1.4.9 Eigner
Beim Eigner handelt es sich um den Besitzer bzw. Eigentümer von Anteilen (Teil oder gesamthaft) eines Unternehmens oder einer Organisation, welche Aufgaben erfüllt.
1.4.10 Eignerstrategie
In einer Eignerstrategie werden zwei Dinge festgelegt: Erstens ist eine Absicht zu definieren, welche der Eigner mit der Beteiligung an einer Unternehmung verfolgt. Zweitens sind Rahmenbedingungen zu schaffen bezüglich der Ziele und der Art ihrer Erreichung. Beides sind zentrale Aufgaben der politischen Exekutive, die diese als Gesamtgremium wahrnehmen muss. 1
Synonym kann auch der Begriff Trägerstrategie verwendet werden, insbesondere wenn es sich um die Organisationsform der Stiftung handelt.
1.4.11 Eignerziele
Im Rahmen der Eignerstrategie ist die Absicht festgelegt worden, die der Eigner mit einer Beteiligung am Unternehmen verfolgt. Auf dieser Grundlage werden langfristige Ziele aus Sicht des Eigners definiert (Eignerziele), welche dem öffentlichen Unternehmen als Leitplanken dienen, innerhalb deren die unternehmerische Entwicklung möglich ist. Der Bundesrat nennt sie – etwas verwirrend – strategische Ziele (vgl. Leitsatz 17; Schweiz. Bundesrat 2006). In diesem Werk werden sie als Eignerziele bezeichnet, um klarzustellen, dass es die Ziele des Eigners sind.
Sie dienen der Unternehmensführung als Grundlage zur Formulierung einer Unternehmensstrategie.
1.4.12 Entpolitisierung
Unter Entpolitisierung wird in diesem Werk die Erreichung von Entscheidungen und Handlungen ohne Dominanz der politischen Rationalität verstanden. Organisatorisch kann dies eine Verringerung der Anzahl gewählter Politiker in Gremien bedeuten. Nicht gemeint ist damit, dass die Steuerung und Kontrolle ohne Politik zu erfolgen hat.
1.4.13 Gewährleistung
Im Rahmen der Gewährleistung stellt die öffentliche Hand sicher, dass bestimmte Produkte und Dienstleistungen erbracht werden. Als Gewährleister hat das Gemeinwesen die nicht delegierbare Verantwortung, dass eine bestimmte Aufgabe in einer definierten Qualität erfüllt wird.
1.4.14 Hoheitliche Aufgaben
Hoheitliche Aufgaben sind dadurch gekennzeichnet, dass sie durch staatliche Stellen auf der Grundlage einer klaren rechtlichen Legitimation einseitig erbracht werden und in die Freiheit Einzelner eingreifen können.
1.4.15 Konzessionsvertrag
Der Konzessionsvertrag ist in der Praxis meist als Begriff gleichbedeutend mit Leistungsauftrag oder Leistungsvereinbarung. Zu beachten ist, dass in diesem Zusammenhang ein konzessioniertes Unternehmen über ein wohlerworbenes Recht verfügt, das nur unter besonderen Voraussetzungen entzogen werden kann.
1.4.16 Leistungsauftrag und Leistungsvereinbarung
Unter einem Leistungsvertrag oder einer Leistungsvereinbarung wird eine Abmachung zwischen öffentlicher Hand und dem Unternehmen verstanden, in dem die gegenseitigen Leistungen definiert und die zu erbringenden Entschädigungen festgehalten werden.
In der Literatur und im Alltag sind beide Begriffe gleichzeitig im Einsatz, und meist werden sie synonym verwendet. Zu beachten ist, dass auf der Stufe Bund der Begriff Leistungsauftrag verwendet wird, welcher von der Exekutive (Bundesrat) mit der jeweiligen Einheit (Unternehmen, Amt) abgeschlossen wird und oft im Sinne eines Rahmenvertrags eine Laufzeit von vier Jahren aufweist.
Im sozialen Bereich sind Leistungsvereinbarungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ungeachtet der organisatorischen Aufstellung seit vielen Jahren eingeführt und geläufig.
Im vorliegenden Buch werden die beiden Begriffe gleichwertig verwendet.
Der Leistungsvertrag kann auch Konzessionsvertrag heissen.
1.4.17 Öffentliches Unternehmen
Jedes Unternehmen, auf das die öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, gilt als öffentliches Unternehmen (OECD 2015, 15). Öffentliche Unternehmen erfüllen öffentliche Aufgaben oder Aufgaben, welche im öffentlichen Interesse stehen.
Anstelle von öffentlichen Unternehmen könnte auch der Begriff staatliche Unternehmen verwendet werden.
1.4.18 Operative Führungsebene
Die Operative Führungsebene (z.B. Geschäftsleitung, Executive Board usw.) ist für die operative Führung der Unternehmung verantwortlich und setzt die Unternehmensstrategie um.
1.4.19 Public Corporate Governance
Public Corporate Governance ist ein Teilbereich der Public Governance, der deren Spielregeln untergeordnet ist. Public Corporate Governance ist für all jene Fälle der Public Governance relevant, in denen sich der Staat für eine Leistungserfüllung durch verselbständigte Organisationen im Eigentum des Staates (öffentliche Unternehmen) entscheidet (Schedler, Gulde et al. 2007, 12 ff.).
1.4.20 Public Governance
Unter Public Governance wird die formale Gestaltung der Steuerung im öffentlichen Raum verstanden. Dazu kann der Staat Steuerungseingriffe vornehmen oder alternative Formen suchen bzw. anwenden (Schedler und Proeller 2009, 36).
1.4.21 Staatliches Unternehmen
Der Begriff staatliches Unternehmen macht Sinn für die Stufen Bund und Kantone, nicht jedoch für kommunale Unternehmen. Aus diesem Grund wird in diesem Handbuch, auch in Anlehnung an die OECD-Richtlinien, generell von öffentlichen Unternehmen gesprochen.
1.4.22 Strategische Führungsebene
Die Strategische Führungsebene (z.B. Verwaltungsrat oder Aufsichtsrat) zeichnet verantwortlich für die Festlegung der Unternehmensstrategie und die langfristige Entwicklung des Unternehmens. Synonym wird andernorts auch vom «Board» gesprochen (Schedler, Gulde et al. 2007).
1.4.23 Trägerstrategie
Analog zur Eignerstrategie (siehe 1.4.10) werden in einer Trägerstrategie z.B. für Stiftungen zwei Aspekte definiert: Erstens eine Absicht, welche die Stifter mit der Beteiligung an einer Unternehmung verfolgen. Zweitens sind Rahmenbedingungen zu schaffen bezüglich der Ziele und der Art ihrer Erreichung.
In der Folge werden die genannten Begriffe in der dargelegten Definition verwendet. Die Autoren sind sich bewusst, dass bei einigen Begriffen die Diskussion um den jeweiligen Inhalt noch nicht abgeschlossen ist.
1.4.24 Unternehmensstrategie
Die Unternehmensstrategie basiert auf den Leitplanken von Gesetz, Eignerstrategie und Leistungsvereinbarung und fokussiert auf das Unternehmen selbst. In der Unternehmensstrategie legt die Strategische Führungsebene
fest, welche Unternehmensziele zu erreichen sind und wie letztlich der Kundennutzen zustande kommt, wofür das Unternehmen eigentlich da ist.
Es sind einige Themen rund um die Public Corporate Governance von Bedeutung, auf die das vorliegende Werk nicht oder nur am Rande eintritt. Die folgende Aufzählung nennt diese und liefert eine kurze Begründung zur Abgrenzung.
1.5 Abgrenzung
Es sind einige Themen rund um die Public Corporate Governance von Bedeutung, auf die das vorliegende Werk nicht oder nur am Rande eintritt. Die folgende Aufzählung nennt diese und liefert eine kurze Begründung zur Abgrenzung.
1.5.1 Thematische Abgrenzungen
Öffentliche Aufgaben oder Aufgaben, welche in einem öffentlichen Interesse sind, können in verschieden organisierten Einheiten erfüllt werden. In diesem Buch wird im Prinzip eine Eingrenzung auf die Themen verselbständigte Unternehmen mit oder ohne Rechtsperson vorgenommen.
1.5.2 Führung einer Körperschaft
Die Ausführungen in diesem Buch erörtern Führungsfragen in der Gemeinde, im Kanton oder im Bund nur insofern, als sie für die Schnittstelle zur öffentlichen Unternehmung und für die Steuerung, Kontrolle und Aufsicht relevant sind.
1.5.3 Start-up-Phase
Die Start-up-Phase, also die Gründungsphase eines ausgelagerten Betriebs oder einer ausgelagerten Aufgabe stellt eine besondere Situation dar, auf welche die Empfehlungen dieses Buchs nicht eingehen. Konkrete Praxiserfahrungen z.B. bei der Fusion von Stromversorgungsunternehmen zeigen, dass es in der Gründungsphase Sinn machen kann, besondere Regelungen für die Public Corporate Governance vorzusehen.
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