaap-Fröhlich und Hans-Peter Karrer)
Bereits publizierte Bände:
phzh.ch/w-he-publikationen
Bitte kontaktieren Sie uns für Rückmeldungen oder Ideen. Wir wünschen Ihnen viele Anregungen.
Das Editorialboard der Reihe:
Geri Thomann, Monique Honegger, Daniel Ammann, Dagmar Bach, Erik Haberzeth und Tobias Zimmermann
Abteilung Hochschuldidaktik und Erwachsenenbildung PH Zürich
geri.thomann@phzh.ch
phzh.ch/w-he
Improvisation? Braucht es für Orientierungslosigkeit neuerdings eine andere Bezeichnung?
Geri Thomann und Monique Honegger
Einleitung – Funktionen von Improvisieren in Bildung
Vorliegender Band fokussiert ein Thema, das bislang kaum im Brennpunkt hochschuldidaktischer und erwachsenenbildnerischer Aktualität war: Improvisation. Improvisation führt als Begriff ein Doppelleben: Während sie in Kunst (Musik, Tanz, Performance) oft positiv gewertet wird, gilt sie in anderen Tätigkeitsfeldern (etwa in der Bildung) häufig als Indikator des Mangels; wenn vermeintliche Fehlplanung kompensiert wird, wird dies im Bildungsbereich in der Alltagssprache gern «Improvisieren» genannt.
In der einschlägigen deutschsprachigen pädagogischen Literatur findet sich der Begriff «Improvisation» interessanterweise kaum – mit wenigen Ausnahmen (Danner, 2001), obwohl sich gesellschaftssoziologische und organisationstheoretische Konzepte seit den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts mit Begriffen wie «Risiko», «Unvorhersehbarkeit», «Ungewissheit» oder «Multioptionalität» beschäftigen.
Beck (2003) beschrieb mit gesellschaftlicher Perspektive das «untragbare Joch der praktischen Irrtumslosigkeit», vom Menschen, welcher zur «Fehlerfreiheit verdammt » ist, was bei der wachsenden Risikopotenzierung eine Vernebelung von Tatsachen sei. Er plädierte dafür, Entwicklungen, die Irreversibilität schaffen, zu vermeiden und stattdessen Raum für Irrtümer und Korrekturen zu lassen. Durch die Revidierbarkeit von Entscheidungen bleibe die Zurücknahme später erkannter Nebenwirkungen möglich; die Fehler- und Irrtumsbehaftetheit menschlichen Denkens und Handelns sei die «bestbestätigte und sympathischste Theorie» (Beck, 2003, S. 293 f.). Damit plädierte er mit unseren Worten dafür, die Zielfixierung improvisierend zu flexibilisieren, aber auch dafür, Handeln nicht einfach aufgrund der Risikolage zu unterlassen.
Gesellschaftliche Konzepte beschwören das «Ende der Eindeutigkeit» (Bauman, 1995) im Zusammenhang mit einer Abkehr von einer passiv-teleologisch-ergebenen Haltung des Menschen zu einem postmodernen Risikoverhalten; die Forderung, universale (religiöse) Prinzipien radikal zu verwirklichen, scheint in der postmodernen Vielfalt nicht mehr haltbar zu sein. Das Zauberwort unserer Existenz hat sich schon seit Längerem von «Schicksal » zu «Problem » gewandelt. Diese soziologische Perspektive aus den 80er- und frühen 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts führt bis in die Gegenwart zu dezidierten Aussagen über gesellschaftliche oder organisationale Phänomenen wie «Risiko» (Dufourmantelle , 2018) oder «Scheitern» (Kunert, 2016).
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